Sehr zum Leidwesen des Fachhandels shoppen die Konsumenten immer häufiger im Internet nach CE-Produkten: 95 Prozent der von IT Reseller befragten Händler nehmen deshalb die grossen Shops im Internet als Konkurrenz wahr. Der eigene Webshop neben dem Fachgeschäft wird immer beliebter: Rund 45 Prozent der Händler versuchen, ihr Einkommen mit dem Betrieb einer «Filiale» im Web aufzubessern. Sie erhoffen sich auf diese Weise ,neue Kundschaft zu angeln und ihr Absatzgebiet über die engen, dörflichen Grenzen hinaus auszudehnen. Im Internet erwirtschaften sie dabei in den meisten Fällen eine einstellige Prozentzahl ihres Umsatzes.
Keine Konkurrenz für reine Web-Händler
Diese Entwicklung ist den etablierten Internet-Händlern nicht verborgen geblieben: «Es versuchen immer mehr traditionelle Fachhändler, auf den E-Commerce-Zug aufzuspringen», sagt Lukas Thoma, einer der Gründer der Internet-Mall Netto24.ch. Oft handle es sich dabei um Mitglieder der Fachhandelsgruppe Tetora, so Thoma weiter. «Diese Händler mussten in den letzten Jahren miterleben, wie neue Player wie wir mit relativ bescheidenen Mitteln in kurzer Zeit zu angesehenen Unternehmen herangewachsen sind», erklärt der Internet-Pionier. Es genüge aber nicht, einfach eine Preisliste ins Internet zu stellen und auf die grossen Umsätze zu hoffen. Vielmehr seien eine gute Kostenstruktur, optimierte Prozesse und viel Know-how im Bereich E-Marketing erforderlich, um heute im Internet noch Erfolg haben zu können. «Aus diesem Grund bin ich der Meinung, dass diese Versuche nicht erfolgreich sein werden. Die Geschäftsmodelle eines Fachgeschäftes und eines E-Tailers sind sehr unterschiedlich und lassen sich kaum unter einem Dach vereinen», so Thoma. Das Fürchten lehrt ihn die Konkurrenz durch den Fachhandel auf jeden Fall nicht: «Wir unterscheiden uns unter anderem durch die grosse Verfügbarkeit ab Lager sowie die standardisierte und professionelle Auftragsverarbeitung».
Fachhändler geben sich zugeknöpft
Ihre Internet-Aktivitäten kommentieren die Fachhändler oft nur ungern – oder gar nicht. Die schriftliche Bitte um die Beantwortung von Fragen wurde von einigen Händlern, die sich mit einem Shop ein Zubrot verdienen, einfach ignoriert. «Das Fachgeschäft und der Shop werden strikt getrennt betrieben, eine Ansprechperson für den Shop können wir deshalb nicht nennen», hiess es etwa bei Media Discount in Wädenswil, dem Betreiber von Tagespreis.ch. Diese Haltung erstaunt nicht, denn viele Fachhändler begeben sich mit dem Betrieb eines Webshops aufs Glatteis. Hersteller und Generalimporteure beobachten diese Aktivitäten nämlich mit Argwohn. So etwa
Sacom, Schweizer Generalimporteurin der Marke
Pioneer, die unlängst die Produkte in zwei Klassen aufgeteilt hat: Premium-Produkte sind für den beratungsintensiven Verkauf über den Fachhandel bestimmt, während andere Produkte auch an Internet-Händlern geliefert werden. Wenn nun ein Fachhändler einen Webshop betreibt, kommt es vor, dass Premium-Produkte im Internet auftauchen.
Sanktionen für fehlbare Händler
Sacom-Sprecherin Rosmarie Saner (Bild) ist dies ein Dorn im Auge: «Bisher konnten wir nicht viel dagegen machen. Wenn ein Händler neben seinem Fachgeschäft den Internet-Kanal nutzt, dann ist dies sein gutes Recht», so Saner zu IT Reseller. Für
Sacom werde es aber dann schwierig, wenn der Händler im Internet mit sehr wenig Marge verkaufe, da er für diesen schmalen Verdienst weder Beratung noch Service anbieten könne: «Dann wendet sich der Endkonsument mit allen Fragen an uns, und wir müssen die Dienstleistung erbringen, die der Händler mit seiner niedrig getrimmten Marge nicht mehr finanzieren kann», klagt sie. Gleichzeitig verliere der Fachhandel durch die niedrigen Preise im Internet seine Kundschaft und müsse wegen des Preisdrucks wertvolle Dienstleistungen reduzieren: «Das ist natürlich ein Teufelskreis», so Saner weiter.
Die Antwort von Sacom fällt deshalb harsch aus: «In enger Zusammenarbeit mit
Pioneer Europe bauen wir derzeit eine selektive Distribution auf», verrät Saner. Die Zusammenarbeit mit denjenigen Fachhändlern, welche Premium-Produkte verkaufen dürften, wird dabei vertraglich genau vereinbart. Sollte ein Händler versuchen, Premium-Produkte im Internet zu verkaufen, sind auch Sanktionen ein Thema: «Wenn sich ein Händler wider Erwarten nicht an die vertraglichen Abmachungen halten sollte, sind Gegenmassnahmen vorgesehen», sagt Saner. Wie diese ausschauen, präzisiert die Sprecherin nicht.
Keine Angst bei John Lay
Beim Schweizer Panasonic-Importeur John Lay misst man die Webshops schon heute mit verschiedenen Ellen: «Wir verstehen uns als Distributor mit einem Gesamtleistungspaket. Neben den Produkten sind Dienst- und Serviceleistungen, die wir selber erbringen, ein wichtiges strategisches Profilierungsmerkmal. Damit dieser Effekt bis zum Endkunden durchdringt, muss ein Händler verschiedene Kriterien erfüllen. So gesehen kann ein Webshop niemals als Nebenverdienst betrieben werden, sondern muss in ein Gesamtkonzept integriert sein», sagt Urs Fischer, Geschäftsführer von John Lay. Im gleichen Atemzug relativiert er auch das Ausmass des Problems: «Die Marktanteile des Internet-Handels sind noch bescheiden», sagt er. Dieser Kanal verfüge zwar über ein grosses Potential, doch würde eine grosse Konsumentengruppe die persönliche Beratung im Fachgeschäft immer noch schätzen: «Unsere Distributionspolitik orientiert sich deshalb am Kundenverhalten», so Fischer weiter. (bor)