Infoniqa will mehr Services in der Schweiz
Quelle: Infoniqa

Infoniqa will mehr Services in der Schweiz

Thomas Brändle steht seit Kurzem an der Spitze von Infoniqa Switzerland Software and Services und will in dieser Position mit Hilfe der Partner das Servicepotential in der Schweiz ausbauen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2022/09

     

An der Spitze von Infoniqa Switzerland Software and Services ist es ­A­nfang Juni zu einem Wechsel gekommen. Die Infoniqa-Gruppe hat Run-my-Accounts-Gründer und -Geschäftsführer Thomas Brändle zum Leiter des Schweizer Ablegers berufen. Er folgt damit auf Thomas Hersche, der im Frühling 2020 die Leitung von Sage Schweiz übernommen hatte. Sowohl Sage wie auch Run my Accounts wurden im vergangenen Jahr von Infoniqa übernommen. «Swiss IT Reseller» hat mit dem neuen Geschäftsführer von Infoniqa Switzerland Software and Services über seine neue Funktion und die Pläne mit dem Unternehmen gesprochen.

«Swiss IT Reseller»: Sie leiten seit Anfang Juni 2022 Infoniqa Switzerland Software and Services. Wieso ist es zu diesem Wechsel an der Spitze gekommen?
Thomas Brändle:
Infoniqa bietet in Österreich und Deutschland nicht nur Software, sondern auch Services an, sprich BPO-Dienstleistungen. Infoniqa möchte dieses Servicepotenzial auch in der Schweiz ausbauen. Und hier bringe ich, nach 14 Jahren beim Online-Buchhaltungsspezialisten Run my Accounts, der seit Ende 2021 auch zu Infoniqa gehört, viel Kompetenz mit. Zudem gab es Überlegungen, sich schlanker und schlagkräftiger aufzustellen.

Wie haben Sie selbst die ersten drei Monate erlebt?
In der ersten Phase habe ich mich so weit wie möglich auf die Mitarbeiter fokussiert. Ich hatte mir zum Ziel gesetzt, den Mitarbeitern zuzuhören und zu lernen. In der Zwischenzeit habe ich bereits mit fast der Hälfte unserer rund 130 Mitarbeitern strukturierte Interviews geführt und hunderte äusserst spannende Inputs und Ideen gewonnen. Daraus habe ich ein 10-Punkte-Programm entwickelt, welches wir über die nächsten Monate umsetzen wollen. Das 10-Punkte-Programm enthält Stossrichtungen für die Produkte-Entwicklung, interne Abläufe, Lancierung unserer HR-Produkte und zur Zusammenarbeit mit unseren Kunden und Partnern. Über den Fortschritt bei der Umsetzung informieren wir unsere Mitarbeiter regelmässig. In der nächsten Phase werde ich mich verstärkt auf Gespräche mit Kunden und Partnern fokussieren.


Unter Ihrer Führung soll das Service-­Geschäft weiter ausgebaut werden. Wie soll das konkret vonstattengehen?
Das Kernbusiness von Infoniqa in Deutschland und Österreich ist das Servicegeschäft, also Business Process Outsourcing (BPO). Und das möchten wir hierzulande auch anbieten. Was uns in der Buchhaltung prägt, ist ein riesiger Fachkräftemangel. Für viele unserer Kunden ist das eine herausfordernde Situation. Wir möchten diese Kunden im ganzen Spektrum von Buchführung und Lohnbuchhaltung von ihren Fleissarbeiten befreien, indem wir punktuell Dienstleistungen anbieten. Denn wenn man BPO anbietet und die Software dazu selbst herstellt, gibt es ganz andere Möglichkeiten, Skalierungserträge zu erzielen. Wenn wir einen Standardprozess entwickeln, zum Beispiel für einen Lohnlauf, können wir diesen auf sehr viele Kunden anwenden und Skalenerträge erzielen. Kombiniert man das dann noch mit Machine Learning oder künstlicher Intelligenz, wird es noch interessanter. Genau dieses Geschäftsmodell bieten wir bei Run my Accounts an und können wir partiell auch bei Infoniqa zur Anwendung bringen. Natürlich nur, wenn der Kunde das will. Nicht jeder Kunde möchte Dienstleitungen beziehen - und diese sollen weiterhin mit der Software arbeiten können. Wir sehen das als komplementäres Angebot zur Software, um den Kunden das Leben zu erleichtern.

