Der Megadeal lebt!

Nach wie vor prägen die grossen Deals den Outsourcing-Markt. In der Schweiz wird das Marktvolumen auf knapp zwei Milliarden Franken geschätzt, mehr als drei Viertel dieses Auftragsvolumens verbuchen die Megadeals.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2006/13

     

Die Zeit der grossen Outsourcing-Deals ist entgegen den oft geäusserten Erwartungen nicht vorbei. «Mega-deals sind keineswegs passé. Im Gegenteil, das Volumen der einzelnen Aufträge ist nochmals gestiegen», kommentiert Research Manager Jennifer Thomson von IDC European Services eine neue IDC-Untersuchung des westeuropäischen Marktes. Dabei errechneten die Marktforscher, dass die hundert grössten Aufträge im letzten Jahr zusammen 40,5 Milliarden Dollar erreichten. Dies bedeutet zwar einen leichten Rückgang gegenüber den 42,1 Milliarden von 2004. Über die Hälfte davon ging auf das Konto von neun Deals. Aufträge würden heute oft im Multisourcing auf verschiedene Anbieter verteilt, so Thomson. Als Gesamtprojekt fielen sie dennoch in die Kategorie der Megadeals. So hätten allein zwei Regierungs-
stellen fünf der gesamthaft neun Grossaufträge vergeben.

Keine langfristige Verpflichtungen

Als zweiten Trend konstatiert Thomson, dass die Abschlüsse im Wert steigen, die zeitlichen Vereinbarungen jedoch kürzer werden: «Die Kunden sind heute weniger bereit, sich auf langfristige Verpflichtungen einzulassen.» Für die Anbieter bedeute dies, dass sie in kürzerer Zeit Kosteneinsparungen realisieren und gleichzeitig Strategien entwickeln müssten, um beim Multisourcing im grossen Stil mithalten zu können.

BPO wenig verbreitet

Auffallend sei, so IDC, dass der grösste Teil der hundert grössten Outsourcing Aufträge auf Infrastruktur, Netzwerk- und Desktop-Auslagerungen falle: «Beim Business-Process-Outsourcing gibt es zwar hohe Wachstumsraten, doch in realen Zahlen ist der Anteil in Westeuropa – mit Ausnahme von England – nach wie vor klein.» Beinah 90 Prozent des Outsourcing-Auftragsvolumens stammen von Behörden, Industrie und dem Finanzsektor. In den vertikalen Sektoren bieten laut IDC Handel, Telekommunikation und Medien die besten Aussichten. Bei den Anbietern hat IBM Global Services laut IDC seine Spitzenposition eingebüsst. Zwar konnte man 14 der grössten Aufträge an Land ziehen – mehr als jeder andere Anbieter. Doch zusammen ergeben sie ein kleineres Volumen als die Grossaufträge für EDS und BT Global Services.

Grosse Deals auch in der Schweiz

Die bedeutendsten Neuabschlüsse der letzten zehn Monate in der Schweiz waren laut einer Marktbeob-achtung des Zürcher Sourcing-Beraters Active Sourcing die Verträge zwischen SBB und T-Systems und Swisscom IT Services, Novartis und Getronics sowie Winterthur Versicherungen und IBM. Diese Verträge machten 84 Prozent des Gesamtvolumens der Neuabschlüsse von 1085 Millionen Franken aus. Insgesamt schätzt Active Sourcing das Marktvolumen in der Schweiz auf knapp zwei Milliarden Franken. Nachdem der Markt im letzten Jahr noch stark gewachsen war, stieg er in den letzten zehn Monaten nur noch um 4,5 Prozent. Zwar wurden in dieser Zeit Verträge mit einem Gesamtvolumen von über einer Milliarde Franken abgeschlossen, doch handelte es sich, wie Active Sourcing schreibt, grösstenteils um Erneuerungen und Ablösungen von bestehenden Verträgen. 23 Verträge erreichen eine Grössenordnung von zehn Millionen Franken und mehr. Sie machen laut der Untersuchung 81 Prozent des Gesamtvolumens aus.
Auch der Schweizer Markt wird nach wie vor durch die grossen Deals und Unternehmen geprägt. Den grössten Teilmarkt bildet die Industrie, knapp dahinter liegen die Versicherungen. Mit etwas Abstand folgen Bund, Kantone und Gemeinden sowie der Bankenbereich. Pharma und Chemie sind ebenfalls noch relativ gut vertreten, während die Entwicklung bei den mittelständischen und kleinen Unternehmen klar hinterher- hinkt.

Einsparungen werden überschätzt

Die deutsche Steria Mummert Consulting befragte kürzlich Fach- und Führungskräfte nach ihren Outsourcing-Erwartungen. Wenig überraschend stand dabei die Kostenreduzierung im Vordergrund. Während 72,3 Prozent der Experten aus der IT- und Telekommunikationsbranche ein Einsparpotential von bis zu 30 Prozent für realistisch halten, geht bei den Finanzdienstleistern nur jeder Dritte von dieser Zahl aus. Im Handel dagegen erwartet laut der Umfrage jeder zweite Einsparungen von bis zu 50 Prozent. Das scheint reichlich hoch gegriffen. Gemäss einer neuen Untersuchung des Beratungsunternehmens TPI werden die möglichen Kostenreduzierungen aber generell überschätzt. Zwar könnten sich in einzelnen Fällen Einsparungen von 30 bis 40 Prozent ergeben. Bei den 59 von TPI zwischen 2003 und 2005 begleiteten grossen Outsourcing-Projekten lagen die Einsparungen jedoch, wie der Area Managing Director von TPI Germany Bernd Schäfer, schreibt, unter Berücksichtigung aller Zusatzkosten - Aufwendungen für die Anpassung der Systeme, Projektüberwachungs- und Steuerungskosten, Beraterhonorare und Entschädigungen für entlassenes Personal - bei durchschnittlich 15 Prozent. Diese Zahl sei realistisch und falle auch durchaus ins Gewicht. Grundsätzlich aber nehme die Zahl der Kunden zu, die mit dem IT-Outsourcing neben der Kostensenkung noch andere Ziele verfolgen: «Immer mehr Unternehmen setzen Outsourcing hauptsächlich ein, um die Qualität zu verbessern. 2004 haben dies bei unseren Untersuchungen noch 11 Prozent als Grund angegeben. Heute sind es bereits 21 Prozent.» (fis)


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