Hersteller von Netzwerkkomponenten wie Router und Kabelmodems präsentieren in letzter Zeit immer häufiger Geräte, die neben dem herkömmlichen Datentransfer auch für den Einsatz von Voice over IP geeignet sind. Die Macher dieser Produkte zielen neben Heimanwendern vor allem auf die SoHo-Kundschaft (Small and Home Office) sowie auf kleinere und mittlere Unternehmen ab, die für die Telefonieanwendungen kleinere Aussenstellen und Filialen über Internet vernetzen wollen und für die eine Anwendung mittels herkömmlichen VoIP-fähigen PBX-Anlagen zu teuer oder aufwendig wäre. Der VoIP-Markt ist offensichtlich spruchreif auch für kleine und mittlere Unternehmen, doch wie verhält es sich in der Realität? Werden die VoIP-Router und -Modems auch tatsächlich verkauft?
Noch kein Kostenvorteil
«Das Interesse von Seiten der Händler ist sehr gross», sagt beispielsweise Yves Schaltegger, Product Manager Network bei
Also Schweiz, zu IT Reseller. Gemäss Schaltegger hat man beim Emmener Distributor gutes Feedback von Händlern in Bezug auf die Produkte der Cisco-Tochter
Linksys. Doch Schaltegger relativiert: «Der tatsächliche Absatz hinkt allerdings noch dem Interesse hinterher.» Der Grund für das noch eher bescheidene Absatzvolumen dieser Produkte sieht Schaltegger vor allem auf zwei Ebenen: Voice over IP sei noch nicht kostengünstiger als die herkömmliche Telefonie. Zwar öffne VoIP ganz neue Anwendungsmöglichkeiten, deren Nutzen müsse jedoch erst noch erkannt werden.
Und zweitens würden bei KMU-Kunden häufig noch die herkömmlichen Telefonieanbieter das Rennen machen. Immerhin sieht Schaltegger neben den Händlern ein Potential bei den kleineren Internetprovidern. Diese zeigten im Moment grosses Interesse für VoIP-fähige Router – einige seien derzeit dabei, Geräte von verschiedenen Herstellern auf die Kompatibilität mit ihrer Infrastruktur zu testen.
Von Providern abhängig
Ähnliches konstatiert auch Gabriela Müller, Marketing-Verantwortliche von Studerus Telecom, dem Schweizer Zyxel-Repräsentanten. Gemäss Müller ist dieses Geschäft derzeit noch stark von den Providern beeinflusst, da die Geräte vorkonfiguriert sein müssen, um problemlos beim Kunden zum Einsatz zu kommen. Studerus konfiguriert die entsprechenden Zyxel-Boxen für
Swisscom,
Sunrise und kleinere Provider und schickt diese direkt an die Kundschaft. «Das Geschäft steht und fällt allerdings mit der Preisgestaltung der Provider», sagt Müller. Im Vergleich zu Frankreich etwa, wo Studerus ebenfalls für
Zyxel eine Vertretung führt, halte sich der Schweizer Absatz allerdings noch in Grenzen. Bei unserem westlichen Nachbarn, so Müller, verkaufe man eigentlich keine reinen ADSL-Router mehr, sondern praktisch nur noch solche mit integrierter VoIP-Funktionalität. Dies selbst dann, wenn ein Kunde gar kein VoIP nutze. Das Vorgehen habe den Vorteil, dass der Provider auf Zusehen hin ein Gerät liefern kann, ohne dies später austauschen zu müssen, wenn ein Kunde sich zu einem späteren Zeitpunkt für ein VoIP-Angebot entscheidet.
Zyxel hat bereits ein breites Angebot an VoIP-fähigen Geräten, so neben ADSL-VoIP-Routern auch ATAPs, Analog-Telefon-Adapter, mit denen alte analoge Telefone für den VoIP-Einsatz genutzt werden können. Dass der tatsächliche Absatz mit dem Interesse nicht Schritt halten könne, liege vor allem daran, dass Internettelefonie heute nicht günstiger sei als die Festnetztelefonie.: «Solange man den Telefonanschluss bezahlen muss, obwohl man über ADSL telefoniert, kommt man alles in allem nicht billiger.»
Zwischen ganz klein und ganz gross
Ein Hersteller, der sich mit seinen Geräten zwischen den Anbietern für Heimanwender und Grossfirmen positioniert, ist die deutsche
Lancom Systems. Der Hersteller bietet Boxen mit einem integrierten SIP-Proxy an. Diese machen die Rufnummern-Umsetzung, und ein integrierter Callmanager wählt automatisch den Weg über SIP-Protokoll, VPN (DSL-Verbindung) oder ISDN. «Wir sehen uns zwischen den Kleinstanwendungen wie einer Fritzbox von
AVM und Infrastrukturen für Grossunternehmen wie solche von
Cisco, Alcatel,
Siemens oder Nortel», sagt Paul Moll, Channel Marketing Manager von Lancom Systems. Die Lancom-Geräte sind für 4 bis 16 Anwender gedacht, möglich sei in Zukunft auch eine Skalierung bis 30 Anwender. So positioniert sich Lancom für den Einsatz von VoIP bei kleineren Unternehmen, die eine Anbindung von kleinen Aussenstellen wünschen. Klassischerweise kommt der Hersteller von LAN- und WLAN-Infrastruktur mit seinen Händlern von der IT-Seite her. Dennoch meint Moll: «Das Interesse seitens der IT-Händler für VoIP-Geschäfte ist sehr gross. Die Fachhändler müssen dementsprechend bereit sein, sich mit der Telekom-Schiene zu beschäftigen, wenn es um die Migration von bestehenden Anlagen zu VoIP-fähiger Infrastruktur geht.»
Sanfte Migration
In den Unternehmen sei zumeist ausschlaggebend, ob ein Business Case gerechnet werden kann, sagt Christian Lüthi, Country Representative von
D-Link. Wenn noch ein jahrelanger Wartungsvertrag für die klassische TK-Anlage existiere, falle dem Kunden ein Komplettumstieg auf VoIP entsprechend schwer. «Hybride VoIP-Produkte, die die Brücke schlagen zwischen der herkömmlichen und der IP-Telefonie, ermöglichen hier die so genannte sanfte Migration», so Lüthi weiter. Alles in allem sieht Lüthi VoIP für unaufhaltbar an: «Nach vielen Jahren der reinen Diskussion über VoIP ist klar erkennbar, dass VoIP nun sowohl in Grossunternehmen als auch KMU installiert wird. Die Frage ist nun nicht mehr, ob VoIP implementiert werde, sondern wann.» Für viele KMU rechne sich der Einsatz gerade bei Unternehmen mit Niederlassungen auch im Ausland sei VoIP heute oftmals die Technologie der ersten Wahl, und man verzeichne eine steigende Tendenz innerhalb des letzten Jahres. Das grosse Interesse hat den taiwanischen Hersteller schliesslich dazu veranlasst, die Produktpalette um weitere VoIP-Produkte zu erweitern. (mh)