Die Konvergenz von CE und IT ist nicht mehr das grosse Gesprächsthema im Schweizer Consumer Electronic Markt. IT-fähige Produkte führt heutzutage jeder kleine CE-Händler. Die Übergänge sind fliessend, längst ist zusammengewachsen, was zusammen gehört. Die Zuständigkeiten scheinen verteilt: Der CE-Markt gehört den CE-Händlern. Sie beanspruchen konvergente Produkte und Technologien für sich. Der IT-Händler soll bei seinem Leisten, also bei der reinen IT bleiben. So zumindest lautet der Grundtenor in unserer jüngsten Umfrage unter den Schweizer Händlern für Consumer- und Unterhaltungselektronik zur Lage im Schweizer CE-Markt.
Zwar wittern noch immer knapp 75 Prozent unserer Umfrageteilnehmer im Zusammenwachsen von CE und IT Chancen für ihr Business. Im vergangenen Jahr waren es allerdings noch über 82 Prozent. Vor allem ein grösseres Dienstleistungs- und Serviceangebot (zum Beispiel Hausvernetzungen), mehr Umsatz durch neue Produkte und daraus resultierende steigende Kundenfrequenz sowie höhere Marktakzeptanz werden als treibende Kräfte fürs Geschäft genannt.
Zurückhaltend optimistisch
So sind denn auch rund 90 Prozent der Befragten zufrieden mit dem diesjährigen Geschäftsverlauf. Das ist im Vergleich zu den vorangegangenen Umfragen ein Rekordergebnis. Dieses Ergebnis muss allerdings relativiert werden, denn der Grossteil der Teilnehmer konnte zwar den Umsatz geringfügig steigern, der Gewinn jedoch stagnierte oder schrumpfte gar. Im Schnitt erreichten die Händler ein Umsatzplus zwischen ein und zehn Prozent. Nur ein verschwindend kleiner Teil der Befragten lag umsatzmässig über der Zehn-Prozent-Steigerungsmarke.
Für das kommende Jahr ist man vorsichtig optimistisch und rechnet im Schnitt nur noch mit einer Umsatzsteigerung zwischen ein und fünf Prozent. Rund 15 Prozent rechnen gar mit einem Umsatzrückgang von bis zu zehn Prozent. «Der Hardwarehandel ist ruinös!», ruft beispielsweise Adolf Leeman, Inhaber von Multimedia Leemann, aus. «Dell und
Apple, diese kommunistischen Planwirtschaftler, machen mir Sorgen. Aber die freie Welt wird siegen», drückt es Edgar Fuchs, Inhaber von Digifuchs Fuchs Foto Video, kämpferisch mit einem Augenzwinkern aus.
Es wird gespart
Ohne Mitarbeiterschulung und Marketing geht gar nichts: Auch in diesem Jahr setzten die Händler vermehrt auf den Ausbau ihrer Schulungs- und Marketingmassnahmen. Investierten im vergangenen Jahr allerdings noch 60 Prozent der Befragten sowohl ins Marketing als auch in Schulungen und Seminare, sind es in der diesjährigen Befragung nur noch knapp die Hälfte. Vereinzelt wurden sogar Mitarbeiter entlassen, keine Lehrlinge mehr eingestellt oder nur noch ein Webshop betrieben. Neu ist, dass das Betätigungsfeld immer weiter ausgebaut wird und für die Vernetzung des digitalen Heims beispielsweise mit Bauherren und Architekten, Elektroinstallateuren oder Anbietern von Sicherheitstechnik (Alarm- und Überwachungsanlagen) zusammengearbeitet wird.
Auf Produktseite stehen Flachbildfernseher, seien sie nun HDTV-fähig, mit LCD- oder Plasmabildschirm ausgerüstet, hoch im Kurs. Zwei Drittel der Befragten generieren mit diesen Geräten am meisten Marge und sehen in den Flachmännern das grösste Entwicklungspotential für ihr Geschäft. Gefolgt von Home Theater / Beamern, Home-Networking und Geräten für DVD / Harddisk-Recording. Die in den letzten Jahren so hochgelobten und gehypten Windows Media Center und Multimedia-PCs mussten in der Beliebtheitsskala der Händler Federn lassen. Waren die Windows Media Center im vergangenen Jahr mit 55 Prozent auf dem vierten Platz zu finden, sehen heuer nur noch knapp 26 Prozent der Befragten im Verkauf der Media Center Chancen für ihr Business. Die Multimedia-PCs sind von 32 auf 23 Prozent abgerutscht.
