Killt der Staat die Schweizer IT-Medien?

Wegen der schwachen Finanzlage des Bundes geht es der indirekten Presseförderung an den Kragen. Das hat womöglich auch Auswirkungen auf die Schweizer IT-Zeitschriften.

Artikel erschienen in IT Reseller 2004/02

   

Die Finanzlage des Bundes ist offenbar so unerfreulich, dass er sich künftig die indirekte Presseförderung nicht mehr leisten will. 2004 subventioniert er die Schweizer Presselandschaft mit 80 Mio. Franken – ein kläglicher Rest der 300 Mio. Franken, mit denen er sich früher einmal engagierte. Mit diesem Betrag wird der Zeitungsversand durch die Post unterstützt.
Ende 2007 soll auch diese Förderung wegfallen, das Parlament will diese Lösung durch Direkthilfen ersetzen. Das gefällt dem Bundesrat nicht. Dieser befürchtet, der Schritt werde die Pressefreiheit einschränken und will statt dessen eine Stiftung, die den Zeitungsversand unterstützen und die journalistische Ausbildung fördern soll.

Shake Out der Verlage

Der Wegfall der indirekten Presseförderung wird die Schweizer IT-Zeitschriften in jedem Fall hart treffen. Michael von Babo, Verleger von InfoWeek und IT Reseller, ist überzeugt: «Es wird zu einer Bereinigung kommen. Verlage die nicht sehr gesund sind und womöglich die Abopreise erhöhen können, werden ein Problem bekommen». Ingo Rausch von der Online PC Zeitung sieht das genauso: «Das betrifft die gesamte Schweizer Presselandschaft. Für kleine Verlage kann das extreme Auswirkungen haben.»
Aber nicht nur das, auch die Schweizer Druckerszene wird die Auswirkungen zu spüren bekommen. Rausch: «Im Moment drucken viele in der Schweiz, weil sie nur dann den verbilligten Posttarif bekommen. Wenn die Förderung wegfällt, wird sich sicher mancher Verlag überlegen, ob er nicht in Deutschland oder Österreich billiger druckt.»
Karlheinz Pichler, Chefredaktor der Computerworld, sieht speziell die IT-Presse gefährdet, denn «die leidet besonders unter der derzeitigen wirtschaftlichen Situation. Es gibt kaum noch Stelleninserate und auch unsere Zielgruppe verkleinert sich durch den Stellenabbau zusehends.»

Fachpresse in Gefahr

«Die Presseförderung der Fachpresse ist damit eindeutig in Gefahr. Denn Fachmedien tragen nicht direkt zur politischen Meinungsbildung bei. Und nur um deren Förderung wird der politische Wille bemüht sein», befürchtet Dr. Heinrich Meyer, Herausgeber der Netzwoche.
Letztendlich wird die Abschaffung der indirekten Presseförderung den Konsumenten in Form höherer Abogebühren und den Inserenten mit höheren Inseratepreisen treffen. Auch die Post selbst ist nicht begeistert. Deren Kommunikationsstelle hält fest: «Damit wird ein Kerngeschäft der Post in Mitleidenschaft gezogen.
Das gesamte Preisgefüge würde ins Wanken geraten. Die heutigen Briefpreise würden in Frage gestellt, was vor allem auch die Geschäftskunden treffen würde.» Am Ende könnte eine Subventionsstreichung also alle treffen, nicht nur die Verlage.
Und ein weiteres grundlegendes Problem darf auch nicht vergessen gehen: «Grundsätzlich ist das Ganze ein Qualitätsproblem», so von Babo, «und die Frage für jeden einzelnen Verlag wird lauten: Kann ich Qualität, also die nötige Zahl qualifizierter Redaktoren, dann überhaupt noch finanzieren?» (ava)


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