Jacques Boschung - Der Ausbalancierte
Quelle: EMC

Jacques Boschung - Der Ausbalancierte

Jacques Boschung versucht auch als Vice President Europe West bei EMC so oft wie möglich Kundenkontakt zu haben. Als das Wichtigste im Leben bezeichnet der studierte Physiker die eigene Balance, die auf vier Säulen basiert.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2014/09

     

«Clint Eastwood, der sich immer wieder neu erfindet», antwortete Jacques Boschung in einem Interview mit der «NZZ» 2011 auf die Frage nach seinem persönlichen Vorbild. «Und das gilt nach wie vor», erzählt Boschung drei Jahre später im Gespräch mit «Swiss IT Reseller», um dann als Anekdote nachzutragen: «Kurz nach dem NZZ-Interview wurde ich von der Post für ein Referat eingeladen, und als Dankeschön habe ich ein grosses Buch über Clint Eastwood erhalten – als Konsequenz dieses Interviews. Dieses Buch steht noch heute in der Mitte meines Wohnzimmers.»
Sich selbst immer wieder neu erfinden, das müsse man auch in der ICT-Industrie können, ist sich der heutige Vice President Europe West von EMC sicher. «Sonst kann man keinen Erfolg haben. Denn die Industrie verändert sich immer schneller, und wer nicht bereit ist, dieser Entwicklung zu folgen, wird sehr schnell zum Dinosaurier.» Gleichzeitig gesteht Boschung aber auch ein, dass Veränderungen immer eine Herausforderung sind – auch für ihn. «Man muss einen soliden Sockel haben, um sicherzustellen, dass gewisse Werte immer vorhanden sind. Doch darüber hinaus muss man anpassungsfähig sein. Ich glaube im Übrigen, das dies auch zwei Eigenschaften der Schweiz sind – die Vereinbarung von Tradition auf der einen sowie Adaption und Innovation auf der anderen Seite. Das können nur ganz wenige Länder auf der Welt.»

Der atypische Physiker


Studiert hat der gebürtige Fribourger Physik an der EPFL in Lausanne. Für die Wahl der Studienrichtung mitverantwortlich war sein Philosophie-Lehrer im Gymnasium – ein Priester. Boschung erzählt: «Bulle, wo ich aufgewachsen bin, war damals noch stark katholisch geprägt. Am Gymnasium haben Priester unterrichtet, und wir – die Schüler – haben ständig Auseinandersetzungen mit unseren Lehrern über deren Weltanschauung gehabt. Ich denke, dies hat meine Wahl für das Physikstudium beeinflusst, denn ich war damals der Meinung, man sollte sich zuerst an der Realität – an der physischen Welt – orientieren, bevor man Spekulationen über sokratische Anschauungen anstellt.»
Lange hat es Boschung in der Forschung allerdings nicht ausgehalten. Nach seinem Abschluss war er zwei Jahre in einem Labor an der EPFL tätig, um dabei zu merken, dass die Labor-Arbeit nicht seine Welt ist. «Am meisten Spass machte mir, Forschungsergebnisse zu präsentieren. Das konnte ich auch am besten.» Für einen Physiker sei er eher extrovertiert, kommuniziere gerne und setze sich gerne mit Menschen auseinander. Die IT sei ausserdem in den 90er-Jahren ein oft begangener Karrierepfad für Physiker gewesen, und so passt es, dass Boschung als Verkäufer bei Compaq seinen Einstieg in das Geschäftsfeld gefunden hat, in dem er heute noch tätig ist.

Als Verkäufer sieht er sich nach wie vor, trotz der leitenden Europa-Position, die er bei EMC heute innehat. «Verkaufen ist mein Herzblut, und auch heute noch mein Job. In dem Geschäft, in dem wir tätig sind, möchte der Entscheidungsträger beim Grosskunden jemanden auf Augenhöhe, den er anrufen kann, wenn etwas schiefgeht. Diese Person bin ich für gewisse Kunden noch immer.» Er besuche auch heute noch so oft wie möglich Kunden, und er bezeichnet den Kundenkontakt nach wie vor als «das Beste» an seinem Job. «Nur wenn ich mit Kunden spreche, spüre ich, ob das, was wir tun, auch das Richtige ist.» Zudem laufe man so nicht Gefahr, dass man als Führungsperson an der Realität und an der Praxis vorbeilebe. «Denn dann gerät man in eine Komfortzone, in der man sich exklusiv nur mit internen Dingen beschäftigt, und das ist nicht gut. Dann hat man keinen Mehrwert mehr für die Kunden.» Ausserdem möchte er auch eine Vorbildfunktion für seine Mitarbeiter ausüben. «Ich erwarte von meinem Vorgesetzten, dass ich etwas von ihm lernen kann. Genauso dürfen meine Mitarbeiter aber von mir erwarten, etwas zu lernen.»

Das Vier-Säulen-Prinzip


Auf die Frage nach seinen beruflichen Plänen antwortet Boschung: «Pläne habe ich keine. Der Job muss Spass machen. Und EMC ist eine Firma, in der so viel passiert, dass es Spass macht. Insofern gibt es für mich keinen Grund, Pläne zu schmieden.» Er fühle sich wohl in seiner Haut, in seiner heutigen Position. Entsprechend habe er auch nie darüber nachgedacht, welche Möglichkeiten es für ihn ausserhalb der IT-Industrie noch gegeben hätte. Er habe in jeder Karrierestation viel lernen können, und die verschiedenen Stationen hätten ihn letztlich zu dem gemacht, was er heute im Berufsleben sei.
Ausgleich zur Arbeit holt sich Boschung im Ausdauersport – etwa auf dem Rennrad, beim Berg-Joggen oder beim Tourenskifahren. Er absolviere aber keine Wettkämpfe mehr. Druck und Wettkampf habe er im Job genug, Sport sei für ihn heute ein Ausgleich, ein Beitrag für seine persönliche Entwicklung. Und diese persönliche Entwicklung bezeichnet er als einen der vier Pfeiler seines Lebens. «Ich glaube, dass der Mensch vier Pfeiler in seinem Leben braucht, um stabil zu sein. Ein Pfeiler ist die Arbeit, der zweite das Familienleben, der dritte Pfeiler die Ehe oder die Partnerschaft, und der vierte die persönliche Entwicklung – also die Zeit, die man sich für sich selbst nimmt. Alle Pfeiler sind dabei gleich wichtig, aber diese vier Säulen müssen stabil sein, sonst ist der Mensch nicht ausbalanciert. Und wackelt mal eine Säule, fällt man trotzdem noch nicht um.» Diese Philosophie rufe er sich jeden Tag mindestens zehn Mal ins Bewusstsein. «So stelle ich sicher, dass ich die Balance niemals verliere. Denn diese Balance ist das Wichtigste im Leben, ohne diese Balance bricht der Mann irgendwann.» (mw)


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