Emotionen und Wohlfühlcharakter
Dem klassischen CE/UE-Handel gehört die Zukunft im Kampf ums digitale Heim. Dessen sind sich 74 Prozent der Umfrageteilnehmer sicher. Man kenne die Kundenbedürfnisse und biete guten Service anstatt Boxmoving. Dem IT-Handel werden hingegen keine grossen Qualitäten zugesprochen. In unserer Umfrage unter den IT-Händlern ist im übrigen, wen wundert’s, genau das gegenteilige Ergebnis herausgekommen (siehe Seite 28). Jeder beansprucht für sich die Poolposition beim Heimanwender.
Während der CE-Handel sich mit der Kundschaft auseinandersetze und auf sie eingehe und zudem ein grosses Dienstleistungsangebot biete, könne der IT-Handel nur verkaufen, lautet das harte Urteil der CE-Händler. «Wir haben mittlerweile die interessanteren Komponenten», sagt dazu Klaus Pilgram, Geschäftsführer von Küpfer Electronic. «Der Wohlfühlcharakter wird durch den CE-Handel besser vermittelt. Ausserdem ist der Kunde dichter an den Produkten dran.» Insofern der CE-Händler auch noch eine Ausbildung zum Multimedia-Elektroniker abgeschlossen habe, hätte er auch eine bessere Grundlage hinsichtlich Ausbildung, heisst es. «Der CE-Handel kann durch Emotionen und Dienstleistungen den Kunden besser von neuen Medien überzeugen», ist sich auch Philipp Wirz, Leiter Marketing und Verkauf bei Fischer HiFi, sicher.
«Der UE-Handel hat die Kundschaft, die Heimberatung gewohnt ist und muss «nur» die Technologie erlernen. Der IT-Handel kennt die Technologie, hat es aber schwer, Kunden zu gewinnen», meint Markus Wolf, Geschäftsführer W. Albrecht AG. Für mehr als zwei Drittel der Befragten forciert der klassische CE/UE-Handel die Digitalisierung auf Händlerebene am stärksten. Trotzdem ist es dem IT-Handel offensichtlich gelungen, dem CE-Handel mit CE/UE-Produkten Marktanteile abzujagen. Rund 46 Prozent der Teilnehmer beantworteten diese Frage mit einem klaren «Ja». 60 Prozent aller Befragten fühlt sich denn auch durch den klassischen Computerhändler mittel bis sehr bedroht.
Synergien nutzen
Der Retail wird im Gegensatz zur letztjährigen Befragung hingegen weniger gefürchtet. Knapp 61 Prozent der Umfrageteilnehmer sehen in Media Markt & Co. nur noch eine mässige Konkurrenz. Besonders Technologie-Kompetenz sowie der Wille und die Fähigkeit, guten Service zu leisten, wird dem Retail abgesprochen. Ähnlich verhält es sich hinsichtlich Netzwerkfirmen und Telefoninstallateuren: Rund zwei Drittel empfindet sich von diesen Unternehmen nur wenig konkurrenziert. Trotzdem versucht man sich vermehrt mit Anbietern anderer Bereiche zusammenzutun: «Wir müssen Synergien nutzen und beispielsweise mit lokalen Elektrikern zusammenarbeiten. So können beide profitieren», sagt Hans-Peter Plüss, Geschäftsführer von EP: Plüss.
Die Webshops hingegen sind den meisten CE-Händlern – auch wenn 33 Prozent der Befragten selbst einen Webshop unterhalten – ein Dorn im Auge: Die Hälfte aller Antwortenden empfindet sich durch die Internethändler massiv bedroht und unter Druck gesetzt (siehe gesonderter Artikel Seite 36). «Wir unterscheiden zwischen belebender und zerstörender Konkurrenz. Mit beiden müssen wir alle zwangsweise leben und entsprechende Gegenmassnahmen ergreifen, gegebenenfalls Interessengruppen bilden», konstatiert Klaus Pilgram, Geschäftsführer von Küpfer Elektronic. Der Konkurrenzkampf spielt sich weniger über das Know-how, sondern in erster Linie über den Preis ab. «Retail- und Internetanbieter verkaufen über den Preis dieser Preisdruck ist wie der rostige Nagel im Baum! Warum machen wir uns so kaputt?», fragt Andreas Brunner, Leiter von Seeland Multimedia.