Wie ist aktuell der Stand der Dinge? Wann kann man damit rechnen, dass diese Service-Komponente bei Infoniqa Schweiz zum Tragen kommt?
Wir haben im Bereich Buchführung erste Pilotkunden, die den Service aktuell nutzen. Es gibt viele Abhängigkeiten – auch Software-seitig –, wo wir noch gewisse Voraussetzungen schaffen müssen, damit die Dienstleistung in die breitere Masse getragen werden kann. Durch diese Abhängigkeiten sind wir da nicht ganz so schnell vorwärtsgekommen, wie wir uns das gewünscht hätten. Aber ich denke, dass wir das Angebot relativ bald etwas breiter ausrollen können. Und im Bereich Salärbuchhaltung hoffe ich, dass wir im Verlaufe von 2023 etwas lancieren können.

Wie sieht denn nebst den genannten Aspekten die weitere Strategie aus? Vor rund einem halben Jahr hiess es, dass das Ziel eine modulare, komplett SaaS-basierte Software- und Service-Plattform für Buchhaltung, Personalabrechnung, ERP und HCM sei.
Als gesamte Infoniqa werden wir das Spektrum ausbauen. Wir möchten die HR-Lösungen von Infoniqa verstärkt in die Schweiz bringen. Hier gehört nebst den eben besprochenen Lohn- und Service-Komponenten etwa auch unser HCM-­System dazu, das wir in Deutschland und Österreich bei vielen Kunden im Einsatz haben und das aktuell auch in der Schweiz ausgerollt wird. Hier haben wir bereits erste Kunden gewonnen und spüren grosses Interesse seitens der Partner, die unser Produkt neu vertreiben möchten. Unser Ziel ist es, das Infoniqa-Dienstleistungsspektrum in der Schweiz fertig auszubauen, damit wir hierzulande auch die gesamte Bandbreite am Markt haben. Gleichzeitig wollen wir die hiesigen Buchhaltungskomponenten in Deutschland und Österreich noch stärker an den Markt bringen. Da sind wir auf der Suche nach allfälligen Akquisitionsmöglichkeiten.


Führen Sie hierzu schon konkrete Verhandlungen mit potenziellen Übernahmekandidaten?
Dazu kann ich nichts sagen.

Bis wann soll denn das gesamte Infoniqa-Dienstleistungsspektrum auch in der Schweiz verfügbar sein? Von welchem Zeithorizont sprechen wir hier?
2023 wollen wir uns breiter positionieren und viele Kunden bedienen können. Bei HCM erleben wir schon eine grosse Nachfrage. Hier gehen wir davon aus, dass wir bereits dieses Jahr einen beträchtlichen Marktanteil haben werden. Wir haben eine grosse Kundenbasis in der Schweiz, die sehr an weiteren integrierten Leistungen im Personalbereich interessiert ist.

Zur Partnerlandschaft von Infoniqa Switzerland: Wie gestaltet sich die Situation nach der kompletten Integration von Sage?
Das Ziel war es, nach der Integration von Sage Schweiz in Infoniqa, die Partnerlandschaft möglichst stabil zu halten, um natürlich auch Vertrauen gewinnen zu können. Wir sind laufend in Kontakt mit unseren Partnern und gehen so weit, dass wir die Partner bei der Festlegung der Produktestrategie gezielt mit einbeziehen. Aktuell möchten wir zum Beispiel eine 1-Datenbank-Strategie für Infoniqa One 50 verabschieden. Das Produkt gibt es in zwei Versionen und wir wollen uns auf eine festlegen. Dazu sind wir derzeit in Gesprächen mit ausgewählten Partnern, damit wir bis Ende September eine Entscheidung treffen können.


Wieso diese 1-Datenbank-Strategie?
Man wollte das Produkt vor einer Weile von einer Datenbank auf eine andere migrieren, das Projekt wurde aus verschiedenen Gründen aber nie ganz abgeschlossen. Und wir wollen diesen Schritt durchführen, weil die parallele Entwicklung und der Support viel zu aufwendig sind. Man muss sich für einen Weg entscheiden, damit wir wieder grössere Sprünge machen können in Zukunft. Zudem fordern unsere Partner das.

