Dicke Luft in der Schweizer LAR-Szene

Die Konkurrenz unter Microsoft Large Account Resellern verschärft sich zusehends. Die Zertifizierung von neuen Playern, vor allem Hugo Eppenbergers Outlook AG, sorgt für schlechte Stimmung.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2004/03

     

«Moralisch fragwürdig!» Mit diesem Etikett wird hie und da im Microsoft-Channel die Tatsache versehen, dass Hugo Eppenbergers neu gegründete Firma Outlook AG den Status eines LARs (Large Account Reseller) von Microsoft erhielt. Auffallend: Die meisten Gesprächspartner ausser Hugo Eppenberger selbst wollen ihren Namen nicht in der Zeitung gedruckt sehen. «Niemand will es sich mit Microsoft verderben – ich auch nicht», so die Begründung eines Informanten.
Hinter vorgehaltener Hand wird herumgereicht, die Zertifizierung von Outlook als LAR sei rein aufgrund von alten Seilschaften erfolgt und der ehemalige SMB- und Partner-Verantwortliche bei Microsoft, Fred Kampermann, habe wegen der LAR-Affäre den Hut nehmen müssen.
Microsoft-Sprecher Holger Rungwerth antwortet auf unsere entsprechende Frage kurz und bündig: «Definitiv nicht!»

Alphatiere unter sich

Eppenberger ist in der Szene der Software-Lizenzierungsspezialisten für Grossfirmen gar kein Unbekannter. Er ist der Gründer der CC Data Disc, die er Anfang 2002 an die ARP-Gruppe verkauft hatte. Er blieb damals vorerst als Geschäftsführer bei CC Data-Disc, bis er im März 2003 seine ehemalige Firma verliess. Das Alphatier Eppenberger scheint sich als Angestellter eines Konzerns nicht gerade wohlgefühlt zu haben.
Im Sommer des letzten Jahres holte ARP den ehemaligen Microsoft-Mann Matthias Dittler als Geschäftsführer für CC Data-Disc – Eppenbergers alte Kollegen beim Lizenzhändler, Thomas Steiger und Fredi Gubler, stiegen aus.
Zusammen mit Eppenberger gründeten sie im August die Outlook AG – das Trio, das CC Data-Disc zu einem der wichtigsten Softwarehändler in der Schweiz gemacht hatte, war wieder zusammen. Pikant: Im Verwaltungsrat von Outlook sitzt Branchenkenner Hugo Wyrsch, seinerseits ein guter Bekannter von Outlook-Konkurrent René Gilli (Microware). Gillis Kommentar: «In meinem Verwaltungsrat war halt kein Sitz frei.»

Outlook, Panatronic, Bison Systems...

Doch nicht nur Outlook wurde neu in den lukrativen LAR-Status erhoben. Mit Claudio Cisullos Panatronic wurde ein VAR (Value Added Reseller) zertifiziert, dem man eine durchaus preiskämpferische Haltung zutraut. Dazu kommt Bison Systems, die bei der 70-Prozent-Übernahme durch die deutsche PC-Ware vor zwei Jahren das begehrte Zertifikat von der neuen deutschen Mutter «erbte».
Bison hielt sich im Schweizer Lizenzenmarkt lange ruhig, da man die Übernahme eines Lizenzspezialisten plante. Daraus wurde aber nichts, worauf man sich mit Remo Gmür von Microsoft und Marc Sauter von Adobe zwei Marktkenner angelte. Gmür wird, sobald er sich mit Bison vertraut gemacht hat, die Leitung der neuen Lizenzabteilung mit immerhin acht Mitarbeitenden übernehmen.
Bereits wird gemunkelt, Bison Systems mache mit Dumping-Preisen den Markt kaputt. O-Ton eines LARs: «Bison benimmt sich wie ein wildgewordenes Pferd im Markt.» Marco Rudolf, bei Bison Bereichsleiter für das Handelsgeschäft lacht: «Das ist gar nicht möglich, denn wir haben bis jetzt ja noch gar nicht viel gemacht. Doch ich bin überzeugt, dass sich im Lizenzenmarkt einiges bewegen wird. Die Kunden wollen, dass der Reseller die Kalkulation offenlegt. Wir machen das bei Hardware-Geschäften schon seit 1998.»

Monkey-Business oder neues Business-Modell?

