Dr. Joseph Reger wäre ein guter Lehrer geworden. Er spricht anschaulich und konkret. Und er mag es, zu dozieren. Doch der gelernte Physiker ist nicht Lehrer, sondern als Chief Technology Officer (CTO) bei
Fujitsu Siemens verantwortlich für eine konzernweit kohärente Technologie-Strategie.
Wieso
Also, fragten wir Joseph Reger, hört man bezüglich der nächsten Welle in der Computerei, dem Kauf von Computer- und Speicherleistung nach dem individuellen Bedarf («on demand computing»), immer nur von den KonkurrentenIBM und HP, aber nie von Fujitsu Siemens?
Die Antwort kommt wie aus der Kanone geschossen: «‘On demand’ ist tatsächlich ein IBM-Ausdruck. Da mache ich mir gar keine Sorgen. Der Ausdruck ist gut, doch die Geschichte wird nicht von
IBM geschrieben.»
Und Reger schiebt eine interessante These nach: «Zwar wird es nicht direkt ausgesprochen, doch den Kunden wird suggeriert, sie könnten Geld sparen, wenn sie nur jene Rechenleistung bezahlen müssen, die sie auch wirklich brauchen. Die CIOs glauben, sie könnten 70 Prozent der Hardware-Kosten einsparen, da die Maschinen im Server/Storage-Bereich heute nur zu 30 Prozent ausgelastet sind.
Eine hundertprozentige Auslastung einer Installation ist heute aber technisch schlicht und einfach nicht möglich. So virtuos kann keiner mit den Ressourcen umgehen. Ausserdem braucht jede Installation Reserven, um Belastungsspitzen aufzufangen.
Irgend jemand muss diese Reserven bezahlen. Also werden heute Ansprüche geweckt, die nicht erfüllbar sind. Und wenn die Kunden die erwarteten Einsparungen nicht erreichen, gibt es Stress.»
Das hohe Lied der Virtualisierung
Trotz aller Skepsis gegenüber den Schlagworten der Konkurrenz weiss auch Reger, dass Computerressourcen in Zukunft günstiger und flexibler zur Verfügung gestellt werden müssen. Die interne IT einer Firma müsse gegenüber ihren «Kunden» ähnliche Fähigkeiten entwickeln wie ein Outsourcer.
Sie müsse
Also die Rechen- und Speicherressourcen nach Bedarf erbringen und verrechnen können. Und dafür wolle seine Firma die Technologien und Plattformen entwickeln.
Womit wir im Gespräch dann doch wieder bei Schlagworten landen: Automatisierung und Virtualisierung. Aber Reger ist Wissenschaftler, nicht Marketingmann. «Bis wir wirklich vollautomatische Systeme bauen können, wird es noch acht bis zehn Jahre dauern,» dämpft er seine Euphorie gleich selbst.
Und dann feuert er doch noch eine Reihe von Werbeslogans auf den eifrig notierenden Journalisten:
IBM rede zwar viel davon, habe aber kein Produkt, das «on demand-Computing» ermögliche.
Fujitsu Siemens hingegen könne mit «Flexframe» mehrere Installationen bei real existierenden Kunden zeigen.
Doch der Weg bis zur angepeilten automatischen Verteilung von Rechen- und Speicherkapazitäten ist offensichtlich noch weit. Denn Fujitsu Siemens’ Flexframe ist ein Software-Paket, das gerade mal den Betrieb von SAP-Applikationen auf einer Reihe von Linux-Bladeservern und einer angehängten Netzwerk-Speicherbox ermöglicht.
Die Skepsis des deutschen Cheftechnologen gegenüber aus Übersee importierten Schlagworten scheint also durchaus angebracht. (hc)