"Swiss IT Reseller": Littlebit Technology hat für dieses Jahr das Ziel ausgegeben, eine halbe Milliarde Umsatz machen zu wollen. Sind Sie auf Kurs?Patrick Matzinger: Ja, das sind wir.
Wie gross wird der Anteil des Schweizer Geschäfts an dieser halben Milliarde sein?Wir machen fast 40 Prozent unseres Umsatzes in der Schweiz.
Littlebit ist in den letzten Jahren schon beachtlich gewachsen. Von 285 Millionen im Jahr 2015 auf 353 Millionen 2016 und 395 Millionen 2017. Mit dem Sprung auf 500 Millionen fällt der Sprung nun sogar noch grösser aus. Woher kommt das?2017 ist das Wachstum etwas unter den Erwartungen gelegen. Das hängt zum einen damit zusammen, dass wir im letzten Jahr viel Basisarbeit geleistet haben. So haben wir die Benelux-Präsenz ausgebaut, in Deutschland mit ActionIT eine zusätzliche Firma integriert und die Logistik in Deutschland einen Schritt nach vorne gebracht. Zum anderen haben wir die Engpässe im Bereich Grafikkarten und Power Supplies sowie rund ums Thema Flash-Speicher gespürt. Das hat Umsatz gekostet, denn letztlich können wir nicht mehr wachsen, als wir Waren bekommen. Dieser Umsatzstau sowie die strukturelle Arbeit und die neuen Länder spüren wir in diesem Jahr, darum der Umsatzschub.
Sie sind 2017 über 10 Prozent gewachsen und wirken fast ein wenig enttäuscht.Das letzte Jahr war eine kleine Enttäuschung, das ist so.
Allerdings können Sie ja nicht ewig in dem Masse weiterwachsen.Das ist natürlich richtig. Das Portfolio, das wir führen, hat seine Limiten. Gewisse Produktbereiche, auch solche, in denen wir führend sind, wachsen schon heute nicht mehr. Wachstum können wir somit vor allem dadurch generieren, indem dass wir geographisch expandieren. Hier stellt sich einfach die Frage, zu welchem Zeitpunkt wir strukturell in der Lage sind, ein neues Land oder eine neue Region zu erschliessen. Expansion braucht immer viel Energie, sowohl aus Business-Sicht wie auch aus der operativen Perspektive.
Hegen Sie denn weitere Expansionspläne? Ursprünglich planten wir, in diesem Jahr geographisch noch einmal einen Schritt zu wagen. Allerdings haben wir im Zuge der Neuorganisation der Gruppe (siehe Kasten) entschieden, dass wir zuerst die Basis nochmals etwas weiterentwickeln müssen. Wir müssen zuerst beispielsweise die Digitalisierung, die in unserem doch stark transaktionalen Geschäft enorm wichtig ist, noch weiterentwickeln. Ob wir nun kommendes Jahr expandieren, hängt stark davon ab, wie rasch wir technisch und organisatorisch vorwärtskommen.
Welche Region haben Sie im Visier?Den skandinavischen Raum, der als Markt der Schweiz oder auch den Benelux-Staaten sehr ähnlich ist, etwa was das Kaufverhalten der Konsumenten und das Geschäft angeht.
Sehen Sie bezüglich Ihres Portfolios noch Möglichkeiten für Wachstum – gibt es einen Bereich, der überdurchschnittlich zulegen kann?Grundsätzlich befinden wir uns in einem Verdrängungswettbewerb. Das bedeutet, wir müssen schneller sein als unsere Mitbewerber, die Kunden- und Herstellerbedürfnisse besser befriedigen als die Konkurrenz. Hierbei ist unsere Grösse sicher ein Vorteil. Wir sind gross genug und haben die nötige Substanz, so dass uns auch grosse Kunden mit grossen Auftragsvolumen vertrauen. Gleichzeitig sind wir immer noch so überschaubar, dass wir flexibel sind und dediziert auf Bedürfnisse sowohl von Kunden wie auch von Herstellern eingehen können.
Und gibt es einen Bereich, in den Sie stark investieren?Den gibt es tatsächlich, und zwar den Bereich Gaming. Wir führen hier mit Joule Performance eine Eigenmarke, die weitgehend unabhängig vom Rest unseres Geschäfts autonom läuft. Das ist ein spannendes Geschäft, auch wenn die Volumina noch nicht riesig sind. Wie sind aber sehr erfolgreich, wurden jüngst von GfK sogar als Schweizer Marktleader bei den Gaming-Systemen über 2000 Franken geführt, und das, obwohl es die Systeme erst seit einem Jahr gibt. Entsprechend werden wir hier weiter investieren.
Sind solche Systeme auch für Händler spannend?Das Segment kann spannend sein für Händler, allerdings muss er sich auf das Thema spezialisieren. Man kann solche Performance-Rechner nicht einfach so nebenher verkaufen, sondern muss in dem Segment etabliert sein und die Kunden adressieren können.
