Wenn das schnelle Geld lockt


Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2009/09

     

Das wirtschaftliche Tief hat selbst den bis anhin so beständig dahinfahrenden Software-Supertanker SAP ins Schlingern gebracht. Zunächst reagierte die Geschäftsleitung um Léo Apotheker nur mit kleinen Einschnitten: So wurden die internen Reisen von Mitarbeitern auf ein Minimum reduziert und die Hausmesse Sapphire in Berlin abgeblasen.

Es schien zu helfen. Trotz einer Abschwächung der Nachfrage im zweiten Halbjahr 2008 übertraf SAP die Erwartungen und konnte den Umsatz im ­Jahresvergleich steigern. Doch für den börsengetriebenen Konzern schien das nicht zu genügen. Erstmals in der ­Geschichte baute SAP 3300 Stellen ab - immerhin ohne Entlassungen, sondern mit dem Verzicht auf den Ersatz von natürlichen Abgängen. Damit, so Apotheker, sollen ab 2010 jährlich 350 Millionen Euro gespart werden.


Doch auch damit hatten die Wall­dorfer noch nicht genug. Jetzt sollen die Kunden zur Kasse gebeten werden. SAP strich kurzerhand den Standard-Support aus dem Angebot und beschied den Kunden, dass fortan alle den um rund 30 Prozent teureren Enterprise-Support zu bezahlen hätten. Als Begründung gab SAP die gestiegene Komplexität der IT-Infastrukturen an, der mit dem Standard-Support nicht mehr entsprochen werden könne.
Bald gründeten die Kunden weltweit Interessengemeinschaften um die Zwangsmassnahme des Konzerns zu bekämpfen. In manchen Ländern mit mehr Erfolg als in anderen. Kritik wurde laut an einem Bonus-Malus-System, das nur die Kunden bestraft (SAP aber ausnimmt), an international unterschiedlichen Verträgen und einem versprochenen, aber laut Kunden nicht nachweisbaren Mehrwert.

Es erstaunt tatsächlich, wenn sich ein Unternehmen derart mit den eigenen Kunden anlegt. Kein Wunder kommt hier und da der Verdacht auf, dass SAP in erster Linie rückläufige Geschäfte mit Neulizenzen auf einfachste Art und Weise zu kompensieren sucht, um die Anleger zufriedenzustellen. Auch wenn die Kunden nicht so einfach den Anbieter wechseln können: Langfristig gesehen ist diese Strategie riskant. ­Eine ­etwas langsamere Gangart und ­eine bessere Gesprächskultur hätten sicher weniger Staub aufgewirbelt.

Markus Gross
Redaktor


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