VADs und VARs gemeinsam zum Ziel

Die vier Teilnehmer am diesjährigen VAR-Roundtable von IT Reseller sind sich einig, dass 2008 ein gutes Jahr wird. Einzig der Mangel an qualifizierten Fachkräften bremst das Wachstum der Security-Spezialisten Infinigate, Info Trust, Internet Security und Softec. Da die Produkte immer komplexer werden, gewinnt die Zusammenarbeit von Distributor und Resellern an Bedeutung.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2007/22

     

IT Reseller: Die Sicherheit ist in der IT-Branche ein Dauerthema, viele neue Technologien beleben das Geschäft, und die Konjunktur ist besser als auch schon. Darf man davon ausgehen, dass alle hier ­Anwesenden ein erfolgreiches Jahr hinter sich haben? Und

Matthias Brunner (Infinigate): Wir sind mit dem Geschäftsgang absolut zufrieden. Für die einzelnen Ländergesellschaften geben wir keine Zahlen bekannt. 2008 werden wir in der ganzen Gruppe (DACH und Skandinavien die Umsatzgrenze von 150 Millionen Euro übersteigen. Die Marktsituation ist sehr gut, und verschiedene Konstellationen weisen darauf hin, dass wir eine gute Ernte werden einfahren können. Wenn man seine Hausaufgaben gemacht hat, sollte es gar ein besonders gutes Jahr werden. Die Konjunktur brummt. Was ich jedoch nicht abschätzen kann, ist das, was sich momentan in den USA zusammenbraut. Man kann nicht wissen, inwiefern sich die Kreditkrise auch auf unser Geschäft auswirkt. Ich stelle jedoch fest, dass unsere Kunden das Thema Sicherheit zunehmend ernst nehmen und einsehen, dass sie auch was Kosten darf.


Reto Nobs (Internet Security): Uns geht es ähnlich, wir konnten den Umsatz bislang jedes Jahr verdoppeln. So auch im laufenden Jahr…..

Für Sie ist das aber auch einfacher, schliesslich gibt es ihre Firma erst seit vier Jahren.

Nobs: Das stimmt natürlich. Trotzdem sind wir sehr zufrieden. Schliesslich war die Ausgangslage nicht gerade einfach, als wir die Firma im Jahr 2003 gründeten. Auch wir geben keine Zahlen für die Schweiz bekannt. Gewisse Medien schätzen uns jedoch auf 20 bis 25 Millionen Franken. Das stimmt zwar nicht ganz, aber sie sind nahe dran. Ich möchte festhalten, dass ein Distributor nur dann wachsen kann, wenn seine Partner wachsen, denn er macht hoffentlich keine Endkundengeschäfte. Unsere Händler sind in diesem Jahr kräftig gewachsen.

Tom Hager, Info Trust: Wir wären in diesem Jahr gerne stärker gewachsen, aber der ausgetrocknete Stellenmarkt macht uns zu schaffen. Im laufenden Jahr kommen wir auf einen Umsatz von rund 13 Millionen Franken.


Kurt Christen (Softec): Auch uns ging es, wie wohl den meisten Firmen. In diesem Jahr wurde das Geschäft von der guten Konjunkturlage getragen. Bei uns wird es ein Spitzenjahr geben. Wir konnten im zweistelligen Prozentbereich zulegen. Hinzu kommt, dass die Leute mittlerweile bereit sind, für die Sicherheit ihrer IT-Infrastruktur Geld in die Hand zu nehmen. Das liegt auch daran, dass die Produkte reifer geworden sind. Viele Projekte wurden aber noch gar nicht angegangen. Ich rechne daher damit, dass es im kommenden Jahr – vielleicht sogar in den nächsten zwei Jahren – noch viel Aufholbedarf gibt. Insbesondere die zunehmende Mobilität der Mitarbeitenden setzt die Sicherheitsabteilungen der Unternehmen unter Druck. Die Gefahren sind vielseitiger geworden und damit wächst auch die Komplexität der Sicherheitslösungen. Das wird sich auch in Zukunft positiv auf unser Geschäft auswirken.