Keine Hilfe vom Hersteller
Den Herstellern wird von unseren befragten CE-Händlern kein Kränzchen gewunden. Über 65 Prozent der Händler erhalten nur wenig bis gar keine Verkaufsunterstützung durch ihre Lieferanten. In dieser Beziehung hat sich offensichtlich seit dem vergangenen Jahr nichts getan. Auch in unserer letzten Befragung beklagten viele Händler die schlechte Unterstützung durch die Hersteller. IT-lastige Hersteller, die vermehrt in den CE-Markt vorpreschen, sind aber offensichtlich an der Zusammenarbeit mit dem CE-Handel gar nicht so sehr interessiert. Am Digital Lifestyle Forum von
Tech Data vergangene Woche liessen sie am Rande gegenüber IT Reseller fallen, dass der CE-Handel nicht sonderlich daran interessiert sei, sich weiterzubilden und sich neues Know-how zu komplexeren Technologien oder Geräten anzueignen. «Es gibt offene CE-Händler, doch die meisten wollen sich nicht mit komplexer Technik auseinandersetzen, behaupten, sie hätten das nötige Know-how, und verkaufen weiterhin, was sie kennen», sagt Catrin Torge-Fabian, Territory Manager Retail DACH bei
Linksys. «Der IT-Händler hat erfahrungsgemäss, was technische Zusammenhänge beispielsweise von Netzwerktechnik betrifft, mehr Know-how und Erfahrung und ist auch eher bereit, sich weiterzubilden», so Torge-Fabian. Dem Tech-Data-Forum blieben die CE-Händler, im Gegensatz zu den IT-Händlern, denn auch mehrheitlich fern. Noch sind die CE-Händler mit vergleichsweise hohen Margen gegenüber dem IT-Handel im Vorteil. Doch wer sich nicht die neuen Technologien aneignet beispielsweise sind Reparaturen von digitalen Fernsehgeräten der neuen Generation viel komplexer und komplizierter ist bald weg vom Fenster.
Angst vor der Flaute
Die CE-Händler ziehen eine positive Bilanz, was ihre Geschäfte im Rahmen der Fussball-WM betrifft. Sie bescherte dem CE-Handel diesen Sommer einen zusätzlichen Aufschwung. 75 Prozent der Umfrageteilnehmer hatten den richtigen Riecher und haben gut eingekauft und im geplanten Umfang verkauft. Nur knapp 23 Prozent der Befragten hatten zu viele Geräte eingekauft und versuchen nun ihre Lagerbestände loszuwerden. Allerdings wollen das nur 17 Prozent der Betroffenen mit Preisnachlässen bewerkstelligen. Der grosse Renner diesen Sommer waren LCD- und Plasma-TVs. 40 Prozent der befragten Händler haben mehr Plasma-Fernseher, und fast zwei Drittel mehr LCD-TVs abgesetzt. Besonders die Nachfrage nach Flachbild-Fernsehern mit grossen Bilddiagonalen und nach luxuriösen TV-Geräten sei gestiegen, sagen die Befragten. Auf Produktkategorien wie DVD/Harddisk-Recording-Systeme, DVB-T-Receiver oder Home Theater/Beamer hatte die WM hingegen keinen Einfluss. In diesem Bereichen gingen im Schnitt gleich viele Geräte wie normalerweise über den Ladentisch.
Auch wenn die Geschäfte dank der WM diesen Sommer gut liefen, mittlerweile herrscht bereits wieder Angst vor der Flaute und vor einem laschen Weihnachtsgeschäft. Nach dem Run auf Flachbildfernseher vor der Fussball-Weltmeisterschaft fehlen nun die Kunden. In allen Bereichen der Heimelektronik ist die Kaufunlust zu spüren. Zwar setzt ein Grossteil der Befragten für das kommende Weihnachtsgeschäft nach wie vor auf LCD- und Plasma-Fernseher, doch die Aussagen klingen weder sehr aussagekräftig noch sehr euphorisch: «In der heutigen Zeit schwer einzuschätzen», sagt Markus Hoser, Inhaber von EP: Hoser gegenüber IT Reseller.
«Es ist alles offen», fügt Guido Studerus, Inhaber und Leiter von Studerus RTV, an. Besonders Notebooks und Heimcomputer sind derzeit, trotz Tiefstpreisen, Ladenhüter. Marktforscher gehen davon aus, dass dieser Markt um zehn bis 20 Prozent im laufenden Quartal schrumpfen wird. Laut IDC sind die Notebook-Verkäufe für Heimanwender im letzten Quartal abgesackt. Betroffen sind vor allem
Acer und
Fujitsu Siemens. Auch bei den stationären PCs fürs Heim sind die Verkäufe im zweiten Quartal um fast zwei Drittel geschrumpft. Ausser
HP kamen alle Marken flach raus. Als einen Grund für die verhaltene Nachfrage sehen Experten die verspätete Auslieferung von Microsofts Betriebssystem «Windows Vista». Es sollte ursprünglich im Herbst auf den Markt kommen, wird aber nun erst im Januar 2007 erscheinen zu spät für das Weihnachtsgeschäft. Das Weihnachtsgeschäft retten sollen bei einigen Händlern Tiefpreisaktionen und Vista-Gutscheine für die ermässigte oder kostenlose Aktualisierung der Software. Der Rest hofft auf die an der IFA präsentierte neue Hardware und deren Verfügbarkeit zu Weihnachten. (sk)