Ich kann das Wort Krise nicht mehr hören. Wie eine Krake hat es sich in mein Gehirn gefressen und verfolgt mich seither auf Schritt und Tritt. Neulich fuhr ich gutgelaunt auf der Autobahn und stellte zu meinem Unglück das Radio ein: «Steigende Arbeitslosenzahlen und rückläufige Auftragseingänge», tönte es aus dem Lautsprecher. Entnervt stellte ich das Radio wieder aus. Gleichentags beim Nachtessen offenbarte mir meine Frau, dass ab sofort Sparen angesagt sei. Schliesslich hätten wir jetzt ja die Krise. Eingekauft würde bis auf weiteres nur noch bei Aldi und Lidl. Frustriert schnappte ich mir ein Bier, fläzte mich aufs Sofa und wollte mir die Tagesschau angucken. Doch das hätte ich lieber bleiben lassen. Denn auch hier war von nichts anderem die Rede als von der Krise. Und als ob dies alles nicht schon schlimm genug wäre, haben wir nun seit neustem auch noch die Schweinegrippe! «Wir leben in einem goldenen Zeitalter und merken es nicht», schrieb Professor Norbert Bolz neulich in einem bemerkenswerten Artikel im «Tagesanzeiger» über das Thema Hoffnung. Darin kritisiert er unter anderem auch den Klageton, welcher in den Medien seit Jahren vorherrsche.
Durch das «Aufkochen» schlechter Nachrichten lässt sich zwar nachweislich die Auflage steigern, doch kann damit auch viel Schaden angerichtet werden, wie folgendes Beispiel zeigen soll: Im Jahre 2003 starb in Deutschland ein Kind nach dem Verzehr eines Tortenstücks der Firma Coppenrath & Wiese. Deutsche Zeitungen berichteten bundesweit über diesen Unglücksfall. Die Leserzahlen schnellten in der Folge sprunghaft nach oben. Als sich am Ende herausstellte, dass das Kind gar nicht an diesem Tortenstück gestorben ist, sank das Interesse an diesem Fall wieder rasant. Was in den Köpfen der Leser aber hängen blieb war die negative Berichterstattung über Coppenrath & Wiese.
Auch in der aktuellen Wirtschaftslage spielen Medien mitunter eine unglückliche Rolle: Sie schreiben hauptsächlich über Firmen, welche auf die Kostenbremse drücken und Mitarbeiter auf die Strasse stellen. Dass es daneben zum Beispiel in der IT-Branche nach wie vor kerngesunde Firmen gibt, wird geflissentlich verschwiegen. Meist handelt es sich dabei um KMU-Unternehmen oder Nischenplayer, mit einem klar begrenzten Markt. Ihre Dienstleistungspalette ist darauf ausgerichtet, die Kosten des Kunden zu senken oder dessen Effizienz zu steigern. Es wären solche Positivmeldungen, die Mut machen würden. Doch sie gehen in der Flut von Negativschlagzeilen unter oder werden gar nicht erst erwähnt. Zu Recht meinte der ehemalige Bundesrat Christoph Blocher kürzlich in einem Interview mit dem Lokalsender «Tele Züri», dass man Optimismus ausstrahlen müsse in wirtschaftlich schwierigen Zeiten und zu Vorsicht mahnen soll, wenn alle euphorisch seien. Diesen Satz sollten sich einige Verkäufer hinter die Ohren schreiben, welche ihr mangelndes Engagement mit dem härter gewordenen Marktumfeld zu entschuldigen versuchen.
Was aber machen jene Vertriebsmitarbeiter besser, die auch in der aktuellen Situation erfolgreicher sind als die anderen? Dazu die folgenden Erläuterungen:
Sich nicht verunsichern lassen
Auch gute Verkäufer bekommen die Verunsicherung ihrer Kunden zu spüren. Auch bei ihnen werden sicher geglaubte Aufträge gestoppt. Doch anstatt die Flügel zu strecken, sagen sie sich: «Und jetzt erst recht!» Sie arbeiten härter, verlagern den Fokus auf Dienstleistungen mit einem klaren Kundennutzen und scheuen nicht davor zurück, nebst dem bestehenden Kundenportfolio auch vermehrt Neukunden zu akquirieren. Sie suchen permanent nach neuen kreativen Wegen, ihre Umsatzvorgaben doch irgendwie zu erreichen. So eine Vorgehensweise ist anstrengend. Doch es hat nie niemand behauptet, dass es leicht sei, ein erfolgreicher Verkäufer zu sein.
Beim Kunden vor Ort sein
Ich habe neulich ein aufschlussreiches Gespräch mit einem äusserst kompetenten Account Manager geführt. Er ist verantwortlich für die Betreuung internationaler Key Accounts aus der Finanzindustrie, und von Projektverzögerungen und Budgetkürzungen besonders hart betroffen. Trotz widriger Umstände schaffte er es, knapp 90 Prozent seiner Umsatzvorgaben zu erreichen. Auf meine Frage, wie er denn das fertiggebracht habe, meinte er: «Ich bin präsent vor Ort beim Kunden. Ich bin für den Kunden da, auch wenn ich nicht unmittelbar etwas verkaufen kann. Das schafft Vertrauen und wird mir helfen, neue Geschäfte zu generieren, wenn die Marktsituation sich in absehbarer Zeit wieder ändern wird.»
Wie erfrischend klingt doch eine solche Aussage im Gegensatz zu Meinungsäusserungen griesgrämiger Verkäufer, welche frustriert den Kopf in den Sand stecken. Sie rühren keinen Finger mehr, weil sie überzeugt sind, ihre Umsatzziele sowieso nicht erreichen zu können. Und so garnieren sie dann fürs Nichtstun ein Fixgehalt von 90'000 Franken und mehr. Auch wenn es hart klingen mag: Verkäufer mit einer solch geschäftsschädigenden Einstellung gehören meiner Meinung nach fristlos gefeuert.
«Pessimismus ist die Krankheit eines Zeitalters, das nicht mehr an den Fortschritt zu glauben wagt», schreibt Professor Norbert Bolz an einer anderen Stelle seines eingangs zitierten Artikels. Wir alle sollten uns weniger in einer nicht enden wollenden Angstspirale gegenseitig nach unten ziehen, sondern mit Mut und Zuversicht hoffnungsvoll in die Zukunft blicken. Dazu nochmals Norbert Bolz: «Hoffnung ist der Angelpunkt des Erfolgs. Und wir alle wollen ja erfolgreich sein.»
Der Autor
Markus Schefer (41) ist selbständiger Personal- und Unternehmensberater. Daneben ist der ausgebildete Primarlehrer Dozent für das Fach «Verkauf» an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Basel. Er verfügt über langjährige Vertriebserfahrung im In- und Ausland, unter anderem bei
IBM und Reuters.
www.scheferpersonal.ch
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