Also ist ihr Geschäft einfacher geworden oder wird die IT-Sicherheit noch immer als reiner Kostenfaktor angesehen?

Brunner: Nein, nicht einfacher, sondern anders. Professioneller.

Christen: Wir teilen die Kunden grundsätzlich in zwei Gruppen ein. Es gibt die einen, welche die Sicherheit als strategische Investition betrachten und sich mit dem Thema auseinandersetzten. Die anderen dagegen lassen es auf sich zukommen und reagieren erst dann, wenn der Leidensdruck zu gross wird. Bei denen ist es schwieriger, etwas zu verkaufen. Deshalb konzentriert man sich lieber auf die ersteren.


Aber auch für diese Gruppe muss man erst ein Produkt haben, das man anbieten kann. Wie genau entscheiden sie, was ins Portfolio aufgenommen wird?

Hager: Grundsätzlich kann man sagen, dass wir als Händler in Zusammenarbeit mit den Distributoren eine gemeinsame Strategie festlegen. Wir haben Anforderungen seitens unserer Kunden. Dann schauen wir bei unseren Distis, ob sie ein geeignetes Produkt im Portfolio haben. Bei ganz neuen Sachen ist das oft nicht der Fall. Dann überprüft man gemeinsam, ob dies ein Business Case sein könnte. Dabei erwarten wir vom Distributor Flexibilität. Seine Anpassungsfähigkeit spielt eine zentrale Rolle.

Nobs: Bei der Evaluation neuer Produkte hören wir natürlich sehr stark auf die Wünsche unserer Partner. Sie sind an der Front und wissen, was die Kunden wollen. Wir schauen aber auch selber, welche Lösungen Potential haben könnten. Bei F5 war das der Fall. Wir waren uns sicher, dass dieses Produkt für den Schweizer Markt geeignet ist. Das war dann auch der Fall, und wir haben schon vier Händler, die dieses Produkt anbieten.

Brunner: Neue Technologien, neue Produkte. Immer den Radar offen halten, schauen und zuhören. Das ist eine Daueraufgabe des Distributors. Es geht ja nicht darum, eine neue Technologie zu lancieren, nur weil sie gut ist. Auch der Zeitpunkt muss stimmen. Wir investieren sehr viel Geld in neue Produkte und bauen den Markt dafür auf. Da trifft es uns hart, wenn ein Produkt beim Endkunden nicht ankommt. Wir bedienen ja nicht nur High-End-Integratoren, sondern auch die breite Masse, die zwar gut arbeitet, selber aber keine Produkte evaluiert. Darum ist es die Aufgabe des Value Added Distributors, die richtige Technologie zum richtigen Zeitpunkt an den Markt zu bringen, seine Kunden zu schulen und beim Geschäftsaufbau zu unterstützen.

Können Sie anhand eines Beispieles aus der Praxis erklären, was da genau abläuft?

Christen: Microsoft Forefront (Intelligent Application Gateway) ist da sicher ein gutes Beispiel. Wir haben auf das Interesse eines Kunden reagiert, der das Produkt kannte und es bei sich installieren wollte. Wir bemerkten rasch, dass auch seitens unseres Distributors Infinigate Interesse vorhanden war, und haben gemerkt, dass das ein Produkt ist, das den Markt bewegen kann. Wir haben es getestet und konnten beim erwähnten Kunden gleich ein Testprojekt durchführen. Man spürt einfach seitens des Marktes, ob ein Produkt Potential hat oder eben nicht.

Brunner: Man muss sich das nicht zu komplex vorstellen, das ist ein ganz pragmatischer Vorgang. Man spricht zusammen und tauscht sich aus, immer mit dem Ziel vor Augen, eine Lösung anzubieten, die sich auch verkaufen lässt.


Christen: Genau. Wir geben es unseren Technikern, die nehmen es auseinander und prüfen es auf Herz und Nieren.

Hager: Besonders wichtig ist uns auch die Absicht des Herstellers. Seine Vision muss klar sein. Die bestehenden Produkte werden laufend weiterentwickelt, und man muss versuchen, abzuschätzen, in welche Richtung der Hersteller zielt. Bevor man ein neues Produkt ins Portfolio aufnimmt, schaut man zunächst immer das bestehende Portfolio an, um zu sehen, ob es diese Lösung nicht schon gibt. Das Angebot zu erweitern, wäre für uns sehr einfach. Man muss aber immer darauf achten, dass die Sache überschaubar bleibt und der Kunde die Lösung auch wirklich wirtschaftlich betreiben kann.

Kauft der Kunde eine Lösung nicht, wenn sie zu kompliziert ist? Wie wichtig ist dieser Aspekt?

Hager: Das hat nichts mit kaufen oder nicht kaufen zu tun. Aber Sicherheit ist eng mit der Übersichtlichkeit der Lösung verbunden. Wenn etwas durchschaubar ist, wird es einfach, und man versteht es. Wird es zu komplex, verliert man den Überblick, und die Sicherheit leidet. Wir haben oft die Diskussion mit Kunden, ob man nun zwei Firewalls des gleichen oder von verschiedenen Herstellern nimmt. Aus Sicht der Sicherheit wären zwei verschiedene besser. Betrachtet man es aus der Perspektive des Betriebs, nimmt man eher zwei gleiche. Die Erfahrung hat gezeigt, dass das Risiko bei zwei verschiedenen Herstellern grösser wird, weil die Fehlerquote bei Konfigurationsänderungen steigt. Es ist aber auch aus unserer Sicht besser, das Portfolio klein zu halten. Je weniger Produkte man hat, desto geringer fallen die Schulungskosten aus und desto günstiger können wir offerieren.


Christen: Gerade im Security-Bereich gibt es sehr viele Anbieter und unzählige Produkte. Wir merken aber, dass die Kunden Einfachheit vorziehen. Die Lösung muss in die Geschäftsprozesse reinpassen. Für die zuständige Abteilung spielt die Verwaltung eine zentrale Rolle. Sie wollen nicht viele kleine Einzellösungen. Das merkt man auch am Trend hin zu Gesamtlösungen. Die Hersteller versuchen, ihre Angebote durch Akquisitionen zu komplettieren.

Sind diese Übernahmen wirklich mehr als einfach nur Übernahmen? Werden die Produkte dadurch auch wirklich einfacher?

Christen: Im ersten Moment sicher nicht. Man versucht sie zu integrieren, aber das braucht Zeit. Sie werden in ein gemeinsames Management-Tool eingepflegt und als Gesamtlösung angeboten. Ein gutes Beispiel ist Utimaco. Deren Produkte beinhalten beispielsweise Festplattenverschlüsselung, USB-Sicherheitstools und File-/Folderverschlüsselung für die Netzwerksicherheit. Früher waren das alles Einzelprodukte. Speziell gut ist aber, dass ihre Management-Konsole auch mit Produkten von Drittanbietern kompatibel ist.

Nobs: Auch Checkpoint und Pointsec sind da ein gutes Beispiel. Checkpoint ist auf dem Firewall-Markt sehr dominant. Jetzt steuern sie mit Pointsec auch auf die Endpoint-Security zu. Es ist absehbar, dass diese Funktionen bald zentral verwaltet werden können. Das war das Beispiel einer guten Akquisition, auch oder gerade in bezug auf die Produkte.


Hager: Das konnte man auch sehen, als Checkpoint Zonelabs übernommen hatte. Zu Beginn waren das klar Einzellösungen, mittlerweile sind sie gut integriert. In diese Richtung muss es meiner Meinung nach weitergehen. Der Kunde will sich nicht mit sieben unterschiedlichen Konsolen herumschlagen. Die Hersteller haben hinzugelernt.

