Erdöl und Tinte

Die Konsumenten beklagen sich derzeit nicht nur über die hohen Benzinpreise. Überteuert scheinen ihnen auch Druckertinten und -toner, auf die sie im täglichen Gebrauch ebenfalls nicht verzichten können.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2005/17

     

Der Verkauf eines Druckers bildet für den Hersteller oft den Beginn einer Kundenbeziehung, die mit jedem Nachkauf von Tinte oder Toner lukrativer wird. Wenn man davon ausgeht, dass beispielsweise eine Farbpatrone für einen Tintenstrahldrucker zwischen 40 und 60 Franken kostet, kommt man leicht auf einen stolzen Preis von über zweitausend Franken pro Liter. Kein Wunder, dass immer mehr Drittanbieter in den Markt drängen. Deren Preise für Verbrauchsmaterialien liegen dann oft bei der Hälfte des Originals.

Markt und Ökologie

Auch der Schweizer Markt lockt. Wolf Hofer, Geschäftsführer der Interprinting, welche die Eigenmarke Swisstoner und als Distributor der Tinte Swissink vertritt, meint: «Allein bei den Tonern machen kompatible Produkte in unseren Nachbarstaaten bis zu 20 Prozent aus, in den USA gar 25. Hierzulande liegt dieser Anteil zurzeit bei höchstens zehn Prozent. Bei einem Umsatz von rund 400 Millionen Franken für Verbrauchsmaterialien in der Schweiz sehen wir da ein beträchtliches Marktpotential.»
Hofer beruft sich zudem auf ökologische Überlegungen. Für die Herstellung jeder Toner-Cartridge würden 3,4 Liter Erdöl benötigt «Wenn wir davon ausgehen, dass 75 Prozent der im letzten Jahr verkauften 408 Millionen Tonerkassetten neu produziert wurden, entspricht dies fünf Supertankern Erdöl. Und dabei sind die Inkjet-Cartridges nicht mitgerechnet.»
Fredy Gass, General Manager der CBR Engineering in Basel, sieht das ähnlich. CBR entwickelt Refill-Anlagen und hat mit Th’ink ein Dienstleistungsgeschäft aufgebaut, bei dem die Anwender leere Tintenpatronen in einem Sammelbeutel einschicken können und dann eine revidierte, mit Ersatztinte gefüllte Cartridge zurückbekommen. «Vor allem HP-Cartridges sind wegen der hohen Qualität des Druckkopfs gut dafür geeignet», meint Gass. «Es macht doch keinen Sinn, solche Hightech-Produkte nach einmaligem Gebrauch einfach wegzuschmeissen.»

Nichts Neues

Arnold Marty, Country Manager der Imaging and Printing Group bei HP Schweiz, gibt sich gelassen: «Refilling ist kein neues Phänomen. Neu ist nur, dass nun auch Retailer mit eigenen Marken einsteigen. Doch der Schweizer Konsument ist im grossen und ganzen sehr Brand-loyal und qualitätsbewusst.» Gegenüber früher hätten sich die Verhältnisse für HP sogar gebessert. Der Wechsel von Schwarzweiss auf Farbe habe die Technologie komplexer gemacht und ständige Verbesserungen liessen die Refiller hinterherhinken: «Bei den neuen Photosmart-Druckern etwa sorgt eine chemische Reaktion zwischen dem von uns entwickelten Spezialpapier und unserer Spezialtinte dafür, dass der Druck wasserfest versiegelt wird. Das ist ohne Patentverletzung nicht so leicht zu kopieren.»
Business-Kunden hätten zudem die TCO im Auge und kämen daher zum Schluss, dass es sich lohne, Originalteile zu verwenden: «Schliesslich wechselt man beim Auto auch nicht einfach den Motorblock aus», so Marty.
Hardy Nitsche, Country Coordinator von Epson Schweiz, betont vor allem den Qualitätsvorsprung der eigenen Produkte: «Was Refiller liefern, ist meist indiskutabel. Etwas anders sieht es bei kompatiblen Systemen aus, hier sind die Qualitätsunterschiede gross.» Aber so oder so würden Dritthersteller nie die Lichtechtheit und Wasserfestigkeit des Originals erreichen. Zudem müssten Konsistenz und Partikelgrösse genau auf den Drucker abgestimmt sein, um Probleme zu vermeiden.

