Nächste Schlacht im Notebook-Krieg

Mit Produkten, die auf den Einsteigermarkt abzielen, sowie mit besserer Kommunikation ihrer Leistungen und Preise, wollen die Notebook-Hersteller Fujitsu Siemens, Dell, HP, IBM und Toshiba die jüngsten Erfolge von Acer kontern.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2004/07

     

Es sind «nur» Marktzahlen, doch sie sprechen eine überaus deutliche Sprache: Mit einem Marktanteil von 19,4 Prozent belegt Acer Schweiz den zweiten Platz bei den Notebook-Verkäufen des vergangenen Jahres. HP liegt zwar mit 22,6 Prozent noch an der Spitze, doch der Vorsprung schrumpft immer mehr dahin.
«Überflieger in fast allen Disziplinen» – so titelte IT Reseller am 16. Februar: Schlanke Strukturen, Büroräumlichkeiten mit sicht- und fühlbarem Understatement, eine klare Produktstrategie sowie ein hundertprozentig indirektes Vertriebsmodell wurden von Walter Deppeler, dem Vice President EMEA bei Acer, als Erfolgsgeheimnisse genannt.
Jetzt hat sich IT Reseller bei den Konkurrenten von Acer umgehört und sie gefragt, mit welchen Strategien der Vormarsch der Taiwaner in der Schweiz gestoppt werden soll.

Dumping-Vorwürfe bleiben

«Der Notebook-Markt ist ein extremer Verdrängungsmarkt», bestätigt André Schmidt, Product Manager Mobile von Fujitsu Siemens Schweiz. Acer sei vor allem im Bereich von Geräten um 1500 Franken zuhause und habe im Retail sehr hohe Stückzahlen absetzen können: «Für einen grossen Sprung in der IDC-Rangliste reicht es unter Umständen schon, ein zwei sehr tiefpreisige Einsteigerprodukte auf den Markt zu bringen», so Schmidt.
Dann wird er angriffiger: «Wenn ein Gerät heute 1000 oder 2000 Franken kostet, dann muss das einen Grund haben. Dann hat man wohl billiger eingekauft, denn schliesslich kochen alle Hersteller ja nur mit Wasser», so Schmidt. Fujitsu-Siemens seinerseits bleibe bei der Strategie, zwischen Retail und IT-Channel zu unterscheiden und sich mit Partnern wie ACF oder der MTF-Gruppe auf letzteren zu konzentrieren: «Was wir sicher nicht machen werden, sind Minus-Geschäfte», meint er.
Der Vorwurf, dass Acer teilweise unter Kosten arbeiten würden, hält sich hartnäckig – auch wenn Deppeler das im IT Reseller explizit verneint hat. «Der grösste Teil des Umsatzwachstums im Notebooksegment fand in einem Preisband statt, das nicht profitabel war. Schon gar nicht, wenn man mit dem Channel arbeitet», sagt Christian Hunziker, Marketingleiter von Dell Schweiz.
Die Nachfrage nach Entry-Level-Systemen habe sich inzwischen wieder etwas abgeflacht, mit den gefallenen Einkaufspreisen sei dieses Segment nun aber auch in den Bereich der Rentabilität gekommen.
Für Dell, welche stets auf ein profitables Wachstum setze, eine Grundvoraussetzung. «Unsere Aufgabe liegt nun darin, unsere guten Preise noch besser zu vermarkten und sichtbarer zu machen», sagt Hunziker. Daneben seien als allgemeine Massnahmen in nächster Zeit mehr Kundenveranstaltungen und Workshops geplant.
Als Beispiel führt Hunziker die eben zu Ende gegangene Touch-Dell-Tour auf, bei der Notebooks in einem speziellen Truck durch die Schweiz zu grösseren Geschäftskunden reisten: «Es ist für den Kunden wichtiger geworden, unsere Produkte auch zu sehen und zu berühren», meint der Dell Mann.

Andere drängen in den Einsteigerbereich

Auch Marktführer HP hat die Gefahr durch Acer erkannt. Allerdings sei die Verdrängung nahezu ausschliesslich auf das Tiefpreissegment beschränkt. «Die Gefahr durch Acer stellt sich primär im Consumer- und im Einsteigerbereich», teilt HP auf Anfrage mit. Wenn man sich die Konfigurationen gewisser Acer-Geräte genauer anschaue, entdecke man auch schnell, wo die Schwachstellen lägen, die derart tiefe Preise ermöglichten.
Dennoch will HP den Taiwanern künftig im Billig-Segment mehr entgegensetzen. «Strategisch werden wir im Acer-Sektor mehr Geräte in den Markt stellen und versuchen, diese Lücke in unserem Angebot so rasch wie möglich zu füllen», erklärt PSG General Manager Andrej Golob.
Anerkennung für die Erfolge von Acer kommt auch von Dirk Thomaere, dem General Manager Computer Systems von Toshiba Schweiz: «Acer hat einen beträchtlichen Vorsprung, den wir jetzt aufholen müssen.»
Toshiba ist erst seit zwei Jahren mit einer eigenen Länderniederlassung in der Schweiz vertreten: «Inzwischen haben wir aber unsere Konkurrenzfähigkeit bewiesen und das Vertrauen der Händler gewonnen», so Thomaere. Zukünftig wolle man trotz des hauptsächlichen Interesses am B2B- und Corporate-Bereich dem Retail signalisieren, dass man gute Preise machen könne, so Thomaere weiter.

Druck auch aufs Highend

Vor allem auf Business User will sich IBM konzentrieren: «In den Offerings, die wir haben, treffen wir meistens auf die zwei Hersteller mit dem grössten Marktanteil als direkte Konkurrenten», sagt Pascal Schlittler, Sales Manager bei IBM Schweiz. Die sprunghaft gestiegenen Acer-Zahlen würden sich vermutlich mehrheitlich auf die grossen Retail-Aktionen stützen.
IBM als Notebook-Hersteller wolle primär den professionellen Markt bedienen und sich durch umfangreiche und international verfügbare Services abgrenzen und Leistungen anbieten, welche die TCO Kosten massiv reduzieren.
Aber auch wenn IBM im Top-Bereich technologisch klar die Führerschaft innehaben mag, so drängen andere doch auch nach vorn: Zwar belegt IBMs Thinkpad T40 in einem von der Zeitschrift «PC Professionell» durchgeführten Test den ersten Platz unter neun Notebooks. Mit einem Preis von satten 5325 Euro kostet das Thinkpad-Modell allerdings mehr als doppelt so viel wie das Modell Travelmate 803LCi von Acer, das den Test auf dem vergleichsweise sehr guten vierten Platz abschloss. (bor)


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