Das Schaffhauser ICT-Marktforschungs- und Beratungsunternehmen MSM Research hat seine aktuellen Einschätzungen zum Schweizer ICT-Markt nach mittlerweile rund sechs Monaten Coronapandemie publiziert und spricht dabei von einer "volatilen Lage", die eine genaue Prognose enorm schwierig macht. Deshalb geht MSM Research aktuell von drei möglichen Szenarien aus, welche unterschiedliche Prognosen nach sich ziehen.
Im positiven Szenario mit offenen Grenzen, einer raschen Erholung ab Juli, ohne zweite Welle und steigendem Konsum glauben die Auguren, dass der Schweizer ICT-Markt heuer um weniger als 4 Prozent schrumpft. Im negativen Szenario mit einer zweiten Welle, einem erneuten Lockdown, rasch steigenden Arbeitslosen- und Konkurszahlen und einer rapide sinkenden Konsumstimmung könnte das Minus derweil mehr als 9 Prozent betragen. Dazwischen steht das von Philipp Ziegler, CEO von
MSM Research, als "wahrscheinlichste Entwicklung" bezeichnete Basis-Szenario. Hier gehen Ziegler und Co. davon aus, dass sich die Situation ab Juli langsam erholt, die Grenzen offen bleiben, keine zweite Welle eintrifft, die Einschränkungen noch bis im dritten Quartal 2020 bleiben, im kommenden Jahr ein Impfstoff erhältlich ist und die globale Konjunktur positiv bleibt. In dem Fall muss mit einem Einbruch des ICT-Marktes um 5,1 Prozent gerechnet werden, während für 2021 wieder mit einem Plus von gut 4 Prozent gerechnet werden darf.
Security- und Cloud-Projekte dominieren
MSM Research hat in Schweizer Unternehmen auch nachgefragt, welche Projektthemen aktuell am meisten Bedarf in der ICT generieren. Betrachtet man dabei die Projekte aus den Fachabteilungen, werden am häufigsten "mobile Lösungen, der mobile Arbeitsplatz und UCC-Lösungen" genannt. Dahinter folgen Digitalisierungs- respektive IoT- und Industrie-4.0-Projekte, vor Datenschutz- und ERP-Projekten. Aus den IT-Abteilung die klar am häufigsten genannten Projekte betreffen derweil die IT-Security (76%), vor Projekten, die sich mit der Verlagerung des ICT-Betriebs (Sourcing, Cloud) befassen (64%).
Mit diesen beiden Themen – die Philipp Ziegler als "Gewinner der Coronakrise bezeichnet, sofern es in der Situation überhaupt Gewinner gibt" – haben sich die Marktforscher auch bezüglich Ausgaben befasst. 51 Prozent der befragten Unternehmen würden demnach zu Protokoll geben, dass die Ausgaben für ICT-Security vor dem Hintergrund der Coronakrise steigen, während 40 Prozent von unveränderten Ausgaben im Vergleich mit der Pre-Coronazeit ausgehen. Nur in 9 Prozent der Unternehmen werden die Security-Ausgaben angesichts Corona gekürzt. Ähnlich die Situation bezüglich Ausgaben für Cloud Computing, wo 58 Prozent angesichts Corona mehr ausgeben und nur 2 Prozent erklären, die Ausgaben würden gekürzt.
Und so erstaunt es auch nicht, dass
MSM Research davon ausgeht, dass das ICT-Security-Geschäft, das 2019 einen Umsatz von 2,44 Milliarden Schweizer Franken generiert hat, trotz einem rückläufigen ICT-Gesamtmarkt in diesem Jahr um 3,7 Prozent zulegen wird. Sogar noch stärker im Plus sehen die Auguren den Bereich Managed Security Services, der um 10,1 Prozent wachsen soll.
Lesen Sie auf der nächsten Seite: Welche Security-Bedrohungen Unternehmen fürchten und weshalb die Bedeutung von Managed Security Services steigt.
Mitarbeiter-Awareness im Fokus
Auf der Suche nach den Gründen, warum mehr für Security ausgegeben wird, hat
MSM Research abgefragt, von welchen Bereichen aktuell sowie in den nächsten 24 Monaten in den Augen der Unternehmen die grösste Bedrohung ausgeht. Aktuell sehen die Befragten die grösste Gefahr in der mangelnden Awareness der Mitarbeitenden (68%), gefolgt von böswilligen Attacken durch Hacker (43%), in mobilen Devices und Apps (Stichwort BYOD, 34%) sowie in nicht gepatchten Systemen (28%). Künftig aber wird die grösste Gefahr in böswilligen Attacken durch Hacker gesehen (58%), gefolgt von der Verlagerung von ICT-Ressourcen in die externe Cloud sowie den Themen Digitalisierung und IoT und dem Abfluss sensitiver Daten im Kontext des Datenschutzes (je 36%).
Auf die Frage nach den Hürden zur Umsetzung und Einhaltung der ICT-Sicherheit nannten die befragten Unternehmen das mangelnde Bewusstsein respektive die fehlende Awareness der Mitarbeiter (76%), die zu geringe Priorität durch das Business (44%) und die mangelnde Unterstützung durch das Management (42%). Und gefragt danach, an welchen ICT-Security-Bereichen in den kommenden 24 Monaten mit Priorität gearbeitet wird, nennen 60 Prozent der Befragten die Schulung der Mitarbeiter, 56 Prozent den Bereich Identity und Access Management und 49 Prozent die Netzwerksicherheit.
Managed Services sind auch im Security-Markt angekommen
Schliesslich hat
MSM Research das Thema Managed Security Services (MSS) noch vertieft untersucht, das wie erwähnt um über 10 Prozent zulegen soll. Als Treiber für die Inanspruchnahme von MSS wird von 51 Prozent der befragten Unternehmen die fehlende oder nicht adäquate Security-Kompetenz genannt. Jeweils 38 Prozent geben an, intern über nicht genügend Security-Fachkräfte zu verfügen beziehungsweise mit der weiter zunehmenden Komplexität der Angriffe überfordert zu sein. Gleichzeitig hat sich bei der Befragung durch MSM Research auch gezeigt, dass externe ICT-Security-Services bereits vom Gros der Unternehmen (82%) in Anspruch genommen werden respektive deren Einsatz geplant ist.
Und so erklärt MSM Research zum Thema Managed Security Services und externe Security-Dienstleister: "Die steigende Nutzung von Services externer Dienstleister hat einen entscheidenden Einfluss auf die Ausgaben der Unternehmen und das Wachstum des Security-Marktes. Dieses wird primär nicht mehr durch Ausgaben und Investitionen in Lösungen, Appliances und Infrastrukturen für den reinen Eigenbetrieb (On Premise) generiert. Die Zunahme an Geldern, welche nach aussen hin zu Dienstleistern und Managed Security Service Provider (MSSP) fliessen, liegt deutlich höher als die Aufwendungen für den Eigenbetrieb. Der Big Shift (von intern zu extern) ist auch im Security-Markt angekommen."
(mw)