Editorial

Missgunst ist eine schlechte Basis für eine Partnerschaft

Angesichts der Komplexität von durchschnittlichen IT-Landschaften ist es für kleinere wie grössere IT-Dienstleister heute beinahe ein Ding der Unmöglichkeit, in allen relevanten Disziplinen tiefstes Wissen aufzubauen, um den Kunden umfassend betreuen zu können. Was tun also?

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2024/06

     

Sich Marktbegleiter mit ins Boot zu holen, welche das fehlende Know-how in Kundenprojekten kompensieren respektive ergänzen, ist sicherlich ein prüfenswerter, empfehlenswerter, oft vielleicht sogar unumgänglicher Weg. Gleichzeitig verstehe ich alle, die dieses Thema mit Zurückhaltung angehen, denn Partnerschaften können mitunter schwierig sein, und die Sorge, dass in einem kollaborativen Projekt der eine mehr tut als der andere, der eine mehr profitiert, ist absolut berechtigt. Entsprechende Erfahrungen hat wohl jeder von uns auch abseits des Geschäftsalltags schon gemacht – sei es im Vereinsumfeld, bei der Gruppenarbeit damals während des Studiums oder beim Organisieren des letzten Wochenendausflugs mit Freunden. Eine Partnerschaft auf Augenhöhe einzugehen und zu leben, gehört mitunter zum Schwierigsten, das es gibt – fragen Sie mal Ihren Lebensabschnittspartner.
Und darum lohnt es sich, von den Erfahrungen zu lesen und zu profitieren, die andere gemacht haben. Das können Sie in dieser Ausgabe tun, und zwar ab Seite 30. Im Gespräch mit «Swiss IT Reseller» macht da beispielsweise Walter Borgia von Lake Solutions klar, dass es in einer Partnerschaft mit einem Mitbewerber klare Abmachungen, offene Kommunikation und ein gesundes Vertrauensverhältnis braucht. «Fairplay ist das entscheidende Stichwort hier.» Yannic Graber von Joker IT sagt ebenfalls, dass eine Partnerschaft nur dann überlebt, wenn sie fair ist und in beide Richtungen stimmt. «Beide Partner müssen einen Mehrwert ziehen können.» Vanja Rohr von Fernao Somnitec gibt mit auf den Weg, dass es in einer Partnerschaft zwischen Mitbewerbern vor allem auch kulturell stimmen muss zwischen den beteiligten Unternehmen. Und Dominic Wullschleger von Arcplace hat die Erfahrung gemacht, dass man meist schon früh merkt, ob eine Partnerschaft von Erfolg gekrönt sein wird oder nicht. «Wenn ich im Vorgespräch schon klären muss, dass man die eigenen Kunden gegenseitig respektieren soll, und wenn auf Fragen in diese Richtung nur schwammige Antworten kommen, dann sind das meist gute Anhaltspunkte, dass eine Partnerschaft schwierig werden könnte.»


Fairness, offene Kommunikation, Vertrauen, das Teilen von gemeinsamen Werten, eine Chemie, die stimmen muss – was wichtig ist in einer Geschäftspartnerschaft unterscheidet sich gar nicht so sehr von dem, auf was man auch im privaten Umfeld achten sollte. Insofern tut man vielleicht gut daran, beim Eingehen von Geschäftsbeziehungen ähnliche Werte anzuwenden wie bei Beziehungen im privaten Umfeld: Auf seine Intuition zu hören, auf das Bauchgefühl, positiv in eine neue Partnerschaft zu gehen, nicht schon von Beginn weg zu misstrauen, dem Partner auch etwas zu gönnen, nicht alles auf die Waagschale zu legen und vor allem: Nicht gleich beim ersten Stolperstein bereits ­alles wieder in Frage zu stellen.

Marcel Wüthrich, Chefredaktor
mwuethrich@swissitmedia.ch


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