Eigentlich wollte Andreas Kleeb Viehdoktor werden. Als Kind verbrachte er jede freie Minute auf dem benachbarten Bauernhof in Zug. Doch es kam anders. Der junge Mann bekam eine Kuhstauballergie und musste sich umentscheiden. Er wurde Wirtschaftsinformatiker. Das war vor 25 Jahren. Die Entscheidung bereut er heute keineswegs: «Meine Ausbildung kommt mir heute sehr zugute, denn der Wirtschaftsinformatiker ist die Schnittstelle zwischen IT und der Unternehmensleitung.»
Doch eins nach dem andern. Die Geschichte beginnt 1985, als Kleeb an der Uni Zürich studierte. Nebenher stieg er mit Kollegen beim Zuger Bürofachgeschäft Wickart ein, belieferte dessen Kunden mit PCs und Buchhaltungslösungen und baute erste Netzwerke. Die damalige Wickart, Kleeb + Partner brachte er später in
RedIT ein.
Das Jahr 1990 kann als Meilenstein in der Geschichte von RedIT und für die Schweizer IT-Landschaft angesehen werden. Kleeb lancierte mit «SPOC» (Single Point of Contact) ein Lifecycle-Produkt für Grosskunden, das Einkauf, Installation, Betrieb und Entsorgung umfasste und erstmals Warenhandel von Dienstleistungen trennte. Kleeb wurde als «Margenvernichter» von der Konkurrenz angeprangert, weil er das tat, was Jahre später jeder wettbewerbsfähige IT-Händler tat: Dienstleistungen und Produkte getrennt verrechnen. «Mit SPOC haben wir aber auch die Lieferanten zuerst vor den Kopf gestossen, weil wir uns mit ihnen und unseren Kunden an einen Tisch gesetzt und über Preise gesprochen haben», sagt Kleeb. «Doch schliesslich konnten wir mit dem Konzept Projekte mit grösseren Rollouts übernehmen und bei Grosskunden Fuss fassen.»
Dienstleistungen ausbauen
SPOC sei heute «in die Jahre gekommen», sagt Kleeb. Das Geschäftsmodell von
RedIT richte sich in Zukunft stärker an der Tatsache, dass der Client immer billiger und die Komplexität im Rechenzentrum immer mehr zunehmen werde. «Die Goldgräberzeiten sind vorbei», sagt der RedIT-Chef, «bis zum Jahr 2000 sind die Preise zwar auch gefallen, aber die Kunden haben immer noch das beste verfügbare und teuerste Produkt gekauft.» Heute liege die Wachstumsproblematik unter anderem darin, dass Nachfolgeprodukte immer billiger als ihre Vorgänger und die Erneuerungszyklen immer länger dauern. «Deshalb wollen wir mehr Geschäfte serverseitig betreiben und mit Managed Services weiter wachsen.» Diese seien aufgrund des hohen Standardisierungsgrads und der Skalierbarkeit besonders interessant, da hier der Dienstleistungsanteil für den Kunden weiterhin hoch bleibt.
Abtasten beim Einkaufen
Als Boss von
RedIT hat Kleeb verschiedenste Aufgaben unter einen Hut zu bringen. Neben der operativen Führung («Ich bin oft und gern bei Kunden.») kümmert er sich auch um die formellen Auflagen, die im Zusammenhang mit der Börsenkotierung stehen, und pflegt zusammen mit dem CFO die Beziehungen zu Banken, Investoren und der Presse. «Seit wir an der Börse sind, muss ich nicht nur IT vermarkten, sondern auch die Firma selbst», sagt Kleeb. Und selbstverständlich kümmert er sich auch um die strategische Weiterentwicklung durch Übernahmen von anderen Firmen. Nach den Coups der letzten Monate (Tristar im Oktober und Integreat im Januar) ist er wieder fleissig daran, potentielle Übernahmekandidaten auf Herz und Nieren zu prüfen. «Ich mache sehr viel selber», sagt er, «und suche schnell das persönliche Gespräch.» Dabei werde jeweils sehr schnell klar, ob eine Firma und deren Management zu RedIT passe. «An den Preisvorstellungen, die ein Unternehmer für den Verkauf seiner Firma hat, sieht man schnell, wie er funktioniert», so Kleeb weiter.