Brunner: Jeder Hersteller versucht, mit neuen Produkten zu wachsen. In manchen Wochen bekommen wir mehr als drei Anfragen von Herstellern, die über uns den Markt erschliessen wollen. Einerseits dürfen wir den Zug nicht verpassen, andererseits müssen wir aufpassen, dass das Portfolio übersichtlich bleibt. Der Markt ist extrem innovativ. Es wird nie so sein, dass es nur noch drei grosse Player gibt, die alles zusammengekauft haben. Das ist unsere Chance. Wenn wir schnell sind, machen wir gute Geschäfte.

Nobs: Genau. Da braucht es die richtige Mischung aus Trägheit und Proaktivität. Man darf nicht auf jeden Zug aufspringen und jedes Produkt anbieten. Manchmal muss man auch abwarten und schauen, wie sich ein Markt entwickelt. Im Jahr 1998 bezeichnete Gartner VoIP als ganz grosses Thema. Dann wurde dieser Zeitpunkt immer weiter verschoben. Es gab damals sehr viele gute Firmen, die einfach zu früh dran waren und wieder eingingen. Man muss reagieren, wenn die Zeit reif ist.

Brunner: Wenn man als Distributor Mehrwert anbieten will, kann man nicht 30 oder noch mehr Hersteller abdecken. Wir stellen schliesslich nicht nur Produkte ins Regal, sondern müssen die Produkte kennen und unsere Leute entsprechend ausbilden. Das geht nur, wenn man die Kräfte bündelt.

Christen: Das ist bei uns Integratoren genau das Gleiche. Wir können dem Kunden schliesslich nicht einfach eine CD in die Hand drücken, sondern müssen die Produkte integrieren und erklären. Andernfalls wären wir sowieso überflüssig.

Hager: Der Support und die Ausbildung der Techniker seitens der Hersteller ist sicher ein wichtiger Faktor. Mit jedem neuen Produkt muss man die Leute neu ausbilden. Wir haben unsere Belegschaft deshalb in die drei Teams Application-, Network- und Client-Security eingeteilt. Als ich vor 10 Jahren angefangen habe, war das noch einfacher. Damals bestand Security aus Firewall, Virtual Private Network und Antivirus. Damit hatte es sich. Heute geht das von Applikationsabsicherung über Client-Security, Smartphone-Absicherung, Flashverschlüsselung und so weiter. Das macht es für uns Dienstleister schwierig zu wachsen, weil man kaum die richtigen Leute dafür findet.

Diese Thematik müssen wir unbedingt aufgreifen, denn mangelnde Ressourcen sind wohl auch einer der Hauptgründe, warum Firmen ihre Security-Abteilungen auslagern.

Hager: Natürlich teilen unsere Kunden das Problem des Fachkräftemangels. Wir machen sehr viele Betriebs-Tasks für unsere Kunden. Wir könnten viel stärker wachsen, wenn wir genügend Leute mit dem entsprechenden Profil finden würden. Erschwerend kommt hinzu, dass unsere Mitarbeiter gegenüber den Kunden auch eine Beraterfunktion wahrnehmen müssen. Wir suchen also nicht den absoluten «Techie», der nur Produkte installieren kann, sondern Ingenieure, die die Probleme des Kunden erkennen.

Kommt dieser Aspekt bei der ­Ingenieurausbildung an den ­Hochschulen zu kurz?


