«Ich bin Unternehmer», sagt Marco Quinter. Und obwohl Quinter kein eigenes Unternehmen hat - er ist Vice President Business Markets bei Cablecom - arbeitet er, wie er selbst sagt, «in einer Firma, in welcher ich Unternehmer sein kann.»
Zu Cablecom kam Quinter - nach Umwegen über Firmen wie
IBM und UBS - bereits 1996. Als externer IT-Berater sei er in die Firma gerutscht, seine erste Aufgabe bestand darin, ein CRM- und Billing-System einzuführen. «Cablecom bestand damals aus einer ganzen Palette akquirierter Firmen. Aus diesem Grund gab es damals nicht weniger als 16 Billing-Systeme. Mein Job bestand darin, innerhalb von 9 Monaten diese 16 Systeme auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen.» So fand Quinter den Weg in die Firma und übernahm nach dem Projekt die Verantwortung für die IT-Abteilung von
Cablecom. Diese wuchs durch den Zukauf von weiteren Firmen rasch auf über 100 Mitarbeiter an. «Und aus dieser IT-Abteilung heraus haben wir - ich und mein heutiger Stellvertreter Olav Frei - im Jahr 2000 die Business Solutions der Cablecom gegründet.»
Start-up-Stimmung
Als «spannende Zeit» beschreibt der Cablecom-Mann seine Anfangsphase bei der Firma. «Das Internet kam gerade auf, wir haben die ersten E-Mail-Systeme eingeführt, die ersten Homepages aufgeschaltet. Es herrschte eine Aufbruchsstimmung, eine Start-up-Stimmung - insbesondere auch in der Business-Solutions-Abteilung. Wir haben begonnen, das Netz zu designen und aufzubauen, einen eigentlichen Backbone gab es damals ja noch nicht. Und wir haben damals schon Glasfasern verbaut und die Kunden mit Glas angeschlossen.»
Die Start-up-Stimmung hat sich unter anderem auch in der Arbeitszeit ausgedrückt. «Wir haben vielleicht erst um 9 Uhr morgens begonnen, doch nicht selten wurde bis 3 Uhr morgens durchgearbeitet», erinnert sich Quinter. Die Motivation dabei sei die Sache selbst gewesen die Sache IP. «Wir waren alle IP-Fans. Mit der Vision, dass dies die richtige Richtung war.» Für den Start-up-Groove hat aber auch gesorgt, dass jeder Mitarbeiter seinen eigenen Charakter hatte und diesen auch ausleben konnte. Entscheide wurden häufig am Kaffeeautomaten gefällt, die Reaktionswege waren schnell. «Wir waren der kleine David im B2B-Bereich, allein schon deshalb ergab sich ein ganz anderer Spirit bei der Arbeit.»
Freiheiten geben und verlangen
Ausserdem, und darauf ist Quinter besonders stolz, bestehe der Kern seiner Abteilung aus Mitarbeitern, die schon seit Jahren mit ihm zusammenarbeiten. «Wir sind eine eingeschworene Truppe.» Dies dürfte sicher auch Quinters Verdienst sein, schliesslich bezeichnet er seine Mitarbeiter beziehungsweise die Führung derselben als einen der Aspekte seines Jobs, den er am meisten liebt. «Jeder meiner Mitarbeiter ist eine individuelle Persönlichkeit. Dementsprechend gibt es auch kein Konzept, wie man seine Mitarbeiter motivieren kann. Sicher ist, über den Lohn funktioniert es nicht.» Ein wichtiger Punkt sei aber, den Mitarbeitern Spielraum und Verantwortung zu geben, damit sie sich entfalten können. «Freiheiten gewähren, aber auch viel verlangen. Die Leute für voll nehmen, loben, und konsequent sein - das ist es, was zählt.» Ausserdem lege er Wert auf eine offene Kultur, eine transparente Kommunikation und flache Hierarchien. «Bei mir kann jeder ins Büro kommen und sagen, wenn ihm etwas nicht passt. Probleme müssen auf den Tisch, am besten mit einigen Lösungsansätzen.»
