Zehn Jahre Zoff im Telekom-Markt

30. September 2008

     

Als die EU 1998 den Telekomsektor liberalisierte, hatte die Schweiz praktisch keine andere Wahl, als mitzuziehen. Die drei Hauptziele, die damit angestrebt worden sind, wurden allesamt erreicht: Preissenkung, Innovationssteigerung und die Weiterführung der flächendeckenden Grundversorgung. Für die Endkunden sind Fernmeldedienste seit 1998 um mehr als 40 Prozent billiger geworden. Zum befürchteten grossen Stellenabbau in der Branche ist es hingegen nicht gekommen. Mobiltelefonie und der Breitbandmarkt kompensierten die sinkenden Gewinne aus der Festnetztelefonie.

Auffallend ist jedoch, dass die Swisscom den Schweizer Telekom-Markt weiterhin in fast allen Bereichen bezüglich Umsatz dominiert, auch wenn die Telekom-Studie des Wirtschaftsmagazins "Bilanz" in Sachen Zufriedenheit oft andere Gewinner wie beispielsweise Colt, Cyberlink oder Cablecom kürt. Das zeigt: Der Wettbewerb spielt nicht überall gleichermassen, die Wettbewerbs- und Regulierungsbehörde hat also in einigen Bereichen noch Nachholbedarf.


Seit etwas mehr als einem Jahr ist das letzte Monopol im Schweizer Telekom-Markt gefallen. Laut Swisscom-Pressesprecher Carsten Roetz sind heute 500 Kollokationen an 220 Standorten - naturgemäss hauptsächlich in den grossen Zentren - realisiert. Damit können nahezu 50 Prozent aller Teilnehmeranschlüsse entbündelt werden. Dazu wurden über 50 Verträge mit rund 30 alternativen Anbietern angeboten. Cablecom und VTX sind bei der Umsetzung der Entbündelung am weitesten fortgeschritten. Das hört sich wunderbar an. Doch an kritischen Stimmen und Streitthemen fehlt es in der Branche keineswegs.

Als lauteste Stimme unter den Streithähnen hat sich Sunrise positioniert. Sunrise-Sprecherin Sevgi Gezici spart gegenüber IT Reseller nicht mit Kritik: "Vor zehn Jahren sind viele Marktteilnehmer enthusiastisch in den Markt eingestiegen. Auch wenn bei der Entbündelung vorerst kein Wettbewerb stattfinden konnte, sind viele doch von einer vollständigen Marktöffnung im Festnetzbereich ausgegangen und haben Investitionsentscheide getroffen. Nach zehnjährigem Hin und Her wurde jedoch gerade der für zukünftige Breitbandservices wichtigste Punkt, die Zugangsregelung zu schnellen Datenverbindungen nicht umsetzbar aufgenommen." Darüber hinaus seien neue Technologien wie Glasfaser erst gar nicht von der Regulierung abgedeckt. Gezici wittert hier in Anspielung auf die 8 Milliarden Franken, die Swisscom in ein eigenes Glasfasernetz investieren will, die Gefahr neuer Monopole.

Doch das David-gegen-Goliath-Bild, das Sunrise zeichnet, greift offensichtlich zu kurz. Fragt man bei kleineren ISPs, wie beispielsweise Cyberlink nach, richtet sich die Kritik mittlerweile nicht mehr hauptsächlich gegen den Ex-Monopolisten. Vielmehr kriegen die Glasfasernetz bauenden Elektrizitätswerke sowie die grossen ausländischen Telekomfirmen Sunrise und Orange ihr Fett weg. Cyberlink-CEO Ramon Amats Situationsanalyse: "Swisscom ist das geringste Übel. Sunrise hat mit dem Free-Internet-Paket alle potentiellen Wholesale-ISP-Kandidaten abgeschreckt und ist kein valider Partner mehr für kleinere ISPs. Auch die Elektrizitätswerke mit ihren angeblich diskriminierungsfreien Projekten verhindern Wettbewerb, denn sie tätigen mit steuerlich subventionierten Geldern vor allem die Investitionen für die grossen Telcos."

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(cdb)


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