1999, als der Himmel der IT-Welt noch voller Geigen hing, hatte COS-Chef Kurt Früh eine bestechende Vision. Er wollte einen integrierten, europaweit operierenden Konzern auf den zwei Pfeilern Distribution und «E-Tailing» (Retail über Internet) aufbauen. Rund 2 Mrd. Franken Umsatz peilte er an. Doch in der Umsetzung der Vision ging fast alles schief, was schief gehen konnte.
Heute sagt Früh: «Die Vision von Synergien zwischen Distribution, Systemintegration und Remarketing ist nicht mehr vorhanden. Ich bin nicht sicher, ob unsere urspüngliche Vision nicht doch umsetzbar wäre, aber wir haben weder Zeit noch Geld, um es zu versuchen. Die Gewinnsicherung ist nun prioritär.»
In der Tat: Einmal mehr musste Früh an der Bilanzpressekonferenz der COS-Gruppe schlechte Zahlen präsentieren. Bei einem Umsatz von etwas über 1 Mrd. Franken resultierte ein schmerzhafter Verlust von 8,9 Mio. Dies obwohl einige der COS-Gesellschaften erfolgreich arbeiten.
So hat COS Concat in der Schweiz das Budget übertroffen und einen Gewinn von über 1 Mio. Franken abgeliefert. Auch COS Memory und
COS Distribution in Deutschland arbeiten sehr erfolgreich und lieferten zusammen etwa sieben Millionen Franken nach Baden. Selbst Topedo, der konzerneigene Assemblierer, dessen Zukunft im Konzern umstritten war, arbeitete profitabel.
Auch COS Distribution Schweiz scheint endlich wieder auf Plankurs zu sein. Bei einem Umsatz von 140 Mio. Franken resultierte 2003 zwar noch ein Verlust, doch erwartet Früh für das laufende Jahr ein «ausgeglichenes Ergebnis».
Teures Abenteuer Remarketing
Hingegen wird sich die COS-Gruppe endgültig aus dem Geschäft mit gebrauchten IT-Gütern verabschieden. Der Ausstieg kommt teuer. Neben den letztes Jahr aufgelaufenen Verlusten von fast zwei Mio. Franken musste die Holding auch noch 4,6 Mio. Franken für Goodwill-Abschreibungen und Wertberichtigungen aufwerfen.
Immerhin konnte unterdessen die britische Remarketing-Firma verkauft werden und in der Schweiz seien die Verhandlungen für einen MBO des Remarketing-Teils auf gutem Weg.
Aufräumen in Österreich – SAP in Verzug
Ebenfalls eine Baustelle hat Früh mit den Distributionsaktivitäten in Österreich. Dort will er, der seit dem Abgang von Roland Apelt wieder operativ in die Hosen gestiegen ist, sich persönlich engagieren. Der Umsatz der Wiener Tochter ist letztes Jahr um 44% auf noch 55 Mio. Franken eingebrochen, was in einem Verlust von über drei Millionen resultierte. Der Grund seien Strukturprobleme und Wechsel im Management, sagt Früh.
Früh will nun den Wiener Ableger radikal und schnell verkleinern. Die Zahl der vertretenen Hersteller soll von 60 auf 28 reduziert werden. «Wir haben in Österreich zu lange zugeschaut», so Früh. Ob die radikale Verkleinerung eines Distributors mittels Reduktion des Angebots das richtige Rezept ist, wird sich noch weisen müssen.
Da ausgerechnet der krisengeschüttelte österreichische Ableger als Pilot-Anwender der neuen SAP-Warenwirtschaft ausgewählt wurde, erstaunt die Verzögerung im ERP-Projekt nicht weiter. Ursprünglich wollte man
SAP in den deutschen Betrieben dieses Frühjahr einführen, nun könnte es zu einer Verspätung von etwa dreiviertel Jahren kommen. (hc)
Abbau und Aufbau
Die COS-Gruppe hat letztes Jahr massiv abgebaut. Das Leasing-Geschäft wurde abgestossen, die Remarketing-Aktivitäten werden aufgegeben und in Deutschland hat man die Hamburger Niederlassung gleich wieder geschlossen. Die Mitarbeiterzahl soll bis Ende 2004 auf noch 580 (2001: 755, 2002: 690) reduziert werden.
Doch mit der vollständigen Übernahme von Avitos hat sich COS auch einen zusätzlichen, interessanten Absatzkanal gesichert. Der deutsche Internet-Händler erzielt einen Umsatz von etwa 55 Millionen Franken und bezieht gegen 60% aller Waren bei
COS Distribution.
Wenn es tatsächlich gelingt, die IT-Systeme aller COS-Töchter zu vereinheitlichen und es bei Avitos nicht zu irgendwelchen Managementwirren kommen sollte, so dürfen sich für einmal tatsächlich Synergien innerhalb der COS-Gruppe ergeben.