Die Frage der Qualität

Nitsche gibt immerhin zu, dass ihn die Konkurrenz stört: Wenn es wegen Verbrauchsmaterialien von Drittherstellern zu Qualitätseinbussen komme, mache der Anwender den Printer verantwortlich, und das falle auf Epson zurück.
Hofer widerspricht vehement: «Um hierzulande erfolgreich zu sein, braucht es ein gutes Produkt. Zwischen einem asiatischen Refiller, der einfach ein Loch in die Tonerkassette brennt, und uns liegen Welten. Bei uns wird die Original-Cartridge total revidiert. Mit erstklassigen Komponenten und gut ausgebildeten Mitarbeitern entsteht so ein Produkt, das neben dem Original bestehen kann. Dank der Forschung und Entwicklung der Schweizer Hersteller, mit denen wir arbeiten, stützen wir uns dabei auf eigene Patente und bieten eine andere, aber gleichwertige Technologie.»
Das gilt auch für die «Snap and Print»-Technologie für Tintenstrahldrucker. Dabei wird der in die Cartridge integrierte Druckkopf ersetzt und die Tinte in einen separaten, in die Cartridge einsetzbaren Tank gefüllt. Laut einem EMPA-Gutachten kann dieser Druckkopf 20 mal verwendet werden und liefert zusammen mit der Ersatztinte Ergebnisse, die mit den Originalteilen vergleichbar sind.
Dem setzt HP eine amerikanische Untersuchung entgegen, die ergab, dass Tintenpatronen von amerikanischen Drittherstellern für Deskjet-Modelle nicht die Qualität der Originalpatronen aufweisen und öfter zum Versagen des Druckers führten.
Hofer aber betont: «Wir garantieren für die Funktionsfähigkeit der Drucker mit unseren Produkten. Nicht zuletzt um diese Garantie wahrnehmen zu können, verkaufen wir ausschliesslich über qualifizierte Fachhändler. Am Ende ist unser Produkt sowohl für den Händler wie auch für den Endkunden günstiger als das Original.»

Ist Geiz geil?

Marty ist sicher, dass der Schnäppchenkult in der Schweiz nicht so verbreitet ist wie in Deutschland: «Der Preis ist zwar wichtig, aber für den Schweizer muss auch die Leistung stimmen.»
Die zahlreichen, äusserst günstigen Drucker, deren Preis in keinem Verhältnis zu den Folgekosten für Tinte, Toner und Papier steht, legen allerdings den Verdacht nahe, dass die Hardware eben doch über die Verbrauchsmaterialien subventioniert wird.
Natürlich gebe es bei der Hardware eine Preisschlacht, gibt Marty zu, betont aber: «Wir haben diese weder angezettelt, noch gehören wir zu den Treibern. Unser Ziel ist es, sowohl mit den Druckern wie auch mit der Tinte Geld zu verdienen.»
Nitsche gibt sich verständnisvoller. Er verstehe den Vorwurf, die Originaltinte sei überteuert, zumindest teilweise: «Die Preisgestaltung war für den Konsumenten lange ziemlich undurchsichtig. Mit den Bundles von Papier und Tinte für den Fotodruck können wir aber jetzt klar aufzeigen, was eine Kopie kostet, nämlich zurzeit 39 Rappen. Zudem setzen wir konsequent auf einzeln auswechselbare Farbpatronen. Das scheint der Kunde zu honorieren.»
Allein schon aus ökologischen Überlegungen, meint demgegenüber Hofer, wäre es wichtig, in Bezug auf die Wiederverwertung mit den Original-Herstellern zusammenarbeiten zu können. Dabei weiss er das europäische Parlament auf seiner Seite, das bereits vor zwei Jahren eine Richtlinie verabschiedet hatte, welche die Hersteller auffordert, ihre Produkte so zu gestalten, dass sie wieder verwendet werden können. Aber, meint er, leider seien die Reaktionen nach Land und Hersteller sehr unterschiedlich.
Think hat unterdessen versuchsweise bei Fotohändlern Abgabestellen für seine Sammelcouverts eingerichtet. «Wir stiessen damit auf einiges Interesse», sagt Gass, «ausserdem helfen wir Interessenten, die Refillershops einrichten möchten, wo die Kunden ihre Patronen testen und auffüllen lassen können.» Ob die Schweizer Kunden aber wirklich im grösseren Stil zu den Drittherstellern umschwenken werden, bleibt abzuwarten (fis)


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