Beratung verrechnen oder nicht?

18. Juli 2006

     

Fachhändler kennen das Problem: Ein Kunde betritt den Laden, lässt sich beraten und verlässt das Geschäft dann wieder. Was der Fachhändler später nicht sieht, sich aber denken kann: Der Kunde kauft den aufwendig empfohlenen Flachbildfernseher beim Internethändler oder beim Discounter. Und spart so ein paar hundert Franken.

Seit einigen Jahren schon kennt man in der Reisebranche ein Modell, bei dem der Kunde für Beratung oder andere Tätigkeiten des Reisebüromitarbeitenden wie etwa Flügebuchen oder Mietwagenreservieren einen Obolus entrichten muss. "Wenn der Kunde eine Auskunft wünscht, die kurz und einfach ist, bezahlt er nichts dafür", sagt Peter Brun, Mediensprecher von Kuoni Schweiz.


Wenn der Kundenberater aber spüre, dass sein Gegenüber eine sehr detaillierte Auskunft und Beratung möchte, um dann vielleicht die Reise ohne das Reise­büro zu buchen, dann mache er ihn dar­auf aufmerksam, dass die Beratung mindestens 30 Franken koste. Wenn der Kunde nicht bucht, bezahlt er diesen Betrag, wenn er bucht, wird ihm der Betrag diskussionslos angerechnet.

Vereinzelt versuchen auch CE-Fachhändler, ihr Know-how und ihre Beratungskompetenz auf diese Weise zu versilbern, so auch Bang&Olufsen-Spezialist Staeger. Wer ihn anruft, bekommt es auf der Hauptnummer zuerst mit einer freundlichen Dame ab Konserve zu tun. Wer von den Mitarbeitenden technische Auskünfte etwa über die Verkabelung von TV und Musikanlage oder Spielkonsole möchte, wird dafür zur Kasse gebeten.

"Diese kostenpflichtige Nummer haben wir vor zirka einem Jahr eingeführt", sagt Gregor Staeger zu IT Reseller. Die wichtigste Konsequenz davon sei, dass Kunden viel besser vorbereitet sind, wenn sie anrufen, und schon einiges selber ausprobiert haben: "Im Gegensatz zu früher verbringen wir ungefähr 70 Prozent weniger Zeit am Telefon", sagt Staeger.

Auch bei Fust hat man offenbar schon an die Einführung einer Beratungspauschale gedacht: "Zum Glück sind wir aber noch nicht so weit, dass wir für eine selbstverständliche Leistung extra etwas verlangen», sagt Maddalena Forrer, Assistentin für die Sparte Multimedia. Als Fachgeschäft wolle sich Fust ja gerade damit profilieren, dass Beratung im Preis inbegriffen sei.

Grundsätzlich sei es in Ordnung, wenn sich Kunden in mehreren Läden eine Meinung bilden würden: "Genauso, wie Kunden manchmal anschliessend an eine Beratung nicht bei uns kaufen, profitieren wir von Kunden, die sich anderswo beraten liessen und dann zu uns kommen", so Forrer weiter.

Fust zieht es also vor, weiterhin eine Art "Blackbox" anzubieten, bei der die Beratung enthalten ist. Fraglich ist natürlich, ob der Kunde letztlich ein höheres Mass an Transparenz sprich günstigere Verkaufspreise und klar deklarierte Dienstleistungsgebühren nicht doch bevorzugen würde.

Bei Interdiscount steht die Einführung einer Beratungspauschale mit Sicherheit nicht zur Debatte, wie Geschäftsführer Joos Sutter erklärt. Dem Problem, dass Kunden nach der Beratung "abwandern" und woanders kaufen würden, arbeite man mit seinen tiefen Discount-Preisen sehr effizient entgegen, so Sutter weiter: "Abgesehen davon sind bei uns auch jene Kunden willkommen, die sich vorerst nur beraten lassen möchten. Wir nutzen jede Chance, um eine gute Kundenbeziehung aufzubauen", sagt Sutter zu IT Reseller. (bor)


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