Hager: Ich kenne die Ausbildungssituation nicht im Detail. Ich sehe einfach nur, dass es wenige gute Security-Ausbildungsstätten gibt in der Schweiz. Unsere Leute besuchen daher Trainings im Ausland. Manchmal auch bei den Herstellern. Wichtig ist die Gesamtsicht. Sie müssen Trends rechtzeitig erkennen und den Kunden seinen Ansprüchen und Möglichkeiten entsprechend beraten können. Sozialkompetenz ist daher eine zentrale Eigenschaft, die er mitbringen muss. Ich denke schon, dass es sinnvoll wäre, in der Ausbildung auch die Softskills besser zu berücksichtigen.

Brunner: Wobei das nicht nur die Aufgabe der Schulen ist. Es ist ein gesellschaftliches Problem. Der Dienstleistungsgedanke muss wieder vermehrt ins Zentrum gerückt werden. Unser Geschäft besteht nur aus Dienstleistungen. Einfach nur Produkte verkaufen, kann jeder. Man muss sich bei einer Neueinstellung daher schon die Frage stellen, ob man den Kandidaten bedenkenlos auf die Kunden loslassen kann. Bei uns hat jeder Mitarbeiter Kundenkontakt und muss daher entsprechende Fähigkeiten mitbringen. Es darf nicht passieren, dass einer von einem Kundenbesuch zurückkommt und nicht merkt, dass alles schief gegangen ist. Wir profitieren da glücklicherweise von den bilateralen Verträgen mit der Europäischen Union, dank denen wir problemlos Leute aus den Mitgliedsstaaten einstellen könnten. Wir haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Ohne die wäre das Problem noch viel akuter.

Hager: Auch wir suchen Leute aus dem EU-Raum. Insbesondere aus Süddeutschland erhalten wir viele Bewerbungen.

Christen: Dem kann ich beipflichten. Die Sozialkompetenz ist ein grosses Problem, das von den Schulen und der Gesellschaft zu wenig angegangen wird. Gerade im Sicherheitsbereich, wo Vertrauen eine grosse Rolle spielt, sind solche Fähigkeiten extrem wichtig. Es gibt verschiedene Branchen mit unterschiedlichen Bedürfnissen. Ein guter Ingenieur muss sie erkennen und sowohl auf Prozess- als auch auf technischer Ebene verstehen. Diese Mischung ist schwierig zu finden. Wir nehmen unsere Lehrlinge daher sehr früh mit zu den Kunden, damit sie sehen, wie man ein Gespräch führt und an der Front agiert.

Was macht man den nun, wenn man die richtigen Leute nicht findet? Aufhören zu wachsen?

Nobs: In erster Linie muss man mal die behalten, die man hat. Heutzutage werden viele Leute abgeworben, da ist es gut möglich, dass man auch mal selber betroffen ist. Wir hatten bisher das Glück, dass wir in den vier Jahren, in denen es uns gibt, noch keinen einzigen Wechsel hatten. Das ist wichtig, damit die Kunden ihre Bezugsperson behalten. Es muss also ein Umfeld geschaffen werden, in dem sich die Leute wohl fühlen. Den perfekten Mann auf dem Markt zu finden, der zudem noch bezahlbar ist, ist im Moment so gut wie unmöglich.

Wenn Sie es schon ansprechen: Was verdient ein guter Mitarbeiter, der an der Front tätig ist?


Hager: Das kommt natürlich auf die Ausbildung und die Erfahrung an. Die Lohnkosten betragen schnell mal 130’000 Franken. Für ein KMU sind das sehr hohe Personalkosten. Dabei sind hier die enormen Kosten für die stetige Weiterbildung noch gar nicht eingerechnet.

Noch einmal: Wer erledigt am Ende die Projekte, wenn die Leute dazu fehlen? Weichen die Kunden dann auf grosse, internationale Anbieter aus?

Christen: Wenn man gute Leute hat, dann denken sie auch unternehmerisch und sind am Erfolg der Firma interessiert. Dann arbeiten sie in Situationen, wie wir sie heute haben, mehr und bekommen im Gegenzug auch eine bessere Entschädigung. Heute wird vieles durch Mehrleistung gemacht. Natürlich bedient man die bestehenden Kunden zuerst. Die Konjunktur brummt, und in den vergangenen Jahren sind viele Projekte aufgeschoben worden. Das bekommen wir zu spüren: Jetzt kommt alles auf einmal.

