Was hat eine volle Agenda mit einem Verkäufer zu tun? Um es klar und deutlich zu sagen: Nur zu oft leider rein gar nichts. Doch der Reihe nach: Neulich fragte ich einen Vertriebsmitarbeiter, wie viele Termine er denn pro Woche habe. «So in etwa drei werden es schon sein!», antwortete er mir sichtlich stolz. Als er sah, dass ich über diese Zahl nicht sonderlich begeistert zu sein schien, meinte er lakonisch: «Ich bin eben Account Manager. Da hat man viele strategische Aufgaben zu übernehmen und kann eher selten seine Ansprechpartner besuchen.»
Wer glaubt, dieser Verkäufer sei eine Ausnahme, der irrt. Nur zu oft haben gut bezahlte Vertriebsmitarbeiter tausend Ausreden zur Hand, warum es ihnen nicht möglich sei, mehr Zeit vor Ort beim Kunden zu verbringen. Solange die Umsatzzahlen stimmen, wird niemand gross diesen Missstand hinterfragen. Das ändert sich aber schlagartig, wenn die Ziele plötzlich verfehlt werden.
Für Verkäufer, in deren Agenda eine gähnende Leere klafft, kann es dann schnell ziemlich ungemütlich werden und endet nicht selten mit einer Entlassung, wenngleich auch jene, die nachrücken, häufig nicht viel besser sind. Doch nicht immer suchen die Vorgesetzten die Schuld bei ihren Mitarbeitern. Es gibt auch Chefs, die glauben, das Zepter selber in die Hand nehmen zu müssen und darum für teures Geld ein externes Call Center mit der Terminvereinbarung beauftragen, damit ihre stressgeplagten Vertriebler etwas mehr Luft haben. Und tatsächlich: Oft füllt sich so die Agenda der Verkäufer in Windeseile, und alle sind auf einmal wieder wahnsinnig beschäftigt. Doch in den meisten Fällen wird damit das eigentliche Ziel, nämlich die Steigerung des Umsatzes, verfehlt. Denn die Kunst, gerade bei einem potentiellen Neukunden herauszuspüren, ob es sich wirklich lohnt, bei diesem persönlich vor Ort vorbeizugehen oder nicht, ist und bleibt die Aufgabe eines guten Vertriebsmitarbeiters und kann in der Regel nicht an Dritte delegiert werden. Gleichgültig ob auf der Visitenkarte Account Manager, Sales Representative oder Global Account Manager steht: Sie alle wurden mit einem einzigen Ziel eingestellt, nämlich zu verkaufen. Eine gut gefüllte Agenda ist dabei unerlässlich. Denn die Erfolgsformel ist banal und einfach: Je mehr qualifizierte Kundentermine, umso höher die Chancen, in Zukunft auch ein Projekt abschliessen zu können. Wie also liesse sich das Problem der leeren Agenda lösen? Anstatt von einem unproduktiven Meeting zum anderen zu hetzen, könnte der Verkaufsleiter zum Beispiel zwei Stunden pro Woche mit seinem Team einen Telefonakquisenachmittag abhalten. Es versteht sich dabei von selbst, dass auch der Chef den Hörer in die Hand nimmt und mit gutem Beispiel vorangeht. Oder wie wäre es, wenn man als Grosskundenbetreuer den Kaffee künftig nicht mehr in der hauseigenen Kantine, sondern vor Ort beim Kunden trinken würde, um so an wichtige informelle Informationen zu gelangen, die schon oft am Anfang eines grossen Deals standen? All diese Sofortmassnahmen lassen sich schnell und einfach umsetzen und kosten den Einzelnen ausser ein wenig Mut und Überwindung, vom Kunden eine Abfuhr zu erhalten, rein gar nichts.
Markus Schefer
Markus Schefer ist selbständiger Personal- und Unternehmensberater und Dozent an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Basel für das Fach «Verkauf». markus@scheferpersonal.ch