Der Pinguin Tux, niedliches Maskottchen einer freigeistigen Programmierergemeinde, ist längst kein Spielzeug mehr. Die freie Software ist erwachsen geworden und drängt in die professionellen Infrastrukturen der Unternehmens-IT: So ist auch
Novell, die weltbekannte Software-Schmiede für Business-Lösungen, vor rund zwei Jahren auf den anfahrenden Linux-Zug aufgesprungen und präsentierte vorletzte Woche auf der hauseigenen Brainshare-Konferenz in Salt Lake City die neue Plattform Suse Linux Enterprise 10. Nach der bereits auf der Cebit gezeigten Version Suse Linux Enterprise Desktop erfolgt damit die sinnfällige Ergänzung um den Suse Linux Enterprise Server. Beide Produkte sollen ab Sommer dieses Jahres zur Verfügung stehen.
«Novell hat eine umfassende Vision von Open Enterprise Computing. Kein anderer Linux-Anbieter verfügt über ein vergleichbares Portfolio», betonte Jack Messman (Bild), Chairman und CEO von Novell in Salt Lake City. Mancher Kunde hat den Wechsel von Netware zur Linux-Software indes nicht mitvollziehen mögen, wie die jüngst veröffentlichten Geschäftszahlen nahelegen. Daher gab es auch viel Beifall für die ebenfalls im Rahmen der Veranstaltung gegebene Zusage, die beliebte Netware in der Version 6.5 noch «mindestens» zehn Jahre lang supporten zu wollen.
Das aktuell vorgestellte Gesamtkonzept einer komplett auf Open-Source-Lösungen aufgebauten Unternehmens-IT soll zeigen, wo die Zukunft von Linux-Umgebungen und damit auch von Novell liegt. Es bündelt alle wichtigen Themen von der Server-Virtualisierung über die Sicherheit bis hin zum effektiven Storage-Management und bietet nicht zuletzt ein geradezu Linux-untypisches Bildschirmgefühl mit dreidimensional wegkippenden Benutzer-Desktops die freilich manchen an den Mitbewerber Sun erinnern, der diese showträchtigen Effekte schon seit vielen Jahren im Programm hat. Aber auch das (dieses Jahr definitiv nicht mehr) kommende Windows Vista oder Apples Mac OS X setzen bekanntlich auf solche Spielereien, die offenbar im Trend liegen. Laut Produktmanagement-Vertretern sollen sie sogar den Anwendern im Büro tatsächlich die Arbeit erleichtern das bleibt buchstäblich Ansichtssache. Unstrittig ist hingegen der hohe Speicherbedarf.
Stichwort TCO
Die für die Produktivität ungleich wichtigere Virtualisierung von Servern geschieht erstmals, wie
Novell betont – über die vollständige Anbindung an Xen 3.0, den zukunftsträchtigen Open-Source-Standard auf Intel- und AMD-Basis. Damit soll die Auslastung von Servern von derzeit durchschnittlich etwa 20 (laut Analysen von Gartner) auf dramatische 70 Prozent gesteigert werden, verspricht der Hersteller. Beim Thema Sicherheit steht mit App Armor ein durch den Open-Source-Gedanken besonders reaktionsschnelles und dabei im Sinne der TCO kostengünstiges Produkt zur Verfügung, das auch geschäftskritische Anwendungen zuverlässig schützen soll. Weitere Sicherheitsmerkmale bieten die in der Plattform enthaltenen neuen Versionen des Novell Identity Manager, des Novell Secure Login 6 und des Storage Manager 2, der die bisherige File System Factory Software ablöst und unter anderem sogar Windows unterstützen soll. Daneben bietet die neue Plattform über die aktuelle Version 7 des E-Mail-Programms Groupwise nun auch die Einbindung mobiler Zugriffslösungen à la Blackberry.
Tiefe Einstiegshürde
Die ebenfalls auf der Brainshare-Konferenz vorgestellte neue Novell Open Workgroup Suite soll bereits ab Mai erhältlich sein. Das für einmalig 110 US-Dollar plus 75 US-Dollar jährliche Maintenance-Gebühr (pro Arbeitsplatz) angebotene und damit den Hauptkonkurrenten
Microsoft deutlich unterbietende Programmpaket enthält neben der Linux-Version von Novell Open Enterprise Server die hauseigene Mobility-Lösung Groupwise, die Novell Zenworks Suite, den Suse Linux Enterprise Desktop sowie OpenOffice.org. Es ist für Novell-Kunden und Umsteiger von Konkurrenzprodukten auch als Netware-Version für dann 150 US-Dollar erhältlich. Ausserdem können beide Versionen auf Wunsch gemietet werden. «Unternehmen geben mehr als 30 Prozent ihres IT-Budgets für den Support des Desktops und der Büro-Software aus», weiss man bei
Novell. «Mit der Novell Open Workgroup Suite wird dieses Budget frei und kann in strategische Investitionen fliessen.»
Schliesslich wird es eine sogenannte
Dell Edition von Novell Zenworks 7 Linux Management für die Poweredge-Server des Hardware-Direktverkäufers geben. Diese ab April erhältliche Enterprise-Lösung dürfte ein übriges tun, den flächendeckenden Einmarsch von (Suse-)Gecko und Linux-Pinguin in die Unternehmens-IT zu forcieren. Sie funktioniert übrigens auch unter Red Hat.