Hager: Dabei muss man aber aufpassen, dass das Geschäft seriös bleibt. Auch wir bedienen zuerst die bestehenden Kunden. Es ist sehr wichtig, dass man nur aufgrund der Möglichkeiten die Mitarbeiter nicht verheizt. Wie schon angetönt sind sie unsere wichtigste Ressource. Da muss man auch einmal nein sagen können, auch wenn dadurch ein attraktives Geschäft verloren geht. Die Abstriche werden bei der Neukundensuche gemacht, das ist klar.

Ist die IT-Sicherheit eigentlich ein ­attraktives Gebiet für Studienab­gänger oder ist es schwer, den ­Nachwuchs dafür zu begeistern?

Hager: Das Problem mit den Studienabgängern sehe ich in der mangelnden Projekterfahrung. Gerade in unserem Geschäft ist das sehr bedeutend. Darum sind wir sehr zurückhaltend, was Einsteiger betrifft. Wir suchen Leute, die ihre Sporen schon etwas abverdient haben.

Es liegt doch in Ihrer Verantwortung und in Ihrem Interesse, dass sie den Nachwuchs für Security begeistern können. Wenn alle nur noch gestandene Leute suchen, wird es irgendwann eng.

Hager: Wir sind durchaus bereit, Leute auszubilden, die zu Beginn nicht alle Anforderungen erfüllen. Wenn jemand neugierig ist und bereit, zu lernen, dann ist das schon sehr viel. Die Projekterfahrung kommt dann halt erst mit der Zeit.

Brunner: Sie haben durchaus recht. Wir beschäftigen viele junge Leute, die wenig Berufserfahrung mitbringen. Wir stellen sie ein und bilden sie aus. Meist sind sie sehr motiviert und begeistert, wenn sie sehen, was sie bei uns lernen können. In unserem Tätigkeitsfeld ist man immer mit der absolut neusten Technik konfrontiert, und genau das macht die IT-Security zu einem attraktiven Berufsfeld. Man findet schon Leute, die man halt bis zu einem gewissen Grad ausbilden muss. Im Gegenzug gehört aber auch der Mut dazu, nein zu sagen, wenn jemand in menschlicher Hinsicht nicht hineinpasst.


Hager: Da kann ich nur zustimmen. Das macht mehr kaputt, als dass es hilft. Man muss sich einen potentiellen Mitarbeiter immer auch beim Kunden vorstellen können, sonst braucht man es gar nicht zu versuchen.

Christen: Und auch im Team.

Hager: Stimmt, die Teamintegration ist entscheidend. Deshalb sind bei uns alle Angestellten bei der Auswahl neuer Kollegen beteiligt. Jeder hat ein Vetorecht. Das hat sich ausbezahlt: In den sechs Jahren, seit es Info Trust gibt, hatten wir nur einen einzigen Abgang.

Nobs: Wichtig ist bei der Ressourcenplanung aber nicht nur, wie viele Mitarbeiter man einstellt, sondern auch wie viele Kunden man hat. Es sind schon einige Distributoren in der Schweiz an den Start gegangen, die gleich mit 400 Partnern zusammenarbeiten wollten. Dann sind sie mit niemandem richtig warm geworden und wieder von der Bildfläche verschwunden. Das Mass an Aufträgen muss bearbeitbar sein, dann macht es auch Spass und die Leute einen guten Job. Will man zuviel, verfehlt man das Ziel. Wir lehnen beispielsweise Händler konsequent ab, wenn wir wissen, dass sie unseren übrigen Partner hemmungslos Kunden abjagen.

Brunner: Ein gesundes Mass an Geschäftsethik ist wichtig.