Was stand im Partnerökosystem die letzten Monate zuoberst auf der To-Do-Liste?
Infoniqa hat in der Schweiz eine lange Geschichte. Sage, das Ende 2021 in Infoniqa integriert wurde, ist ursprünglich aus den zwei Softwarefirmen Simultan und Sesam hervorgegangen. Entsprechend hatten wir bislang einen sehr heterogenen Partneransatz mit zig verschiedenen Partnerverträgen. Wir wollen diese Partnermodelle auf drei Modelle runterbrechen und so für mehr Transparenz und Fairness zwischen den Partnern sorgen. Indem individuelle Regelungen verschwinden und wir uns auf drei Modelle konzentrieren, reduzieren wir die Komplexität und bekommen so neuen Schwung zusammen mit den Partnern. Aktuell befinden wir uns mitten in der Umstellung, die neuen Verträge treten ab Anfang 2023 in Kraft.

Können Sie die drei Modelle, auf die Sie sich künftig beschränken, grob umreissen?
Der Tipp-Partnervertrag ist für kleinere Partner geeignet, welche für die Vermittlung eine Provision erhalten möchten. Daneben gibt es den normalen Partnervertrag sowie den Vertrag für die sehr grossen Competence-Center-Partner, die sehr viele Kunden mit uns zusammen betreuen und die wir näher einbeziehen möchten.


Und was bedeuten die zusätzlich geplanten Angebote und Services rund um Buchhaltung und HCM für die Infoniqa-Partner?
Für die Partner bietet die Infoniqa-Welt die Chance, neue Produkte vertreiben zu können. Die gesamten HR-Produkte sind äusserst interessant und eröffnen unseren Partnern das Potenzial, neuen Umsatz zu generieren und sich fachlich noch mehr in die HR-Welt zu bewegen.
Der Ausbau des Angebots und des Know-hows bedeutet für die Partner Aufwand. Wie sieht die Unterstützung vonseiten Infoniqa aus?
Wir unternehmen sehr viel im Bereich Ausbildung. Wir starten für diese HR-Produkte ein Ausbildungsprogramm auf verschiedenen Ebenen. Es gibt Online-Ausbildungen, aber auch persönliche Schulungen bis hin zu Beratungen und Verkaufsunterstützung, wo wir zusammen mit dem Partner zu Kunden gehen. Nicht jeder Partner schwört auf die neuen Produkte. Es ist eine Frage der Neigungen und der eigenen Fähigkeiten, denn das ERP- und das HR-Geschäft unterscheiden sich. Jeder Partner soll für sich entscheiden, ob er das Angebot erweitern möchte oder nicht.

Nichtsdestotrotz sind Sie aber doch darauf angewiesen, dass eine genügend grosse Anzahl Partner das Angebot erweitern wird oder aber Sie suchen sich neue Partner. Sind Sie denn momentan aktiv auf der Suche nach neuen Partnern?
Wir sind sehr interessiert an neuen Partnern. Aktuell legen wir den Fokus auf die Transformation der bestehenden Partnermodelle auf die neuen drei Verträge, was uns stark auslastet. Wenn dieser Schritt erledigt ist, werden wir sicher proaktiver hinsichtlich neuer Partner agieren. Es gibt potenzielle Partner, die eher auf den HR-Markt fokussiert sind und für uns interessant sein könnten.


Was erwarten Sie denn von einem neuen Partner? Was soll er mitbringen?
Wir erwarten ein gewisses Commitment. Wenn wir Zeit und Ausbildung in den Partner investieren, möchten wir Fokus, um zusammen in die Zukunft schauen zu können.

Wo möchten Sie mit Infoniqa Switzerland in einem Jahr stehen? Was ist Ihr erklärtes Ziel?
Vom Dienstleistungsspektrum möchten wir die Services und HR-Produkte am Markt etabliert haben, das ist das Wichtigste. Und meine persönliche Ambition ist, dass wir im Bereich der Digitalisierung sehr viel weiter kommen. Ich glaube, die Buchhaltung hat ein enormes Potenzial mit der Digitalisierung. Ich habe vor 14 Jahren Run my Accounts gegründet mit der Vorstellung einer komplett digitalen Buchhaltung. Diesbezüglich sind wir in der Schweiz, auch aus regulatorischen Gründen, noch sehr am Anfang. Die Buchhaltung in den meisten Schweizer KMU ist noch sehr stark papierbasiert. Das möchte ich ändern. (abr)


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