Serge Gansner - Der Dauerläufer

Serge Gansner hat Ausdauer. Er hat vor mehr als zehn Jahren zusammen mit seinem Geschäftspartner angefangen, die Integrationssoftware E2E zu entwickeln. Heute erhält das Produkt nicht nur Lob von allen Seiten, es kann sich auch bei ganz grossen Projekten gegen SAP, IBM oder BEA durchsetzen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2006/22

     

Der Hauptsitz von Serge Gansners Softwarefirma E2E liegt im Zentrum von Basel im Sankt-Alban-Quartier. Ein von aussen eher klein wirkendes, älteres Haus. Die Liegenschaft, früher genutzt von einer Anwaltskanzlei, erweist sich von innen als grosszügig gebautes Bürohaus der für Basel nicht untypischen bescheidenen, aber gehobenen Klasse. «Wir hatten grosses Glück mit dem Haus», sagt Gansner,und lächelt. «Wir hätten bei der Gründung unserer Firma nicht gedacht, so tolle Räumlichkeiten zu bekommen.» Die Besitzerin habe sich als sehr gross­zügig erwiesen und das Haus komplett auf eigene Kosten renoviert. Heute ist von der verstaubten Atmosphäre des früheren Mieters nichts mehr zu spüren. Die lichtdurch­fluteten Räume mit den Parkettböden auf drei Etagen, verbunden mit einer grosszügigen Treppe, bilden den passenden repräsentativen Rahmen für eine junge, aufstrebende Softwarefirma. Elegant und schlicht zugleich und seriös in der Anmutung.

Von den Anfängen

Von den Anfängen
So jung ist die Firma allerdings auch wieder nicht. Gansner, der nach einem abgebrochenen Medizinstudium («Ich habe nach zwei Jahren den Uni-Koller bekommen») beim damaligen Bankverein («Die Banken erschienen mir damals seriöser als die Pharmaindustrie») eine Informatiker­aus­bildung absolvierte, lernte bei dem Finanzinsitut seinen heutigen Geschäftspartner und Chief Technology Officer Alex Büch kennen. Beim Bankverein und später bei dessen IT-Tochter Systor war er als Programmierer, Analytiker und Projektleiter und später als Geschäftsleitungsmitglied der strategischen Geschäftseinheit Client/Server-Development tätig.
Bei der Fusion von Bankverein und UBS wurden die beiden mit ihrer Firma I.T. Trust als externe Berater beigezogen.

Systor wollte anders

Die Idee für das heutige Kernprodukt von E2E, den «E2E Bridge», hatten die beiden in den neunziger Jahren bei Systor geboren: Gansner und Büch wollten kurz gesagt die Geschäftsprozesse innerhalb der Applikationen und nicht am Arbeitsplatz des Sachbearbeiters verwalten. «Damals ging es bei der Übernahme des Bankvereins durch die UBS um die technische Integration des Retail-Geschäfts», sagt Gansner. «Wir wollten einen Echtzeitmotor haben, den man dauernd mit Informationen füttern kann.»
Umgesetzt werden sollen hätte die Idee in IBM-Labors, und ein Joint Venture von Systor und IBM wäre für die Produktvermarktung vorgesehen gewesen. Die beiden konnten sich mit ihrer Idee nicht durchsetzen und entschlossen sich deshalb dazu, das Unternehmen zu verlassen und auf eigene Faust ihrer Vi­sion zur Vereinfachung von Systemintegration und Prozessverwaltung nachzugehen.
Die Umsetzung der Idee gelang allerdings nicht von heute auf morgen. Schliesslich mussten die beiden auch Geld verdienen und boten deshalb mit ihrer ersten Firma IT-Trust Dienstleistungen im Projektmanagement-Bereich an. Nebenher wurde aber immer an der E2E-Bridge weitergetüftelt.

Keine Me-Too-Story

Mittlerweile kann E2E auf das Dienstleistungsgeschäft verzichten. Im Frühling dieses Jahres erhielt die Firma fünf Millionen Franken Investi­tionskapital und konzentriert sich nur noch auf die Entwicklung und Vermarktung ihres Produts. «Wir bekommen zwar immer wieder zynische Bemerkungen zu hören, und es ist nicht leicht, gegen die grossen Player anzukämpfen», sagt Gansner. «Wenn wir aber von der Präsentation bis zum Proof of Concept kommen, sind wir immer erfolgreich.» Dies deshalb, weil man innerhalb des Proof of Concept konkret nach dem schwierigsten Integrationsfall fragt und vor Ort in 2-5 Tagen beweist, dass mit dem Produkt das Problem zu lösen ist.
Ausschlaggebend dafür, dass E2E gegen Branchenriesen wie IBM, BEA oder SAP bestehen kann, ist die Tatsache, dass sich durch den Einsatz der Software der Integrationsaufwand enorm verringern lässt. Die E2E Bridge ermöglicht es, auf das Codeschreiben für die Individualprogrammierung zugunsten der Entwicklung des Designs der Architektur und damit der Einbindung der Systemkomponenten zu verzichten.

Erste Erfolge erzielt

Dass die Software offenbar überzeugt, zeigt sich am Beispiel der Referenzkunden UBS, Swisscom und des riesigigen Schweizer Supply-Chain-Konzerns DKSH. Bei letzterem handelt es sich um ein Projekt zur Integration von 76 verschiedenen Interfaces, bei dem E2E gegen SAP erfolgreich gepitcht hat. Und bald stehe die Unterzeichnung eines grösseren Deals mit einem multinationalen Grosskonzern an, dessen Name Gansner zum heutigen Zeitpunkt noch nicht nennen darf.
Die Firma erhält durch ihre unbändigen PR-Maschinerie mittlwerweile auch «Coverage» in den wichtigsten Printmedien. So bezeichnet etwa die Wirtschaftszeitung «Cash» E2E als die «attraktivste Schweizer Softwarefirma». Hinzu kommt Unterstützung von Analysten und Marktforschern wie Butler Group und Gartner, bei deren Konferenzen E2E seit jüngstem Aussteller und Sponsor ist. «Wir sind an einem wichtigen Punkt angelangt», fasst Gansner die heutige Situation zusammen. «Die Medien nehmen uns wahr, und die Referenzkunden erleichtern uns bei Partnern und neuen Kunden den Einstieg.»

Serge Gansner

Serge Gansner wurde 1961 geboren und wuchs in der Region Basel auf. Nach dem Gymnasium, das er mit einer B-Matura (Latein) abschloss, beanspruchte er die Hilfe eines ­Berufsberaters, der ihm dazu riet, entweder Sozialarbeiter oder Programmierer zu werden. Nach seiner Zeit bei Bankverein und Systor ­gründete er 1996 zusammen mit Alex Büch seine erste Firma IT-Trust, aus der E2E hervorging.
Heute ist er als CEO der Firma einmal pro Quartal rund um die Welt auf Reisen. Auch im Ausland geht er drei- bis viermal die Woche seinem liebsten Hobby, dem Dauerlaufen nach – je nach Tagesplan morgens, mittags oder abends.
Gansner ist seit 20 Jahren verheiratet und wohnt mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern (14 und 17 Jahre) und der Labrador-Dame Dina in Pfeffingen BL. Er isst gern gut und liebt gute Weine. Er lässt es sich nicht nehmen, jedes Jahr mit seiner Familie mindestens drei, lieber vier Wochen Urlaub zu machen: «Das geht auch in der momentanen Situation, man braucht sich bloss zu ­organisieren.» Bevorzugtes Reiseziel sind die USA, zum Beispiel ­Kalifornien oder Florida. (mh)


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