Ein etablierter LAR und kommentiert die Neuzertifizierungen wenig erfreut: «Die Microsoft-Leute reagieren mit einer simplen Dreisatzrechnung auf unrealistisch hohe Wachstumsvorgaben aus der Zentrale in Redmond: Die glauben, wenn sieben LARs beispielsweise 100 Millionen Franken Umsatz machen, dann müssten zehn LARs 142 Millionen machen.
Das funktioniert aber nicht so. Übrigens wurden wir von Microsoft nicht einmal informiert – wir sind halt in einem Monkey-Business.»
Microsoft selbst sieht die Sache allerdings ganz anders. Microsoft-Sprecher Rungwerth erklärt die Strategie so: «Unserer Einschätzung nach suchen KMU-Kunden Geschäftspartner, die sich nicht nur auf ein Geschäftsfeld wie zum Beispiel Softwarelizenzen spezialisiert haben.» Deshalb habe man auch in der Schweiz zusätzliche Partner rekrutiert. «Der KMU-Markt ist das am stärksten wachsende Geschäftsfeld für Microsoft Schweiz.
Mit den derzeit autorisierten Partnern waren wir nicht in der Lage diesen Markt in der von unseren Kunden geforderten Art und Weise zu adressieren. Daher haben wir uns entschlossen zusätzliche Partner zu autorisieren», sagt Rungwerth.
Ein weiterer Gesprächspartner aus der LAR-Szene findet die Microsoft’sche Herangehensweise «lächerlich». Wenn schon KMU, dann müsste man Delec, RedIT und andere Systemintegratoren zertifizieren. Aber die Systemintegratoren hätten eben zuwenig Lizenzierungs-Know-how und würden zudem nur sehr kleine Marktanteile abdecken.
Dies werde zwangsläufig dazu führen, dass sich die neuen Player wie Hugo Eppenberger auf das Geschäft mit Grosskunden stürzten. Sowohl Eppenberger wie auch Bison haben dazu die besten Voraussetzungen, kennen sie doch den Markt und vor allem auch die Kunden der Konkurrenz bestens.

Eppenberger und Cisullos Pläne

Eppenberger sagt, Outlook habe im angestammten Geschäft von CC Data-Disc keine Berechtigung. Seine Outlook AG will auf drei Beinen an die KMU-Kundschaft herangehen. Als Navision-Vertriebspartner, als Internet-Architekt und eben als Lizenzenspezialist. «Heute kann schon ein Unternehmen mit 200 PCs mit einem LAR zusammenarbeiten», umreisst er seine Zielkundschaft.
Claudio Cisullo, Inhaber des neu gekürten LARs Panatronic will sich nach eigenen Angaben ebenfalls nicht auf das klassische LAR-Business mit Grosskunden stürzen, sondern seiner angestammten Klientel von mittelgrossen Firmen und Gemeinden Zusatzservices bei der Software-Verwaltung anbieten. Panatronic hat dafür gemäss Cisullo eine raffinierte Software-Plattform (SMOC – Software Management, Controlling, Operating) entwickelt.
Doch Eppenberger streitet nicht ab, dass er auch nicht grundsätzlich abgeneigt ist, mit seiner alten Kundschaft aus CC Data-Disc-Zeiten zusammenzuarbeiten. Auch Cisullo ist nicht als Kostverächter bekannt, wenn es um Grossaufträge geht, und Bison plant nach eigenen Angaben gewaltige Umsatzsprünge schon dieses Jahr. Für Zoff in der LAR-Szene ist gesorgt. (hc)

Die Schweizer LAR-Szene


Die Multis:

Software Spectrum (multinationaler Lizenzspezialist, spezialisiert auf Konzerne), Dell, Hewlett-Packard, T-Systems

Die lokalen Spezialisten:

Bechtle-Comsoft Direct (ehemals Comsoft, Schwerpunkt in der Romandie und MUs, neue Internet-Plattform für Lizenzverwaltung), CC Data-Disc (ebenfalls Bechtle-Tochter, spezialisiert auf Deutschschweiz und Grossfirmen), Microware (Local Hero, wird Services ausbauen), Softwarepipeline.com (reiner Lizenzspezialist, multinational tätig, nach eigenen Angaben beste Internet-Plattform in der Schweiz zur Lizenzverwaltung), MTF Thörishaus (stark im Geschäft mit öffentlichen Betrieben und Bund)

Newcomer und Systemintegratoren:

Outlook (siehe Artikel), Panatronic (Claudio Cisullos VAR, hat neue Internet-Plattform zur Lizenzverwaltung aufgebaut, will Zusatzservices für mittlere Unternehmen anbieten), Bison Systems (70%-Tochter der deutschen PC-Ware, achtköpfige Lizenzabteilung mit ehemaligen MS- und Adobe-Mitarbeitern, gilt als Preisbrecher)

KOMMENTAR


Nervös, nervöser, LAR

Die Nervosität im Microsoft Grosskunden-Channel ist spürbar. Dahinter steckt mehr als nur die Tatsache, dass die einst gut abgesteckten Claims im Schweizer Microsoft-Markt neu verteilt werden. Nein – der Grund ist eine veritable Strategieänderung von Microsoft. Unter dem Druck der Börse, die nach ewig steigenden Gewinnen dürstet, und der härter verhandelnden Grosskunden will Redmond nun auch den KMU-Markt mit langfristigen Verträgen an sich binden.
Zu diesem Zweck bauen sich die Amerikaner einen neuen Wiederverkaufskanal über mittelgrosse Systemintegratoren wie etwa Panatronic oder Bison auf. Diese werden natürlich auch ein Grosskundengeschäft nicht verschmähen und so den etablierten LARs ins Gehege kommen.
Dazu kommen sinkende Preise und Margen – eine Konsolidierung ist absehbar.
Christoph Hugenschmidt


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