Hubert Yoshida, Chief Technology Officer bei
Hitachi Data Systems, gilt als einer der einflussreichsten Speichertechnologie-Experten der Welt. Bevor er 1997 bei Hitachi anheuerte, arbeitete er während 25 Jahren für
IBM. IT Reseller hat die Koryphäe in London anlässlich der Hitachi-Messe «Inspire Life» zu einem Exklusivinterview getroffen.
IT Reseller: Herr Yoshida, wie wichtig ist die Schweiz für Hitachi?Hubert Yoshida: Ich besuche die Schweiz regelmässig, denn Schweizer Firmen sind schon lange wichtige Kunden für uns. Gerade bei Banken sind wir sehr stark vertreten, weil da auch unsere Stärken liegen: Im Bereich Zuverlässigkeit und Geschwindigkeit.
Ihre Kunden sind vor allem global agierende Grossunternehmen. Fällen die ihre Entscheidungen wirklich in der Schweiz?Nein, diesbezüglich verliert die Schweiz für uns zunehmend an Bedeutung. Die IT-Entscheidungen einer UBS werden heute in New York oder London getroffen. Dieser Wandel ist seit ein paar Jahren spürbar.
Schnellem Wandel sind auch die Anforderungen an Speichertechnologien ausgesetzt. Welche Entwicklungen sind längerfristig von Bedeutung?Vor allem eines ist fundamental: Die Art von gespeicherten Daten ändert sich radikal. Wir bewegen uns weg von Datenbanken in Richtung unstrukturierte Daten.
Sie meinen damit Daten, die von RFID-Chips gesammelt werden?RFID-Chips sind ein Faktor, ja. Es gibt aber noch viel mehr solche Datensammler. In den USA kontrollieren beispielsweise implantierte Chips den Gesundheitszustand der tragenden Person - etwa den Zuckerspiegel. Oder nehmen wir den neuen Airbus: Er überwacht so ziemlich alles, was an Bord und in seiner Umgebung passiert. Ausserdem speichern private PC-Benutzer zunehmend ihre Daten auf dem Netz und nicht mehr lokal. Auch das sind unstrukturierte Daten.
Vor welche Herausforderungen werden Speicherverwalter und Hersteller dadurch gestellt?
Vor welche Herausforderungen werden Speicherverwalter und Hersteller dadurch gestellt?Die gespeicherte Datenmenge wird explodieren. In ein paar Jahren werden wir nur noch in Exabytes rechnen, das sind eine Milliarde Gigabytes. Zudem sind Sensordaten ungeordnet, müssen zur Auswertung also viel stärker prozessiert werden, als menschlich erfasste Daten. Dass diese Daten auch noch automatisiert über Netzwerke gesammelt werden, macht die Sache auch nicht gerade einfacher.
Wie bringen Sie wieder Ordnung in dieses Chaos?Wir versehen die Sensordaten mit einer Art Metatag, um die Datenobjekte bearbeitbar zu machen. Das ist der erste Schritt.
Sie haben dafür einen neuen Begriff definiert: «Service Oriented Storage Solutions», kurz SOSS. Ein Schlagwort?Nein, auf gar keinen Fall. Es handelt sich um eine neue Betrachtungsweise, für die wir von Analysten wie IDC gelobt wurden. Ich bin überzeugt, dass wir in ein paar Jahren auch private Daten wie Musik und Filmaufnahmen auf zentralen Servern speichern werden. Deshalb brauchen wir dienstleistungsorientierte Speicherlösungen.
Ganz knapp bitte: Was ist daran neu?SOSS vergleichen wir mit SOA. Bei SOA lässt sich eine klassische Dienstleistung wie die Rechnungsstellung über die Abstraktionsebene XML wiederverwenden. Bei SOSS erledigt eine Virtualisierungssoftware auf der Steuerbox diese Wiederverwendbarkeit. Kurz: Mit SOSS können Speicherverwalter Komplexität und Kosten senken.
Kosten senken kann man hauptsächlich mit einem tieferen Stromverbrauch. Macht das wirklich so viel aus, bei derart grossen Investitionen?Ja, das lohnt sich. Wir haben nämlich festgestellt, dass Speicherplatz oft nur zu 20 bis 30 Prozent genutzt wird. Diese Auslastung kann man mit unseren Lösungen auf bis zu 80 Prozent steigern. Zum Stromverbrauch unserer Produkte: Der sinkt in Verbindung mit besserer Auslastung und Effizienz massiv, derweil der Strompreis stetig steigt.
Die gesteigerte Effizienz und den tieferen Stromverbrauch verkaufen Sie dann auch gleich als Green IT. Die Bildsprache von Hitachi erinnert hier in London an die des WWF.Zugegeben, Green IT ist ein Hype, allerdings ein längst fälliger. Mich stört das aber nicht, es lenkt die Aufmerksamkeit auf ein dringliches Problem.
Unternehmen haben von jeher ein finanzielles Interesse an Effizienzsteigerungen. Es gibt keine neuen Lösungen für den Umweltschutz, nur Marketinginitiativen. Das stimmt so nicht. Wir evaluieren jedes Produkt auch auf seine Rezyklierbarkeit, verbessern die Effizienz auch in der Herstellung, giftige Substanzen in unseren Produkten reduzieren wir fortlaufend - und das alles schon seit Jahren. Ausserdem löschen wir jetzt öfter die Lichter oder stellen unsere Monitore aus.
Zwischen 2000 und 2006 verdoppelte sich der Energieverbrauch für Speicher in den USA. Lässt sich der Strombedarf trotz der weiterhin explodierenden Nachfrage mit Effizienz stabilisieren?Es ist ein Wettlauf. Die Speicherkapazitäten steigen enorm. Wir senken den Stromverbrauch kontinuierlich - unter dem Strich, befürchte ich, wird der Strombedarf weiter zunehmen. (Claudio De Boni, London)