Themenwechsel: André Niederberger, lange Jahre CEO von Littlebit in der Schweiz, wurde zum COO der Littlebit-Gruppe ernannt. Warum dieser Schritt, und welche Erwartungen haben Sie an Herrn Niederberger?Im Prinzip hat André Niederberger die Aufgabe als operativer Leiter der Gruppe bereits teilweise wahrgenommen – nebst seiner Aufgabe als Leiter des Schweizer Geschäfts. Die Aufgabe als COO ist quasi organisch gewachsen und hat zuletzt immer mehr Platz eingenommen. Wir kamen an den Punkt, an dem wir entschieden haben, dass diese Doppelrolle nicht mehr zeitgemäss ist, weshalb wir ihm den gesamten operationellen Bereich unterstellt haben. Zu den Erwartungen: Wie gesagt, er hat die COO-Rolle bereits bislang ausgefüllt, und das sehr gut gemacht. Seine Limitation war bislang die Zeit. Dadurch, dass er nun seine ganze Energie auf die COO-Rolle aufwenden kann, erhoffen wir uns natürlich, dass die Entwicklungszeiten für neue operative Themen verkürzt und Projekte schneller umgesetzt werden können.
Seit Anfang Jahr haben Sie mit Christian Czupalla zudem einen Director Corporate Development. Wie lauten seine Aufgaben und welche Erwartungen haben Sie an ihn?Es ist quasi das Pendant von André Niederberger für den Faktor Mensch. André Niederberger soll die Entwicklungen auf technischer und operativer Seite rascher voranbringen, und Christian Czupalla ist dafür besorgt, dass die Mitarbeiter und die Organisation mit den Veränderungen mithalten können. Tatsache ist, dass oft der Mitarbeiter der Flaschenhals in einem Veränderungsprozess ist, weil er selbst stark im Tagesgeschäft involviert ist. Er braucht Unterstützung, und dazu ist nun Christian Czupalla da, der mich damit entlastet. Bislang habe ich mich ums Change Management gekümmert, doch mir fehlte oft auch die Zeit, um mich im nötigen Umfang einzubringen.
Gut die Hälfte der Littlebit-Mitarbeiter ist in der Schweiz tätig, die Schweiz ist nach wie vor der wichtigste Standort für Littlebit, auch wenn sich das Zentrallager mit 5000 Quadratmetern in Deutschland befindet. Werden Sie am Hauptstandort Schweiz festhalten, oder ist es auch denkbar, dass gewisse Bereiche wie das Produkt Management über kurz oder lang nach Deutschland ausgelagert werden? Die Schweiz wird unser Hauptstandort bleiben. Natürlich ist es heute nicht mehr so wichtig, wo die Mitarbeiter örtlich arbeiten, und wir beschäftigen tatsächlich bereits zwei Produkt Manager in Deutschland. Allerdings sitzt die Business-Intelligenz des Unternehmens in der Schweiz, die gesamte Leitung, die Technik und die Infrastruktur, die Beschaffung, die Finanzen und vieles mehr sind hier. Es stimmt aber, dass die Bedeutung des Standorts Deutschland zunimmt, und wenn wir auf der Suche nach Fachkräften sind, bietet Deutschland aufgrund seiner Grösse mehr Ressourcen.
Die Zahl der verfügbaren Fachkräfte ist das Eine, Kostenoptimierungs-Überlegungen dürften aber auch für Deutschland sprechen?
Das würde ich so nicht unterschreiben. Mitarbeiter mit einer gewissen Ausbildung und Know-how auf einem Niveau, wie wir es brauchen, kosten in Deutschland in der Gesamtansicht letztlich kaum weniger als in der Schweiz.
Sie haben vorhin Joule Performance angesprochen, wo Sie sehr erfolgreich sind. Abgesehen vom Gaming-Bereich dürfte das PC-Geschäft für Littlebits Eigenmarke Axxiv zunehmend schwieriger werden, in einer Zeit, in der die grossen Hersteller immer grösser werden. Wie lange wird es Axxiv noch geben?
So lange wir unsere Produktion wirtschaftlich betreiben können. Ich darf hierzu sagen, dass das Geschäft weitgehend stabil ist, auch darum, weil wir zusätzlich für Kunden produzieren und Joule-Rechner in derselben Produktion gebaut werden. Es gibt also aktuell keine Pläne für Änderungen rund um Axxiv.
Wo liegt den die Berechtigung für Axxiv in einer Welt voller HPs, Lenovos und Dells?
In der Flexibilität. Ein Händler kann bei uns Systeme selbst zusammenstellen, genau nach seinen Bedürfnissen, und er bekommt die Systeme rasch geliefert. Ausserdem kann er Zusatzservices verkaufen, die er von uns beziehen kann. Das alles ist bei den grossen Herstellern nicht ganz so einfach.
Restrukturierung im Management
Littlebit Technology hat Ende Juli verlauten lassen, das Gruppen-Management für künftiges Wachstum auszubauen. So wurde bekannt, dass André Niederberger (Bild), der bisher als CEO des Schweizer Geschäfts tätig war, zum COO der ganzen Gruppe aufsteigt. Auf ihn folgt Gian-Piero Furioso als Managing Director für die Schweiz (siehe Kopf des Monats auf Seite 60). Unterstützt wird er durch Simone Antonelli in der Funktion des Director Operations. Er leitet die Logistik- und Service-Abteilungen, stellt das Prozess-Management sicher und verantwortet den Lösungsbereich für Digital-Signage-Projekte. Bereits seit Anfang Jahr auf Gruppenebene als Director Corporate Development tätig ist zudem Christian Czupalla, der sich um die Weiterentwicklung der Geschäftsstrategien sowie die Personalentwicklung kümmert.
(mw)