Fehlentscheide gehören zum Geschäftsleben
Weiteres Wachstum sieht Kleeb im Software-Bereich, und zwar ausser mit der eigenen Treuhandlösung Pebe vor allem mit Navision. Um das angestrebte Wachstum zu erreichen (150 Mio. Umsatz bis zum Jahr 2009), muss Kleeb also noch einige Male den Telefonhörer in die Hand nehmen oder sich Firmen genauer ansehen, die am Zuger Hauptsitz anklopfen. «Gerade im Zusammenhang mit der Bekanntgabe der Jahreszahlen für 2004 haben wir einige Anfragen von Firmen erhalten, die sich zu uns gesellen möchten», sagt Kleeb. Regional «günstig» gelegene Navision-Partner dürften dementsprechend höhere Aufmerksamkeit geniessen.
Und wie steht es eigentlich um
SAP Business One? Was ist aus der Strategie geworden, mit der Software-Lösung für kleine Unternehmen von SAP zu geschäften? «Wir glauben daran, dass Business One eine grosse Zukunft hat.» Im Sinne der Wachstumsstrategie allerdings sei es für
RedIT ungünstig, in ein Produkt zu investieren, das am Markt zwar viel Beachtung, kurzfristig aber kein schnelles Wachstum ermögliche, sagt Kleeb. Aus diesem Grund habe man sich entschieden, wieder aus dem Geschäft auszusteigen und auf Navision zu fokussieren. «Der Entscheid, mit SAP Business One zügig zu wachsen, hat sich im Nachhinein – für die RedIT-Strategie wohlgemerkt – als falsch erwiesen.» (mh)
Andreas Kleeb
Andreas Kleeb, Jahrgang 1962, ist in Zug geboren und aufgewachsen. Kleeb ist in eine Künstlerfamilie hineingeboren – sein Vater Sales Kleeb gründete die Zuger Musikschule, sein Bruder ist Grafiker, seine Schwester Musikerin. Er selbst bezeichnet sich als «das weisse Schaf der Familie».
Sie sind gelernter Wirtschaftsinformatiker, wollten aber eigentlich Veterinär werden. Was haben Sie heute für ein Verhältnis zur Natur?
Ich bin heute mindestens einmal die Woche auf jenem Bauernhof anzutreffen, auf dem ich während meiner Kindheit fast Tag und Nacht meine Freizeit verbrachte. Heute bin ich allerdings weniger mit Heuen beschäftigt, sondern trinke lieber einen Süssmost oder gar ein Glas Wein.
Sie sind ein Naturmensch. Wenn Sie nochmals auf die Welt kommen würden, was für ein Tier möchten Sie sein?
Ein Trüffelschwein, denn Trüffel riechen noch besser als sie schmecken.
Was machen Sie sonst in Ihrer Freizeit?
Ich wandere, fahre Ski und Mountainbike. Da bringe ich gut und gern mal 100 Kilometer an einem Tag hinter mich.
Wieviel arbeiten Sie pro Woche?
So 60 bis 70 Stunden. Morgens arbeite ich meistens die erste Zeit von zu Hause aus, denn sobald ich in der Firma bin, werde ich absorbiert. Ich bin kein Frühaufsteher, bin dafür abends lange im Büro.
Welchen Führungsstil pflegen Sie?
Früher war es eher eine «Demokratur», da war es auch nötig, Teamarbeit mit klaren Entscheidungen meinerseits zu lenken. Heute ist das nicht mehr der Fall, denn wir haben ein tolles Managementteam, mit dem ich gerne arbeite und auf das ich mich verlassen kann.