Seit der Dotcom-Krise und dem Platzen der Internetblase um die Jahrtausendwende versuchte sich
Sun Microsystems wieder jenen Glanz zurückzuerobern, den der Konzern aus dem Silicon Valley in den 90er Jahren einst hatte. Aus eigener Kraft ging es mit Sun allerdings seither eher schleppend wieder aufwärts. Der Erfinder der Java-Software hat in fünf der letzten acht Jahre rote Zahlen geschrieben und stellt derzeit jeden fünften seiner weltweit rund 30'000 Mitarbeitenden auf die Strasse.
IBM ist auf Java scharf
Einen Ausweg aus der Misere hätte da ein grosser Partner wie
IBM bieten können, der seit geraumer Zeit um Sun gebuhlt hat. Diversen Medienberichten zufolge habe sich Sun seit einigen Monaten diversen Technologie-Konzernen sogar selbst zum Kauf angeboten. Ersten Vereinbarungen zufolge soll IBM 6,5 Mrd. Dollar für Sun geboten haben. Experten halten den Deal für IBM genauso wichtig, wie für Sun, denn Big Blue könnte mit der Übernahme von Sun seinem ewigen Erzrivalen
Microsoft an den Karren fahren.
Mit «Sun Micro» und «Java» würde IBM stärker in Microsofts Gefilde vordringen. «IBM will Sun nicht wegen der Hardware», erklärt Rüdiger Spies vom Marktforscher IDC gegenüber der Finanz-Nachrichtenagentur DPA-AFX. «IBM will vor allem Java haben.» Die Programmierplattform wird in PCs, Servern und auch Handys eingesetzt. Auch Handyherstellern käme eine Fusion der beiden Konzerne gelegen, um Microsofts riesigen Einfluss ein wenig in Schach zu halten. Zudem würde sich IBM mit einem Kauf von
Sun Microsystems auch zum Serverkönig aufschwingen.
Nach seinem Erstangebot ist IBM nun vorletzte Woche erneut über die Bücher gegangen und habe festgestellt, dass Sun weniger wert sei, als gedacht, wie ein Informant der Nachrichtenagentur Reuters steckte. IBM liess verlauten, nur rund 9,55 Dollar statt bis zu 11 Dollar pro Sun-Aktie zahlen zu wollen - ein Preis, den Experten für äusserst günstig halten. Wie das «Wall Street Journal» zu wissen glaubte, habe Sun der Kürzung zugestimmt, wenn IBM im Gegenzug verbindlichere Zusagen mache.
Deal vorläufig geplatzt
Nur einen Tag später ist der Deal am Wochenende vor einer Woche aber nun offensichtlich geplatzt. Sun sei unzufrieden mit dem IBM-Angebot, weshalb die Gespräche - die beide Partner übrigens nie offiziell bestätigt hatten- abgebrochen worden seien. Laut dem «Wall Street Journal» handelt es sich dabei um mehr als bloss einen Verhandlungstrick. Im Silicon Valley zumindest glaubt man unterdessen, dass dem Verwaltungsrat unter der Führung von Firmengründer Scott McNealy jeder Preis zu niedrig sein dürfte, weil dieser im Grunde gar nicht verkaufen wolle. (Susann Klossek)