Unschöne Nebengeräusche im Zusammenhang mit der Firma
Tecpro: Tecpro hat vor rund einem Jahr für Aufsehen gesorgt, als es plötzlich hiess, das Unternehmen mit Sitz in Herisau sei Partner von Dell und werde dessen Produkte in der Schweiz mit eigenem Lagerbestand für KMU vertreiben. René Albert, heutiger Magirus-Chef und zu dieser Zeit Channel Lead Switzerland bei
Dell, erklärte damals: «Es freut uns sehr, dass wir Tecpro als den ‹Logistikpartner› für Kleinkunden und Reseller gewinnen konnten.»
Dell-Disti oder nicht?
Gemäss Roland Schelker, bis Anfang September Geschäftsführer und CEO von Tecpro und inzwischen «aus persönlichen Gründen» aus dem Unternehmen ausgetreten, hatte man mit Dell eine mündliche Abmachung, dass Tecpro offiziell Dell-Distributor für SMB-Produkte ist. «Einen schriftlichen Distributionsvertrag haben wir zwar nie erhalten, doch die mündliche Abmachung galt und Dell hat uns nach aussen hin immer als seinen SMB-Distributor präsentiert», erklärt Schelker heute gegenüber «Swiss IT Reseller». Ausserdem sei man auch bei gemeinsamen Kundengesprächen mit Dell als Dell-Disti vorgestellt worden und habe Dell-Waren an Lager genommen. Dass Dell nun etwas anderes behauptet, enttäuscht Schelker.
Dell nämlich hat eine leicht andere Sicht der Dinge als Schelker. Stephan Mühlemann, Senior Regional Manager und Mitglied der Geschäftsleitung von Dell Schweiz, erklärt gegenüber «Swiss IT Reseller»: «Tecpro war zu keinem Zeitpunkt Distributor von
Dell, sondern einzig registrierter Dell-Partner – etwas, das im Prinzip jede Firma werden kann. Es gab aber – entgegen der Aussagen von Herrn Schelker – nie ein Distributions-Abkommen zwischen Dell und
Tecpro, was nun einmal eine unabdingbare Voraussetzung für den Distributoren-Status ist.» Schelkers Aussagen stossen Stephan Mühlemann denn auch sauer auf. «Ich lese jetzt seit Wochen, dass Tecpro Dell-Disti gewesen sein will. Die Fakten sind klar, sie waren es zu keinem Zeitpunkt.» Was zudem gegen Schelkers Geschichte spreche, sei die Grösse der Firma
Tecpro, so Mühlemann. «Tecpro ist hinsichtlich des Umsatzvolumens deutlich zu klein, um überhaupt als Dell-Distributor in Frage zu kommen.»
Nur teilweise gestützt werden Mühlemanns Aussagen von René Albert, der damals für den Dell-Channel verantwortlich war. Das Fehlen eines Distributionsvertrags bestätigt Albert, dass Tecpro gar nicht als potentieller Distributor in Frage kam, kann Albert hingegen nicht unterschreiben. Albert gegen-über «Swiss IT Reseller»: «Es gab keinen Distributionsvertrag zwischen Dell und
Tecpro, aber es ist richtig, dass es Überlegungen gab, Tecpro als lokalen Dell-Distributor zu entwickeln.» Diese Aussage lässt zumindest einiges an Interpretationsspielraum offen.
Nicht für die Distribution bereit
Roland Schelker steht auf jeden Fall zu seinem Wort, dass es ein mündliches Distributionsabkommen gab. Jedoch habe die Zusammenarbeit nicht geklappt, weil
Dell schlicht nicht bereit sei für die Distribution. «Solange die Distis nicht besser provisioniert werden, gibt es keine Chance für Dell via Channel. Endkunden erhalten bessere Konditionen via Dell Direct als der Distributor. So ist die Distribution unmöglich, denn Dell vergisst, dass der Partner im Channel auch etwas verdienen muss», erläutert Schelker, und ergänzt: «Dell ist ein Boxmover und bleibt ein Boxmover.»
Mühlemann entgegnet zu diesem Punkt, dass Tecpro ja gar nie in den Genuss der Konditionen eines Dell-Distributors gekommen sei: «Dass Dell nicht für die Distribution bereit sei, ist Herr Schelkers Meinung. Fakt ist, wir arbeiten beispielsweise mit Magirus als Distributor im Enterprise-Geschäft sehr gut zusammen. Und ich kann versichern: Ein richtiger Dell-Distributor bekommt von Dell Konditionen, mit denen er erfolgreich sein kann. Denn wir sind an langfristigen Partnerschaften mit Distis interessiert.»
Inwieweit die Liquidation von
Tecpro, die von «Inside Channels» vor rund einem Monat kommuniziert wurde, mit dem Scheitern der Zusammenarbeit mit Dell zusammenhängt, ist derweil unklar. Gemäss der Meldung wurde das Geschäft mit der Distribution von Dell liquidiert – andere Bereiche, etwa der Geräte-Import aus Asien, sollen bestehen bleiben. Tecpro weigerte sich dazu gegenüber «Swiss IT Reseller» Stellung zu nehmen. Gemäss «neuester Weisung des Verwaltungsrats» dürfe über «laufende Entwicklungen strategischer Ausrichtungen nichts kommuniziert werden.»
(mw)