Im Technopark in Unterwindisch ist die Atmosphäre etwas verloren, der Regen klatscht ans Fenster, Cyrill Schmid serviert einen Espresso: «Ich weiss eigentlich gar nicht, worum es geht», sagt er und lacht. Ähnlich ging es ihm wohl auch, als es darum ging, einen beruflichen Weg einzuschlagen. Ursprünglich wollte Schmid Innenarchitekt werden. Wieso er sich dann doch für die kaufmännische Lehre entschied, könne er heute nicht mehr genau sagen. «Im gestalterischen Bereich ging damals keine Tür für mich auf und ich hatte keine Lust mehr auf Schule. Ich wollte schnell eigenes Geld verdienen.»
Zwei Welten zusammengeführt
Nach der Lehrzeit entschied er sich dann aber doch erst einmal für ein paar Wanderjahre im Ausland. Sein erster, richtiger Job verschlug Schmid in die Kunststoffindustrie als Sachbearbeiter und später Projektleiter. «Der Dienstleistungssektor hat mich damals nicht interessiert, es musste etwas sein, wo ein Produkt hinten rauskommt», sagt er. Zu dieser Zeit begann er sich bereits für Organisationsentwicklung und Prozessgestaltung zu interessieren.
Zur Schule ging er dann doch nochmal: Zuerst absolvierte er eine betriebswirtschaftliche Weiterbildung am SIB in Zürich und schloss später ein Nachdiplom-Studium an der Fachhochschule Brugg-Windisch in Prozess- und Logistikmanagement ab. «Ich hatte damit die beiden Welten Technik und Betriebswirtschaft näher zusammengebracht», sagt Schmid. Wie es der Zufall wollte, suchte die Fachhochschule einen Mitarbeiter, der genau solche Projekte, die Technik und Betriebswirtschaft verbinden, angehen würde. «Von Karriereplanung also keine Spur», lacht Schmid. «Es bieten sich im Leben halt Chancen, die man nutzen oder vorbeiziehen lassen kann.» In jenen Tagen organisierte Schmid auch erstmals die «Topsoft». Die Business-Software-Messe war damals noch ein Produkt der Fachhochschule. «Ich hatte aber nicht vor, Messeveranstalter zu werden», sagt Schmid. Vielmehr wollte er sich an der Fachhochschule erweitertes Wissen aneignen und nach 3 bis 4 Jahren zurück in die Industrie gehen oder sich selbständig machen.
Die Geschäftsgründung
2005 hat Schmid schliesslich zusammen mit seinem ehemaligen Dozenten und heutigen Geschäftspartner Marcel Siegenthaler die Topsoft von der Fachhochschule abgekauft und Schmid + Siegenthaler Consulting gegründet. «Wir ergänzen uns ideal», sagt Schmid. «Marcel ist der Maschineningenieur mit grossem, technischem Background, ich bin eher der Generalist.» Mit der Topsoft ging es seither denn auch steil bergauf. Die Berner Frühlingsausgabe 2008 ging kürzlich erfolgreich über die Bühne. Die Messe soll nun auch weiterhin wachsen, allerdings im Rahmen des Fokus Business-Software. Hardware ist kein Thema. Hingegen sollen weitere Business-Software-Themen, wie Business Intelligence oder Dokumenten-Management, die bisher noch zu wenig angegangen wurden, künftig verstärkt gepusht werden. Immer in Zusammenarbeit mit neutralen Beratern, die sich auf bestimmte Teilbereiche spezialisiert haben. Auch das Online-Portal der Topsoft soll ausgebaut werden: Künftig sind für alle Online-Bereiche Marktübersichten, virtuelle Messeauftritte bis hin zu Online-Ausschreibungen geplant.
Der Grossteil ist ausgelagert
Schmid + Siegenthaler Consulting besteht aus drei Festangestellten, der Rest sind Freelancer, die je nach Bedarf eingesetzt werden. «Marketing. Kommunikation und Standbau haben wir ausgelagert, um uns auf unsere Kernkompetenzen konzentrieren zu können», sagt Schmid. «Wir haben keinen Wasserkopf und können unsere Kosten tief halten.»
Neben der Topsoft-Organisation ist Schmid als Berater im Bereich Prozess- und Organisationsgestaltung sowie Software-Auswahl in der KMU-Landschaft unterwegs. Seine Kunden, Firmen mit 20 bis 120 Mitarbeitern, kommen mehrheitlich aus der Industrie, dem Handel und dem Dienstleistungsgewerbe. Die Probleme kleinerer Unternehmen unterscheiden sich hinsichtlich Komplexität meist nicht so stark von jenen grösserer Firmen. In der Regel würden die Kunden ihre Probleme im Tagesgeschäft gut kennen, wüssten aber nicht, wer die Antworten auf ihre Fragen habe. «Sie kennen die Chancen, die ihnen moderne IT-Lösungen bieten, oft nicht.» Für Schmid gibt es keine schlechte Standard-Software, sondern nur solche, die nicht passe. «Die Anbieter tun zu wenig, um das Potential verständlich und lösungsorientiert auf den Punkt zu bringen. Für KMU ist es nicht einfach, jene Lösung auszuwählen, die ihr Geschäft optimal unterstützt», sagt er. «Es kann sich fatal auswirken, wenn man sich zu schnell auf ein paar wenige Anbieter konzentriert und nicht den ganzen Markt abcheckt. Am Ende entscheidet man sich womöglich für einen grossen oder bekannten Namen oder für die Software, die der Golfpartner einsetzt.
Cyrill Schmid
Cyrill Schmid wurde 1968 in Neuenkirch bei Luzern geboren, wo er auch aufgewachsen ist und heute noch lebt. Mit seiner Frau, seiner achtjährigen Tochter und seinem fünfjährigen Sohn wohnt er im umgebauten Bauernhaus seiner Eltern. Schmid arbeitet gern und viel, ist schon 5 Uhr morgens im Büro und sitzt mitunter noch nachts am Schreibtisch. Da er am gleichen Ort arbeitet und wohnt, sei er aber für seine Familie immer gut sicht- und fast jederzeit verfügbar, sagt er. «Ich bin nicht der Feierabend-Papi, der sich nach der Arbeit abends schnell 5 Minuten Zeit für seine Kinder nimmt und das dann als Quality Time bezeichnet.» Das tägliche gemeinsame Frühstück steht genauso fest im Tagesplan, wie zwischendurch mit den Kindern und dem Hund mal schnell in den Wald gehen.
In seiner Freizeit treibt Schmid viel Sport, am liebsten steht er, und mit ihm der Rest der Familie, auf Skiern. «Diese Saison ist genial, wir sind seit November auf den Brettern», schwärmt er. Ausdauersport helfe ihm, seine Gedanken zu ordnen. «Ich bin ein Bewegungs-Neurotiker», sagt er von sich selbst. «Ich brauche meinen Auslauf, sonst bin ich ungeniessbar.»
Seine zweite Leidenschaft, das Reisen, ist etwas in den Hintergrund gerückt. Schmid liebt die Berge: Vor ein paar Jahren war er im Himalaja am Annapurna-Bergmassiv in Nepal, ein Trip in die Anden steht noch aus. Auch seine kreative Ader - zeichnen, malen, Möbel entwerfen - ist nicht versiegt, sie schlummere nur auf Sparflamme. «Aber an einem Bauernhaus gibt es ja immer etwas zu werkeln.» (Susann Klossek)