Nobs: Genau. Die Geschäftsethik ist uns wichtig. Es gibt bestimmte Regeln, die von allen eingehalten werden müssen, damit die Arbeit angenehm bleibt.

Über die zwischenmenschlichen Aspekte haben wir jetzt ausgiebig diskutiert. Da bleibt noch die Frage, welche Rolle der Preis spielt.

Christen: Natürlich spielt der Preis immer eine Rolle. Das Vertrauen ist aber schon noch wichtiger. Ebenfalls zentral sind die Referenzen. Die Kunden wollen wissen, was man kann und sicher sein, dass sie nicht als Versuchskaninchen missbraucht werden. Die Preisunterschiede zwischen den Anbietern sind ohnehin nicht sehr gross.

Hager: Diese Erfahrung habe ich so auch gemacht. Was ich noch ergänzen möchte: Wenn wir damit rechnen müssten, dass die Preise ins Bodenlose sinken, dann würde sich auch die Ausbildung unserer Leute nicht mehr rechnen. Der Kunde will aber einen Partner, der das Wissen liefern kann, und das hat seinen Preis. Wenn man ein Projekt auf den Preis herunterbricht, zeugt das von sehr kurzfristigem Denken.


Brunner: Klar spielt der Preis eine Rolle, hauptsächlich aber bei Neukunden. Die Stammkunden wissen einen verlässlichen Partner zu schätzen und achten nicht auf jeden Franken. Sie wissen von der Leistung, die wir erbringen, und verstehen, dass das etwas kostet. Man darf sich nicht unter ein bestimmtes Niveau drücken lassen. Wir haben deshalb schon Geschäfte verloren. Das tut zwar weh, aber man muss über den morgigen Tag hinausblicken.

Christen: Das ist richtig. Gewisse Kunden sind dafür bekannt, dass sie nur auf den Preis achten. Da muss man darauf bestehen, dass die eigene Arbeit einen gewissen Wert hat und auch wir Gewinn machen wollen. Sonst haben wir mit der Zeit ein Problem. Nur über den Preis zu verkaufen wäre falsch.

Nobs: Es kommt darauf an. Flexibi­lität gehört bei einem Value-Added-Händler einfach mit dazu. Für unsere altgedienten Händler sind wir zu vielen Schweinereien bereit. Die unterstützen wir gerne, wenn es bei einem Projekt eng werden sollte. Dann geben wir etwas und sie genauso. Das machen wir aber sicher nicht bei jemandem, der hin und her hüpft und immer auf das günstigste Angebot schielt. Wenn jemand sagt, er mache unter keinen Umständen Kompromisse, dann glaube ich ihm nicht. Es gibt immer jemanden, der billiger ist und die Welt ist nicht immer nur rosig. Ich hätte auch gerne eine Marge von 60 Prozent.

Hager: Ich aber auch!

Nobs: Alle Händler könnten im Ausland kaufen, und sie würden immer Angebote finden, die günstiger sind als bei Matthias Brunner oder mir. Bei uns gibt es aber zusätzliche Werte fürs Geld. So gibt es viele grosse Kunden, die problemlos direkt beim Hersteller einkaufen könnten und dennoch zu uns kommen. Andererseits ist es aber eben auch schade, wenn man wegen ein paar Prozentchen einen Auftrag verliert, obwohl man auch so noch ein wenig Profit machen könnte.

Brunner: Unsere Daseinsberechtigung liegt am Ende eben doch darin, Geld zu verdienen, und da lege ich Wert drauf. Darum mache ich alles, um nicht in dieses negative Fahrwasser zu kommen. Die Versuchung, nachzugeben, bietet sich jeden Tag. Das wäre letztlich aber unser Tod.

Christen: Wie gesagt, im Neukundengeschäft ist der Druck grösser. Letztlich ist der Preis halt die einzige Zahl, die jeder Kunde vergleichen kann, wenn er drei verschiedene Offerten vorliegen hat.

