Indien-Desaster: Satyam-Chef verhaftet, neue Vorwürfe

12. Januar 2009

     

Satyam-Gründer und -Chef Ramalinga Raju (Bild, rechts) wurde am Freitag zusammen mit seinem Bruder Rama, der für das operative Geschäft von Satyam zuständig war, festgenommen. Beiden Verhafteten wird Urkundenfälschung und Betrug vorgeworfen, wofür sie mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden könnten.

In der Zwischenzeit rätseln Analysten immer noch darüber, wie es für die Satyam-Führung möglich war, einen derartigen Finanzschwindel über Jahre hinweg verdeckt zu halten. Spezialisten gehen davon aus, dass noch mehr Personen als nur die beiden Brüder von den gefälschten Bilanzen gewusst haben müssen. Allerdings könnte das Kastensystem und der Fakt, dass Raju vor allem Verwandte in die Führung berufen hat, zu einer grösseren Verschwiegenheit beigetragen haben, als dies in anderen Unternehmen der Fall ist.


Forrester-Analyst Pascal Matzke kann sich als Motivation für eine solche Tat nur folgendes vorstellen: "Die CEOs der indischen Branchenriesen haben sich schon immer gegenseitig gepusht: Wenn der eine 25 Prozent Marge machte, musste der andere 26 Prozent erzielen." Allerdings sei dieser ungesunde Zwang zu immer höheren Margen sicher kein typisch indisches Phänomen sondern weltweit beobachtbar. In der Zwischenzeit hat die Weltbank bekannt gegeben, dass weitere indische IT-Dienstleister schon 2007 als IT-Lieferanten für vier weitere Jahre gesperrt worden seien. Der Grund sei auch hier Verdacht auf unlautere Geschäftspraktiken: Wipro soll unangemessene Geschenke an Bankangestellte verteilt haben, Megasoft soll ein Joint-Venture mit Bankmanagern gegründet haben, die gleichzeitig IT-Aufträge der Bank vergaben.

Für Matzke ist noch schwer nachvollziehbar, wie die Satyam-Bilanzfälschung von den Revisoren von Pricewaterhouse Coopers (PWC) während Jahren hatte übersehen werden können: "Nach den Skandalen um Enron und Worldcom ist man als Auditor doch dreimal vorsichtig - speziell in schnell wachsenden Märkten."

In der Zwischenzeit verlassen viele Satyam-Mitarbeiter das Unternehmen: 15'000 von 56'000 sollen laut indischen Medienberichten aktiv auf der Suche nach einer neuen Anstellung sein, darunter viele gut ausgebildete IT-Spezialisten. Zwischenzeitlich hat die indische Regierung die Führung bei Satyam übernommen und alle bisherigen, nicht zurückgetretenen Verwaltungsratsmitglieder suspendiert und durch neue Personen ersetzt: Der Bankfachmann Deepakh Parekh, der frühere Präsident des indischen IT-Verbandes Nasscom Kiran Karnik und C. Achutan, ehemals Mitglied der indischen Börsenaufsicht, sind neu Verwaltungsräte.

(Bild: Satyam-Gründer Ramalinga Raju zu guten Zeiten mit dem ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton.) (cdb)


Weitere Artikel zum Thema

E-Health in knapp zwei Jahren

20. Oktober 2008 - Während in der Schweiz seit fast einem Jahrzehnt über elektronische Krankenakten diskutiert wird, macht man in Indien Nägel mit Köpfen. Eine Kooperation zwischen Staat und Privatorganisationen glänzt mit Effizienz.


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Was für Schuhe trug der gestiefelte Kater?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER