Man merkt dem Microsoft-Topshot Orlando Ayala seine lateinamerikanische Herkunft an. Wenn er in Fahrt kommt – und das kommt er im Gespräch des öfteren – beginnt er schnell und schneller zu sprechen. Assoziationen mit einer berühmten Comic-Figur mit lateinamerikanischen Wurzeln kommen auf.
Ayala ist bei
Microsoft weltweit für Sales und Marketing im KMU- und Partnergeschäft zuständig. Und damit auch Herr über gewaltige Mittel. In einem Jahr will Redmond satte zwei Milliarden für Marketing, Verkauf und Forschung/Entwicklung alleine für das KMU-Segment aufwerfen.
Das reine Lösungsgeschäft (Navision, Axapta, Great Plains) ist im Vergleich dazu ein kleiner Fisch. Gemäss Ayala setzt Microsoft zurzeit mit Business-Software etwa 550 Millionen Dollar pro Jahr um – und verliert Geld damit. Profitabel soll Microsoft Business Solutions «innert 18 Monaten» werden, sagt Ayala.
Der Topmanager ist um markige Worte nicht verlegen, wenn es um das KMU-Geschäft geht: «The industry has a lousy track record in the SMB-space», sagt er ganz ohne Verlegenheit. Dank der Microsoft Forschung & Entwicklung soll dies nun alles anders werden und die KMU mit zwei bis 1000 Angestellten mit einer ganzen Reihe von neuen Produkten beglückt werden.
Tatsächlich werden in Redmonds Küche interessante Projekte ausgeheckt. So befindet man sich offensichtlich auch in der Schweiz in Verhandlungen mit Telcos (welche, wollte man uns nicht verraten), die für Kleinfirmen das Hosting der Exchange-Server übernehmen sollen.
E-Mail-Dienste würden dann ganz einfach über die monatliche Telefonrechnung abgerechnet. Und ein kommendes KMU-Server-Softwarepaket komme mit 600 Dollar für fünf User günstiger als jedes Linux-Angebot, meint Ayala und schiebt gleich nach: «Wir werden auch unsere Lizenzpolitik besser machen.»
Wer hat Angst vor Microsoft?
So richtig spannend wird das Gespräch mit Ayala, wenn es um das Thema Business Software geht.
Microsoft sei überzeugt, dass sich der Markt für horizontale Business-Lösungen konsolidieren werde, sagt er und führt das Beispiel von
Oracle, Peoplesoft und J.D. Edwards ins Feld.
«Tausende von ISVs (unabhängige Software-Hersteller) versuchen, die nächste ERP-Generation zu bauen. Doch niemand braucht eine nächste ERP-Generation! KMU wollen vertikalisierte, industriespezifische Lösungen, und da können unsere Partner sehr viel Geld verdienen», so Ayalas dezidiertes Plädoyer.
Auf unseren Einwand, dass sich KMU wohl scheuen werden, ihre ganze IT-Infrastruktur, vom Serverraum über Office bis hin zur zentralen Informatikanwendung einem einzigen, übermächtigen Hersteller aus den USA anzuvertrauen, antwortet der Mann aus Redmond: «Unsere Software muss eben gut sein und sie muss die Probleme der KMU besser lösen als andere Software. KMU haben auch nur einen Telefonie-Anbieter.»
Der Herr über Microsofts KMU-Geschäft missioniert zurzeit unter den europäischen Software-Herstellern für Microsoft Business Framework (MBF), der kommenden Entwicklungsplattform für Geschäftsanwendungen. Und er sieht einen Stimmungswandel. Ayala: «14 europäische ISVs haben sich für den frühen Umstieg auf MBF entschieden. Vor drei Monaten war wegen der Navision-Übernahme noch Krieg.» (hc)