Nobs: Darunter leidet am Schluss die Qualität.

Brunner: Der Markt ist frei. Wir tendieren dazu, solche Kunden auszusortieren, und lassen ihnen nicht dieselbe Aufmerksamkeit zukommen wie den anderen. Oft kommen sie zurück, weil sie unseren Service vermissen.

Hager: Wenn wir mit den Leistungen zufrieden sind, haben wir keinen Grund, den Distributor zu wechseln. Unseren Kunden geht es genauso. Das Leistungsportfolio entscheidet, genau so wie der Value Ad. Nur Produkte zu verschieben, ist eine rein logistische Frage.

Brunner: Genau da unterscheiden wir uns von den Broadlinern. Die haben andere Fähigkeiten, eben gerade im logistischen Bereich. Wir distribuieren Wissen.

Nobs: Der Mehrwert hat sich in letzter Zeit jedoch gewandelt, von reinem Wissen, hin zu Unterstützung in wirtschaftlichen Fragen, wie eben attraktiven Zahlungsbedingungen und Marketingunterstützung. Auch das gehört dazu. Das war ja das Problem bei der Zusammenführung von Tech Data und Azlan. Da prallten zwei Welten aufeinander. Darum ist heute auch niemand mehr bei Azlan, der zu meiner Zeit noch da war. Wenn die Broadliner könnten, was wir können, wären wir längst weg vom Fenster.

Brunner: Das werden sie aber nie können. Die Komplexität im Security-Umfeld nimmt immer mehr zu. Das ist unsere Chance. Wenn bei uns im Geschäft jemand jammert, dass alles komplizierter werde, dann sage ich ihm: «Das ist doch gut. Solange die Komplexität wächst, wird uns die Arbeit nicht ausgehen.» Wir sind dazu da, die Komplexität zu reduzieren und Lösungen zu strukturieren, die der Händler verkaufen kann.

Die Arbeit scheint ihnen also nicht auszugehen?!

Brunner: Definitiv nicht.

Christen: Sonst würden wir nicht so viele Leute suchen.

Die Gesprächsteilnehmer

Internet Security AG ist ein europaweit ­tätiger Value Added Distributor für Hard- und Software-Produkte für die Internet- und Netzwerksicherheit. Reto Nobs leitet als Country Manager das sechsköpfige Team von Internet Security in der Schweiz. Der Hauptsitz des Unternehmens ist im ­österreichischen Linz angesiedelt. In der Schweiz ist man seit vier Jahren aktiv.

Tom Hager ist CEO von Info Trust. Die Firma bietet IT-Security- und Information-Security-Lösungen an und hat ihren Hauptsitz in Au bei Wädenswil im Kanton Zürich. Info Trust beschäftigt heute 21 Mitarbeitende und setzt rund 13 Millionen Franken um. Das Unternehmen wurde im Januar 2002 gegründet. Hagers Firma ist ein Partner von Internet Security.


Matthias Brunner ist Geschäftsführer des auf Security-Lösungen spezialisierten Value Added Distributors Infinigate Schweiz und Verwaltungsrat der Infinigate Holding mit Sitz in der Schweiz. Infinigate ist seit elf Jahren am Markt und in sechs Ländern im deutschsprachigen Raum und Skandinavien aktiv. Sechzehn der rund hundert Angestellten arbeiten hierzulande.

Softec ist mit nunmehr 25jähriger Tätigkeit die älteste am Roundtable vertretene Firma. Der IT-Lösungsanbieter ist in den Bereichen Software Engineering, Platform Engineering und Network & Security Engineering tätig. Der Infinigate-Partner logiert in Steinhausen und beschäftigt 35 Personen. Der Verkaufs- und Marketingleiter, Kurt Christen, vertrat seine Firma am VAR-Roundtable.

Gesprächleitung: Markus Häfliger, Markus Gross
Artikel: Markus Gross


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