«Guter Brand mit angekratztem Image»
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«Guter Brand mit angekratztem Image»

RedIT sorgte in den vergangenen Monaten für negative Schlagzeilen. Ein neuer CEO und eine fokussierte Strategie sollen nun die Wende bringen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2009/45

     

Das Image von RedIT ist angekratzt, das Zuger Systemhaus schreibt Verluste. Ex-HP-Mann Martin Regli, der vierte CEO innerhalb von zwei Jahren, soll es nun richten.
Die Vergangenheit interessiert Regli nicht. Regli, der Mitte Oktober zum CEO von RedIT ernannt wurde, schaut nach vorne, wie er im Gespräch mit dem Swiss IT Reseller erklärt. Er wolle nicht zu viel Zeit mit der Vergangenheitsbewältigung verbringen: «Ich übernehme das Unternehmen so wie es ist und beginne, es nach meinen Vorstellungen zu gestalten.» Regli verfolgt ein klares Ziel: «RedIT soll so rasch wie möglich auf operativer Ebene wieder profitabel werden. Das ers­te Halbjahr 2010 wird hart, für die zweite Hälfte erwarte ich einen Schub». RedIT soll aber auch in einem eher konservativen Umfeld profitabel sein.

Fokussierungs-Strategie

Erreicht werden soll dieses Ziel nicht mit einer 180-Grad-Wende, RedIT soll ein Lösungsanbieter bleiben. «Klar wird sich RedIT weiterentwickeln, aber das Kerngeschäft wird gleich bleiben», betont Regli.
Als erstes will Regli dem angeschlagenen Systemhaus wieder ein Gesicht geben: «Jeder kennt RedIT, aber keiner weiss genau, wofür das Unternehmen steht.» Dies soll zum einen mit einer Fokussierung auf die konvergenten Lösungen von HP und Microsoft geschehen, welche die Basis für Branchen-spezifische Lösungen bilden sollen. Diese Fokussierung auf HP erstaunt angesichts Reglis Vergangenheit wenig, kommt der neue CEO doch von Hewlett-Packard, wo er die Enterprise-Storage- und -Server-Sparte leitete. «Das heisst aber selbstverständlich nicht, dass wir nicht mehr mit Citrix und Vmware arbeiten», versichert Regli.
Bei den Business-Lösungen legt das Systemhaus den Fokus derweil auf Microsoft. Durch ein kompakteres und fokussiertes Portfolio will Regli erreichen, dass «wir gegenüber dem Markt und den Kunden klar sagen können, wofür RedIT steht».
Ebenfalls in diese Fokussierungsstrategie passt der Verkauf der Automotive-Sparte, der im Oktober verkündet wurde. Die Synergie-Effekte der Automotive-Sparte mit dem Rest des Portfolios seien sehr gering gewesen, erklärt Regli. RedIT will sich nicht nur im Technologie-Bereich, sondern auch auf gewisse Märkte fokussieren, die man mit den Business-Lösungen Pebe und Navision adressieren will. Hier sei Branchen-Wissen essentiell, man müsse die Prozesse der verschiedenen Branchen verstehen. Deshalb wolle man sich auf die Branchen beschränken, wo man die Kompetenzen habe.

Grosse Infrastrukturprojekt

Das Zuger Systemhaus bewegt sich heute stark im K-Segment. Die eigene Business-Lösung Pebe richtet sich an Kleinunternehmen, Navision sei für 100 bis 150 gleichzeitige User gedacht. Nun will RedIT auch ins grosse Infrastruktur-Geschäft vorstossen. Globale Kunden werden aber keine angestrebt. Mit der Verschiebung des bisherigen Verkaufsleiters Marcel
Suter ins Grosskundengeschäft hat RedIT den ersten Schritt in Richtung grosse Dienstleis­tungsprojekte gemacht. Suter betreut bereits seit einigen Jahren einen grossen Kunden aus dem Raum Basel bezüglich Veredelungsdienstleis­tungen (Staging, Rollout). Diesen Deal will man nun replizieren.
Des weiteren ist
Regli überzeugt, dass der Trend mittelfristig auch im KMU-Segment in Richtung Managed Services geht: «Auch KMU werden künftig IT als Services kaufen und nicht als Hardware mit entsprechender Software drauf.» RedIT rüste sich dafür und verfüge bereits über zwei eigene Datacenter, wo man die Kundeninfrastrukturen heute schon betreibt. «Selbstverständlich ist es aber noch nicht der Grossteil unseres Geschäfts, der dort läuft», so Regli. RedIT sei aber gut positioniert und werde sich weiterhin darauf fokussieren, um diesen Trend sicher nicht zu verschlafen.

