Richter Jackson: Microsoft missbraucht Monopolstellung

6. November 1999

     

Thomas Penfield Jackson, zuständiger Richter im Kartellprozess der US-Justizbehörde gegen Microsoft, hat am Freitagabend seine mit Spannung erwarteten Tatsachenfeststellungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Darin hält er unter anderem fest, dass Microsoft nicht nur eine Monopolstellung einnehme, sondern diese auch bei Betriebssystemen für PCs zu «räuberischen Taktiken» gegenüber Konkurrenten missbrauche und so die Interessen der Verbraucher verletze.
Das Unternehmen habe seine ganze Markt- und Kapitalmacht eingesetzt, sobald konkurrierende Firmen für Microsoft gefährliche Produkte entwickeln wollten. «Auf diese Weise sind Innovationen, die den Verbrauchern wirklich genutzt hätten, aus dem einzigen Grund nie verwirklicht worden, dass sie den Interessen von Microsoft im Weg standen», heisst es in den «findings of facts» des Richters.

Das eigentliche Urteil wird zwar erst Anfang nächsten Jahres erwartet, doch zeigen die harschen Feststellungen die Einschätzungen des Richters und somit dessen Stossrichtung. Microsoft-Sprecher äusserten ein grosses Interesse an einem aussergerichtlichen Vergleich. Die Parteien haben nun 30 Tage Zeit, Ihre Stellungnahme abzugeben.


Sicher ist eines: Auch nach dem Urteil wird der Fall Microsoft die Gerichte über Jahre hin weiter beschäftigen. Einerseits ist mit einer Flut von Klagen zu rechnen, wenn das Urteil erst gegen Microsoft ausfällt. Andererseits wird die Frage nach möglichen Sanktionen zur Beilegung der Monopolstellung weitere Verfahren nach sich ziehen. Eine Möglichkeit ist die oft besprochene und fragwürdige Aufsplittung in sogenannte «Baby Bills», also die Aufspaltung des Imperiums in Firmen nach Produktegruppen.

Bill Gates meinte am Freitagabend, der Kampf seines Unternehmens hätte einen erheblichen Beitrag zum Fortschritt, zur Produktivität und zum Lebensstandard geleistet. Dies habe den Verbrauchern genutzt und nicht geschadet. US-Justizministerin Janet Reno hingegen sprach in einem Kommentar von einem Sieg der Regierung und einem «grossen Tag für die Verbraucher». Der Kurs der Microsoft-Aktie fiel im nachbörslichen Handel um zwei auf 89 Dollar. (mh)


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