Compaq CEO Michael Capellas legt die Axt an. Von den angekündigten 8000 Entlassungen trifft es vorerst etwas über 100 Entwickler in Bellevue, Washington, die an der Portierung von Windows NT und Windows 2000 auf den Alpha Chip arbeiteten. Noch wurden sie nicht vor die Türe gesetzt. Die Entlassungen erfolgen nach und nach. NT 4.0 wird noch bis zum Erscheinen des Service-Packs 6 unterstützt. Windows 2000 jedoch wird es in der 32-Bit-Variante nicht auf Alpha-Rechner geben, allenfalls wird eine irgendwann später erscheinende 64-Bit-Version auf den Risk-Chip portiert.
Die Bellevue-Aktion zeigt, wie ernst es Compaq damit ist, unprofitable Einheiten loszuwerden, so schmerzhaft das auch sein mag. Ob sich Compaq damit einen Gefallen tut, bleibe dahingestellt. Die Alpha-Entlassungen treffen jedenfalls die Beziehungen zu Microsoft mitten ins Herz.
Dabei waren diese Beziehungen nie enger als gerade jetzt. Microsoft entwickelte die neue 64-Bit-Version von Windows NT auf dem Alphaprozessor. Die Online-Operationen von Microsoft laufen grösstenteils auf Compaq ProLiant_Servern. Noch vor wenigen Tagen erschien die Vizepräsidentin der Business and Enterprise Division bei
Microsoft, Deborah Willingham, in New York zur Ankündigung neuer Compaq-Server und betonte dabei die Wichtigkeit des Alpha-Prozessors für 64-Bit-Windows.
Microsoft wird sich nach dem Entscheid von Compaq wohl von der Vorstellung lösen müssen, NT sei ein Betriebssystem für alle Plattformen. Bereits früher war die Portierung auf Mips-Rechner eingestellt worden.
IBM zog seine Unterstützung für den PowerPC zurück und die Pläne für Windows NT auf Sun-Rechnern wurden nach einer Testphase aufgegeben.
Die Arbeit am Alpha-Prozessor wird Compaq aller Voraussicht nach nicht abbrechen. In wenigen Monaten wird ein 883 MHz-Prozessor erwartet und nächstes Jahr soll ein 1-GHZ-Prozessor vorgestellt werden. Doch Compaq nahestehe Quellen meinen, im Alphabereich werde die Firma wohl auf Linux setzen.
Reorganisation geht weiter
Die Entlassungen in Bellevue dürften erst der Anfang gewesen sein. Analysten vermuten, dass die nächsten Entscheidungen noch weit kontroverser ausfallen werden. Während die Linienmanager über Leute befinden, hat der neue CEO Michael Capellas die grossen Linien und die dafür notwendigen Schnitte im Auge. Sein Vorsitzender Ben Rosen sagte kürzlich: «Michael hat eine grosse Aufgabe: Er muss das Unternehmen reorganisieren. Da kommen ein paar harte Entscheidungen auf ihn zu.»
«Der neue Massstab bei Compaq heisst Profit», äusserte sich der Chef der Enterprise Solution and Service Gruppe, Enrico Pesatori, «Jede einzelne Einheit wird ihre Existenz mit Gewinn und Wachstum rechfertigen müssen.» (fis)