In den letzten Jahren gehörte es unter IT-Kommentatoren zum guten Ton, Mainframes als «Millionen-Dollar-Dinosaurier» zu bezeichnen, die wohl bald aussterben würden. In ironischer Anlehnung an diese – nach IBM-Überzeugung falschen – Prophezeiungen läuft der neueste eServer unter dem Namen des gefrässigsten aller fleischfressenden Saurier, dem Tyrannosaurus Rex. Für prosaischere Gemüter: eServer z990.
Der neue Server protzt beim Start im Juni mit 32 CPUs (der Vorgänger z900 hat deren 16). Ab 2004 wird er dann mit bis zu 64 CPUs lieferbar sein. Auch die Zahl der Partitionen erhöht sich: Gestartet wird mit 15, ab Oktober werden es 30 sein und Mitte nächsten Jahres 60.
Mainframe-typisch sind mehrere, unabhängige Betriebssystem-Installationen möglich, neben z/OS auch Unix und Linux. Unter Linux soll der z990 dem Vernehmen nach über 50 Prozent mehr Leistung als die aktuelle Mainframe-Generation bringen. Auf dem z990 laufen Linux-Versionen von Red Hat und Suse. Das soll nach den Intentionen von
IBM vermehrt moderne Software in die Mainframe-Welt bringen.
Zeitgemässer Saurier
Obwohl der z990 nach dem König der Kreidezeit benannt wurde, ist er durchaus zeitgemäss für J2EE 1.3 und 1.4 zertifiziert und unterstützt die Web-Service-Protokolle SOAP (Simple Object Access Protocol) und UDDI (Universal Description, Discovery and Integration).
Vor allem aber betont
IBM die «on Demand»-Idee hinter dem Konzept des z990. Neue Preis-Optionen und flexible Features sollen es den Unternehmen ermöglichen, die Leistung nach Bedarf anzupassen.
Mit «On/Off Capacity on Demand» kann bei Nachfragespitzen dynamisch mehr Prozessorkapazität hingefügt und später wieder abgezogen werden, ohne dass Prozessoren permanent aktiviert werden müssen oder ein Upgrade nötig wäre. Die Ressourcen werden in einem Pool zusammengefasst und virtuell und dynamisch zugeordnet. Das Prozessordesign ermöglicht laut IBM Leistungsverbesserung von bis zu 70 Prozent bei Java- und Java-XML-Workloads.
Dazu kommen neue Funktionen für die Unternehmensintegration und Web-Services mit IBM Websphere v5 für z/OS-Umgebungen sowie Datenserving mit DB2 v8 für SAP-, Siebel- und Peoplesoft-Anwendungen.
Freund und Feind
IBM hat nach eigenen Angaben in den z990 vier Jahre Forschung und mehr als eine Milliarde Dollar investiert. 1200 Entwickler sollen daran beteiligt gewesen sein. Die Analysten reagierten mehrheitlich positiv und prophezeiten einen Lichtblick im vor sich hindümpelnden Markt: Rund sieben Prozent mehr Umsatz sagen sie
IBM voraus.
Weniger freundlich reagierte die Konkurrenz. Don Whitehead von Sun meinte abschätzig: «Der Name sagt doch alles. Das Angebot lieg einfach quer zu den Industrie-Trends.» Und der
HP Marketing Vice President Mark Hudson erklärte, er kenne viele Mainframe-Kunden, die in letzter Zeit auf HP Superdome Server umgestiegen seien.
IBM dagegen weist selbstbewusst darauf hin, dass es nicht nur gelungen sei, alte Mainframe-Kunden zu halten, sondern auch neue zu gewinnen. Im letzten Jahr hätte die z-Linie, wie die Zahlen von IDC belegten, bei den Rechnern für mehr als 250’000 Dollar drei Punkte zugelegt und nehme nun 24,6 Prozent des Marktes ein. Laut dem Gartner-Analysten John Phelps konnte IBM rund hundert neue Unternehmen für eine Mainframe-Lösung gewinnen.
Diesen Markt beherrscht Big Blue praktisch allein. Von den Mitbewerbern ist nur die deutlich kleinere
Unisys übrig geblieben, die in den nächsten Wochen ebenfalls einen neuen Rechner vorstellen will. (fis)