Den Herstellern ein Dorn im Auge, für Unternehmen, die rechnen, mittlerweile in wichtiger Geschäftspartner: Die Remarketer. Server werden heute in der Schweiz nach 2-3 Jahren ausgetauscht, PCs und Notebooks nach 3-4 Jahren. Dabei kommen beachtliche Mengen an Altgeräten zusammen.
Früher wurden sie schlicht verschrottet. "Heute hat sich das grundsätzlich geändert. Der Gebrauchtmarkt hat sich etabliert", erklärt Jürg Staible, Chef der Erlenbacher CBA
Computer Broker AG, die seit 1988 Gebrauchtsysteme vertreibt. Via Remarketing kann man Geräte im Alter zwischen zwei und drei Generationen 50- bis 70% unter Neupreis beschaffen.
Noch vor wenigen Jahren lag viel Geld im Remarketing, da der Markt undurchsichtig war. In den letzten drei Jahren hat er sich organisiert. "Die Unternehmen wissen, dass ihre Altware eine gewissen Wert hat", musste auch COS-Remarketing-Geschäftsführer Michel Sautter erfahren. Anderseits seien die Beschaffungsprozesse in den meisten Firmen gut organisiert, aber "die 'end of life'-Strategie fehlt noch immer" – zur Freude der Remarketer. Noch verschenkten zu viele Firmen Geld, weil sie die Altgeräte erst einmal auf Lager behielten, da sie nicht wüssten was damit anfangen.
Know-how intensiv
Sautter betont: "Remarketing scheint einfach – man nimmt einen alten PC zurück, putzt ihn ein bisschen und verkauft ihn dann wieder. In Wirklichkeit aber ist es ein Know-how-intensives Geschäft." Man zahle viel Lehrgeld, bis man verstanden habe, wie das Geschäft wirklich funktioniere und Gewinn abwerfe.
Er ist sicher: "Remarketing ist eine Nische. Aber sie kann interessant sein, wenn sie richtig betrieben wird. Man braucht kleine Strukturen und niedrige Kosten."
Und ein Nischengeschäft wird es auch bleiben. Daran scheiterte auch die COS-Strategie, das Remarketing-Geschäft auf ganz Europa auszuweiten. Der Markt brachte zu wenig Ware, zudem konnte man die Hersteller nie richtig gewinnen. "Hi und da gab es Kooperationen, aber es wurde nicht die ursprünglich erwartete Menge gehandelt", so Sautter.
Reines Beziehungsgeschäft
Im Rahmen der COS-Holding sei das Remarketing-Geschäft zu klein geblieben, um Sinn zu machen. Aber da man in der Schweiz an das Konzept glaube, plane man Ende April einen MBO. Es mache wenig Sinn, das Geschäft an eine Drittpartei zu verkaufen, es sei nun einmal ein reines Personengeschäft. Ohne Beziehungen komme man nicht an die Ware. "Nicht verkaufen, sondern kaufen ist das Problem."
HP machts selbst
Auch die Hersteller haben die Attraktivität des Remarketing erkannt. So bietet
HP mit seinem „HP Renew Programm“ ebenfalls gebrauchte Geräte an. Früher stammten sie aus Leasingprogrammen, heute kommen sie aus Demopools, Benchmark-Centern oder Überproduktionsbeständen. Sie werden von HP auseinandergeschraubt, dem Service unterzogen und neu aufgebaut.
Der Kunde bezieht sie über dieselben Händlerkanäle wie die Neuware, spart aber 15% des Listenpreises. Mit dem HP Renew Programm macht HP weltweit immerhin 440 Mio. Dollar Hardware-Umsatz. "Wenn man sonst gebrauchte Geräte kauft, weiss man nicht, wo die herkommen. Bei HP bekommt der Kunde Hersteller-Garantie und -Service wie bei einem neuen Gerät", versichert Grischa Heinz von HP Renew Schweiz.
Sozusagen im Langzeittest
Markus Ming, Verkaufsleiter bei der Ramsys AG in Zug, die seit vier Jahren gebrauchte Geräte aus Rechenzentren wiederverkauft, entkräftet die immer wiederkehrenden Bedenken bezüglich Garantie: "Wir geben 30-60 Tage Garantie. Das Gerät war ja sozusagen schon im Langzeittest und mit Herstellerservicevertrag auf den neuesten Stand gehalten."
Die geringe Begeisterung der Hersteller über die Remarketer entkräftet er ebenfalls gekonnt: "Die Hersteller haben ihre Margen ja bereits abgeschöpft. Ich erlebe täglich, dass Kunden länger bei einem System bleiben, da wir z.B. Aus-und Umbauten liefern können, die beim Hersteller zu teuer oder nicht mehr erhältlich sind." (ava)