IT Reseller: In naher Vergangenheit hat die Business-Intelligence-Branche eine starke Konsolidierung erfahren. Was steht 2009 auf dem Programm?
Björn Trieloff: Jetzt steht die Integration der Akquisitionen im Mittelpunkt, beispielsweise diejenige von
Business Objects in
SAP. Auch die Veränderungen bei Cognos sind interessant. Des weiteren ist zu beobachten, dass
Microsoft auf den BI-Markt immer aggressiver auftritt.
Inwiefern?
Man kann über Microsoft sagen, was man will, aber wenn sie etwas ankündigen, dann ziehen sie es durch. Vor zwei Jahren war Microsoft in Sachen BI noch nicht wirklich auf dem Radar der Marktforscher. Mittlerweile sind sie sehr stark geworden und werden beispielsweise von Gartner mit den ganz Grossen wie Cognos und Business Objects in einem Atemzug genannt.
Wie kommt das?
Sie können das Argument der Benutzerfreundlichkeit und mitunter die Lizenzsituation in die Waagschale werfen. Es sieht aus wie Excel und fühlt sich an wie Excel. Viele Firmen sagen, Excel sei die Wurzel allen Übels. Das ist schlicht falsch. Es kommt wesentlich auf die Qualität der Daten an, mit welchen beispielsweise Excel arbeitet und die Prozesse drumherum.
Wie hat den SAP von der Übernahme von Business Objects profitiert?
SAP spielt jetzt auch im Konzert der Grossen mit, auch wenn der Konzern sicherlich noch eine völlig normale Lernkurve in Sachen Business Intelligence durchwandern muss.
Also muss sich SAP erst noch als BI-Spezialist beweisen?
SAP wird oft verteufelt. Dabei muss man anerkennen, dass es ohne SAP - soweit würde ich gehen - keine Diskussion über BI geben würde. Die konsolidierte Datenhaltung und die prozessorientierte Sicht auf das Unternehmen gäbe es so nicht. Wir hätten noch mehr Insellösungen. Der grosse Effort im Meta- und Stammdatenmanagement wäre ohne SAP nie so betrieben worden. Die Dominanz der Lösung begünstigte die Schaffung von Standards. SAPs Schwäche war dagegen stets die Darstellung der Daten. Man hatte zwar alle Informationen, es war jedoch oft schwierig, diese zu finden.
Dieses Problem kann mit
Business Objects gelöst werden?
Ja. Es geht um die Entmystifizierung der Daten. Früher hatten oft nur eine handvoll Spezialisten den Überblick.
Seit der Konsolidierung des Marktes werden Anbietern wie Microstrategy oder SAS schwere Zeiten prophezeit, weil eben
SAP,
Oracle oder
Microsoft ihre Applikationen mit BI versehen.
Was ich heute beobachte ist, dass einige Software-Hersteller, um sich zu positionieren, nach dem FUD-Prinzip vorgehen, also Fear, Uncertainty and Doubt, zu Deutsch: Furcht, Ungewissheit und Zweifel. Es kommen viele verunsicherte Leute auf mich zu, die nicht wissen, ob sie besser heute etwas unternehmen oder noch warten sollen, «Strategic guidance» ist hier das Stichwort. Die grossen Hersteller üben natürlich gewaltig Druck aus, um Marktanteile zu sichern respektive zu gewinnen.
Versuchen sie den Kunden Dinge anzudrehen, die sie nicht brauchen?
So würde ich das nicht sagen. Jeder Hersteller ist heute vertikal unterwegs, will also an bestehende Kunden weitere Produkte verkaufen. Wenn ein Hersteller die gesamte Wertschöpfungskette abdeckt und den Kunden sagt, dass die Kosten für ein weiteres Produkt, insbesondere dessen Einführung, viel günstiger ist als ein komplett neues, kommt diese Botschaft angesichts der Wirtschaftslage natürlich gut an. Ich glaube schon, dass momentan viele Firmen aus finanziellen Gründen Dinge tun, die strategisch nicht unbedingt sinnvoll sind.
Was bedeutet das für Sie?
Mich ärgert es beispielsweise, wenn ich in eine Firma komme und mir gesagt wird, dass man dieses oder jenes Produkt haben wolle. Das ist oft Unsinn. Die Wahl des richtigen Tools darf erst nach der Analyse getroffen werden. Wir brauchen einen Lösungsfokus, nicht einen Toolfokus.
Das Problem liegt doch darin, dass es viele unterschiedliche Tools für unterschiedliche Zwecke gibt, die preislich sehr weit auseinanderliegen. Wissen die Kunden genug, um ihren Bedarf abschätzen zu können?
Das ist sehr unterschiedlich. McKinsey macht jedes Jahr eine Liste der wichtigsten Technologie-Trends. BI ist immer sehr weit oben. Irgendwann kommt der CEO und sagt: Dieses BI-Tool brauchen wir auch. Dann heisst es oft, dass man schon ein Datawarehouse habe. Das hat natürlich nichts mit BI zu tun. BI ist aber auch kein Hexenwerk. Es geht um die Distribution von Daten, darum, die richtigen Informationen in ausreichender Qualität, rechtzeitig der richtigen Person zukommen zu lassen, damit die richtigen Geschäftsentscheidungen getroffen werden können. Um das zu ermöglichen, müssen zuerst die Geschäftsziele und Prozesse innerhalb des Unternehmens angeschaut werden. Erst dann, wenn ich zugehört habe, kann ich seriös beraten und eine wirklich nachhaltige Lösung empfehlen.
Welche Rolle spielen die Mitarbeitenden einer Firma? Ihr Verhalten beeinflusst die Qualität der Daten enorm.
Das ist richtig. Ein Mitarbeitender hält sich oft nur dann an einen Prozess, wenn er etwas davon hat. Knallhart argumentiert: Damit er seinen Job behält. Zielführend ist, wenn er dafür belohnt wird. Die Erhaltung der Datenqualität gehört zur Zielvereinbarung, an der die Angestellten gemessen werden sollten. Die wahre Belohnung liegt aber in den Informationen, die sie danach zur Verfügung haben. Sie können ihre Arbeit besser machen, und das wissen die meisten zu schätzen. (Markus Gross)