Integrationsbedarf intern

Auch intern müsse einiges getan werden. RedIT besteht aus etwa zehn Firmen, die mit der Zeit zugekauft wurden. Deshalb bestehe noch immer Integrationsbedarf, so Regli. Anfang 2009 hatte man bei RedIT fünf interne ERP-Systeme, momentan seien es noch zwei. Bis Anfang 2010 soll es noch eines sein. Zudem führe man aktuell ein CRM ein.
Die Gerüchte um Liquiditätsprobleme bei RedIT kommentiert Regli nicht. Er gehe aber von einem langfris­tigen Engagement aus: «Wenn ich wüsste, dass es bei RedIT in zwei, drei Monaten kracht, wäre ich noch immer bei HP

Interview mit redit-CEO Martin Regli

Swiss IT Reseller: Wieso haben Sie Ihre relativ sichere Position bei HP aufgegeben und sind zu RedIT gegangen? Man weiss ja von den Problemen des Systemhauses.

Martin Regli: Nach zwölf Jahren bei Hewlett-Packard ist für mich die Zeit für einen Wechsel gekommen. Ich gehe nun gegen die Vierzig zu und dann stellt man sich halt die Frage «Und was machst du jetzt noch?». Also habe ich die Fühler ausgestreckt. Mein Wunsch war es schon immer, bei einem Schweizer KMU zu arbeiten. So ist der Dialog mit RedIT entstanden. Ich war mit deren Situation äusserst vertraut, RedIT ist ja nach wie vor einer der grössten HP-Partner. Vieles, was man in letzter Zeit über das Unternehmen gehört hat, war eher negativ. Aber das Potential, das in dieser Firma steckt, ist enorm. Das war schlussendlich auch die Herausforderung, die mich gereizt hat. Ich bin nicht der Typ, der sich ins gemachte Nest setzt. Ich will etwas bewegen. RedIT hat einen bekannten Brand, aber ein angekratztes Image. Ich will daraus nun ein führendes, profitables Systemhaus in der Schweiz machen.




Wieso können Sie RedIT auf Erfolgskurs zurückbringen? Vor Ihnen haben es bereits drei CEO versucht.

Dies müsste man den Verwaltungsrat fragen. Ich habe bei HP ein dreistelliges Millionen-Geschäft geleitet mit dem ganzen Server- und Storage-Geschäft. Zudem habe ich die Beziehungen in den Markt und kenne die Kundenbedürfnisse, auch im Lösungsgeschäft. Ich fühle mich in der Lage und bringe das Rüstzeug mit, um die Probleme zu lösen.



Ihre Vorgänger wurden nach relativ kurzer Zeit ersetzt. Ihnen droht nun dasselbe.

Dass bei der ganzen Sache ein gewisses Risiko dabei ist, bin ich mir bewusst. Wieso meine Vorgänger den CEO-Posten nur so kurz innehatten, weiss ich aber nicht. Ich will es auch gar nicht wissen. Ich will mir mein eigenes Bild machen. Ich kenne die Situation der Firma, da hat man mit offenen Karten gespielt. RedIT ist noch ein Börsen-kotiertes Unternehmen, dementsprechend habe ich die Geschäftsberichte genau studiert. Aus der Zusammenarbeit mit RedIT bei HP weiss ich natürlich auch, was diese Firma kann.



Sie denken Also, Sie dürfen länger bleiben?

Ich hoffe es und gehe davon aus. Ich bin mit der Absicht eines längerfris­tigen Engagements hierhin gekommen, sonst wäre ich bei HP nicht gegangen. Ich glaube auch nicht, dass bei RedIT eine Hire- und Fire-Mentalität herrscht. Es wird seine Gründe gehabt haben, wieso meine Vorgänger ersetzt wurden.



Sie haben im August als COO zu RedIT gewechselt. Im Oktober wurden Sie zum CEO befördert. War dies bereits bei Ihrer Einstellung klar?

Ich bin als COO gekommen. Klar wurde die Möglichkeit, mich als CEO einzusetzen, angedeutet. Aber ich hatte keine Garantie. Dass es so schnell gehen würde, hätte ich nicht gedacht. Allerdings ist mein Vorgänger Alex Rosen­zweig als Restrukturierer gekommen, sein Einsatz als CEO war von Anfang an auf eine gewisse Zeit beschränkt.



Wieso zieht sich RedIT auf Ende November von der Schweizer Börse zurück?

Der Antrag wurde vor meiner Zeit gestellt, ich befürworte ihn aber. Ich sehe nicht ein, wieso ein Unternehmen mit rund 250 Mitarbeitern an der Börse sein muss. Aufwand und Ertrag stimmen einfach nicht überein. Ausserdem sorgt der Rückzug für etwas Ruhe. Man muss nicht mehr alles kommunizieren und keinen 150-seitigen Geschäftsbericht erstellen.


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