Das Hotel als Alternative
In der beruflichen Laufbahn von Quinter hat sich eigentlich immer alles um IT gedreht, abgesehen von den zwei Jahren, in denen er sich vor dem Studium seiner Militärkarriere gewidmet hat. Geschafft hat es Quinter bis zum Hauptmann. Und er stellt klar: «Ich bin kein Militarist, aber ich würde es wieder machen.» Schliesslich habe er dort gelernt zu führen, habe mit 22 Jahren 100 Lastwagenfahrer unter sich gehabt. «Diese Erfahrung würde ich jeder Person in jeder Führungsposition heute wünschen - mit allen Vor- und Nachteilen.» Ob er heute nochmals in die IT-Branche einsteigen würde, kann Quinter nicht beantworten. «Damals war die IT enorm interessant, steckte in den Kinderschuhen. Heute ist natürlich vieles anders. Nicht dass ich es bereue, in die IT eingestiegen zu sein. Doch IT war für mich immer nur Mittel zum Zweck. Auch heute interessieren mich in erster Linie die betriebswirtschaftlichen Aspekte der IT.» Und doch, sagt Quinter, wenn er heute nochmals 20-jährig wäre, würde er vermutlich in die Hotellerie einsteigen. «Eine faszinierende Branche, kundennah und eine riesige Herausforderung, äusserst spannend.»
Der Umstand, dass
Cablecom vor vier Jahren durch UPC Broadband übernommen wurde, ermöglichte es Quinter, wertvolle Erfahrungen im internationalen Umfeld zu sammeln. Zu seiner Zukunft bei Cablecom antwortet Quinter, dass er nach wie vor top motiviert sei und in den nächsten Jahren noch «einiges bewegen» wolle in dieser Firma. Er könne sich aber auch durchaus vorstellen, irgendwann einmal seine eigene Firma zu führen. In welcher Branche dies sein wird, sei dabei gar nicht so entscheidend. Die Frage, ob er vielleicht trotz des nun eingeschlagenen Karrierewegs dereinst in einem Hotel Gäste begrüssen wird, tut Quinter jedoch mit einem Lachen ab.
Marco Quinter
Marco Quinter wurde im bündnerischen Vazerol geboren, dem Ort in der Nähe der Lenzerheide, an dem der Kanton Graubünden gegründet wurde, wie er in breitem Bündner Dialekt («den habe ich bis heute nicht weggekriegt») erzählt. Nach der Matura und dem Militär studierte er an der Universität Zürich Betriebswirtschaft und IT. Sein Studium finanzierte er sich mit Musik. «Wir haben Tanz- und Unterhaltungsmusik gemacht. Meist waren wir am Wochenende unterwegs, sind an Galas, Vereinsanlässen und in Festzelten aufgetreten. Ich selbst habe damals Keyboard gespielt und gesungen.» Als er bei
Cablecom seine Arbeit aufnahm, musste er seine Musikerkarriere um der Zeit willen an den Nagel hängen. «Vor drei Jahren habe ich mit meinem ehemaligen Gitarristen wieder eine Band gegründet. Just for fun, aber die Elvis-Songs grooven nach wie vor. Nur mit den Tanzschritten hapert es noch», so Quinter lachend. «Dazu fehlt mir die Übung.»
Ansonsten ist der Bündner gerne in der Natur, fährt Ski und fischt. «Eben habe ich in Slovenien zum ersten Mal Fliegenfischen ausprobiert. Anspruchsvoll, aber genial.» Wenn nicht in Slowenien findet man Quinter an einem Bündner Bergsee, den er als einen der schönsten Seen der Schweiz bezeichnet, dessen Namen er aber - augenzwinkernd - nicht verraten will.