T-Systems, der IT-Dienstleistungsarm der deutschen Telekom, will seinen Anteil an Aufträgen mit Business Process Outsourcing (BPO) steigern. Um dies zu bekräftigen, wurde innerhalb des Konzerns letztes Jahr eine eigene Abteilung gegründet und BPO zu einem strategischen Wachstumssegment erklärt. Heute zählt die Abteilung weltweit 4500 Mitarbeiter und macht einen Umsatz von rund 1,3 Milliarden Euro. Davon entfällt aus hystorischen Gründen ein Grossteil auf konzerninterne «Kunden», das heisst auf Aufträge für den Telekom-Konzern selbst. Für externe Kunden werden derzeit hauptsächlich Aufträgein Deutschland und Italien, erbracht.
Strategie ausgearbeitet
Laut Gartner beträgt der Markt für Business Process Outsourcing in der Schweiz für das laufende Jahr 453 Mio. Franken und soll bereits nächstes Jahr die 500-Millionen-Grenze erreichen. Das durchschnittliche Wachstum von 2004 bis 2009 soll 5,7 Prozent betragen. Kein Wunder, will
T-Systems ein grösseres Stück von einem Kuchen, der schneller wächst als der IT-Dienstleistungs-Markt, welchem man lediglich ein durchschnittliches Wachstum von 2,1 Prozent zugesteht.
T-Systems meint es offensichtlich ernst, den Anteil des Umsatzes mit externen BPO-Kunden zu steigern. Denn man hat in der Schweiz den ehemaligen Microsoft- und IBM-Manager Markus Laesser geholt und zum Vice President BPO für die Region Zentral- und Osteuropa sowie Asien ernannt. Laesser erhielt in dieser Funktion zuerst die Aufgabe, den BPO-Markt zu evaluieren und das Portfolio und Angebot zu definieren. T-Systems hält konzernweit sechs BPO-Offerings bereit, vier davon sollen auch in der Schweiz ins Portfolio aufgenommen werden.
Managed Document Services
Das wohl wichtigste Angebot dürften Managed Document Services sein. Hierzu gehören allerdings nicht nur das reine Drucken von Dokumenten, sondern Dienstleistungen rund um das Handling von Dokumenten in digitaler und physischer Form wie Inbound- und Outbound-Services und Archivierung. Laesser: «Jedes Unternehmen hat eine eigene Definition dafür, wie mit Dokumenten umgegangen werden muss, also wie die physische oder digitale Form in Empfang genommen, weitergereicht und verarbeitet und aufbewahrt werden soll.»
Bereits 80 Millionen Seiten pro Jahr
Er schätzt, dass sich das Auslagern eines Geschäftsprozesses rund je zur Hälfte aus Prozessmanagement und Prozessreengineering zusammensetzt. Seine Losung: «Weil wir viele Prozesse bereits kennen und in grosser Zahl für uns selbst ausführen, können Kunden von unserem Prozesswissen und von Skaleneffekten profitieren.» Im Bereich Dokumenten-Services heisst das konkret, dass
T-Systems in Bern bereits ein eigenes Druckzentrum betreibt, das jährlich 80 Millionen Seiten ausspuckt.
Damit kommt auch schon der wichtigste Grund zur Sprache, weshalb Unternehmen ihre Geschäftsprozesse auslagern: Sie wollen ihre Kosten senken und sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren.
HR-Services auf SAP-Basis
Ein Prozess, der normalerweise nicht zum Kerngeschäft eines Unternehmens gehört, ist das zweite Angebot, welches
T-Systems fortan als feste Dienstleistung anbieten will: Human Resources Services, also Dienstleistungen rund um das Personalmanagement. T-Systems wird vor allem Personalmanagement-Dienstleistungen auf Basis von mySAP ERP Human Capital Management anbieten. Das Angebot reicht von Personalverwaltung, Personaladministration, Salärabrechnung und Zeitwirtschaft bis zur Organisation von Weiterbildungen und Veranstaltungen. Das Volumen für BPO von HR-Services beträgt laut Gartner in der Schweiz in diesem Jahr rund 125 Mio. Franken und soll jährlich im Durchschnitt um 6,6 Prozent wachsen.
Wertschriftenabrechnung und Billing
Als weitere Hauptangebote wurden innerhalb der Schweiz Wertschriftenabrechnung für die Banken sowie Billing für Telcos, Medien und Utility-Anbieter (Gas, Strom, Wasser) definiert.
T-Systems verfügt über ein eigenes Billing-System, mit welchem Millionen von Abrechnungen bereits heute über T-Systems für den Konzern und externe Kunden produziert werden. Diese Plattform soll auch Schweizer Unternehmen angeboten werden.
Umsetzung in Europa
Die von Laesser erarbeitete BPO-Strategie wird nun nach und nach auf die strategischen Wachstumsländer von
T-Systems in Europa umgesetzt. Das Angebot wird unter der Leitung von Laesser für Österreich, Italien, Grossbritannien, Spanien und Frankreich entsprechend den lokalen Marktbedingungen angepasst und definiert. Ziel sei es, so Laesser, 70 Prozent der eignen Kernprozesse als standardisierte Prozesse anbieten zu können, aber auch lokale und internationale Bedürfnisse der Kunden befriedigen zu können.
Daniel von Dach neu im Boot
In der Schweiz hat der BPO-Chef bereits einen zweiten Mann an Bord geholt, der ihn zusammen mit interna-tionalen Sales Consultants und Prozessspezialisten aus dem Konzern bei der anspruchsvollen Aufgabe unterstützen wird: Daniel von Dach, der vorher bei
EMC die Technology Solutions Group leitete, arbeitet seit dem 1. Juli im Team von Laesser. Die beiden wissen, dass die Bearbeitung dieses Marktes keine einfache Aufgabe ist. Laesser: «Uns ist klar, dass der Markt nicht auf uns gewartet hat. Das alles ist knochenhartes Business Development.» (mh)