Privatbanken sind erfahrungsgemäss selten «First Mover» und warten lieber die Erfahrungen anderer ab. In einer Studie zum Sourcing-Markt Schweiz wies die Information Management Group (IMG) denn auch bereits vor einem Jahr auf die geringe Neigung von kleinen und mittleren Privatbanken hin, IT-Prozesse auszulagern. Solange aber keine Kunden da sind, mangelt es meist auch an Angeboten, die sie dazu verlocken könnten. Im Frühling war GMS Global Managed Services daher angetreten, diese Huhn/Ei-Problematik im Business Process Outsourcing (BPO) zu überwinden. Ein auf Transaktionsgebühren basierendes Geschäftsmodell ohne Vorinvestitionen sollte den Einsteig erleichtern.
Hinter GMS stehen die IT-Firmen
Finnova und Adnovum sowie der Privatbanken-Spezialist Hansruedi Boner. Als strategischer Partner für den Betrieb der Rechenzentren ist
Siemens Business Services dabei.
Sobald die ersten Kunden anbeissen, so hiess es im Frühjahr, sollte GMS zum Leben erwachen. Wer jedoch heute die Website von GMS besucht, findet dort wohl das BPO-Angebot für Privatbanken, aber noch keine Referenzkunden.
Interessenten, aber keine Kunden
Bei der Präsentation im Frühjahr war von einem Potential von gegen 150 Kunden die Rede. Mit drei konkreten Interessenten wollte man bis im Herbst ins Geschäft kommen.
So weit ist es heute noch nicht. Ein sehr interessierter Kunde habe sich leider zurückgezogen, da dessen Privatbanking-Bereich wieder ins Mutterhaus eingegliedert worden sei, sagt Adnovum-CEO und GMS-Partner Stefan Arn (Bild). «Ich bin der Letzte, der ihm daraus einen Vorwurf machen würde. Das gehört nun einmal zu den Risiken in diesem Business», versichert er. «Ich kann den Entscheid sehr wohl nachvollziehen. Schliesslich erfolgte er nicht zuletzt aufgrund unseres Gutachtens.»
Ein anderer grösserer Kunde ist nach wie vor in der Pipeline, doch mit einem Entscheid sei kaum vor Mitte nächsten Jahres zu rechnen. Ein weiterer Kunde will sich bis Dezember entscheiden. Nach Arns subjektivem Eindruck dürfte dieser jedoch zu wenig Volumen bringen, um das Geschäft für beide Teile rentabel zu machen. «Dennoch bin ich von unserem Konzept überzeugt und für die Zukunft optimistisch», meint Arn.
Banken-BPO funktioniert
Dass BPO grundsätzlich eine praktikable Lösung ist, zeigt etwa das Outsourcing-Projekt der Graubündner Kantonalbank. Dort migrierte
T-Systems die ganze IT-Plattform der GKB auf
Finnova in einem eigenen Rechenzentrum. «Natürlich funktionieren Privatbanken etwas anders als Kundenbanken», erklärt Arn. «Aber der Markt ist in Bewegung, und die neuen Einheitsstrategien von Bankhäusern wie der Bank Bär und die zu beobachtende Tendenz zu grösseren Einheiten bilden eine gute Basis für Outsourcing-Projekte.»
Arn ist sicher, dass das Potential für GMS nach wie vor hoch ist. Und auch an den im Frühjahr versprochenen Einsparungen von 30 Prozent, die mit BPO zu realisieren sind, will er nicht rütteln: «Wenn der Business Case weniger bringt, lohnt sich Outsourcing nicht. Anders rechnen kann man allenfalls, wenn kurzfristig ein IT-Problem überbrückt werden muss.»
Die kritische Masse fehlt
Für die gegenwärtige Situation und für den Rückzieher mancher Interessenten macht Arn zwei Faktoren verantwortlich. Einerseits sei der Markt für die Privatbanken in den letzten Monaten signifikant besser geworden. Daher fehle der Druck, den es brauche, um die psychologische Hürde zu nehmen, die einem BPO oft entgegensteht. Andererseits sei der Aufwand für die Kunden grösser, als viele vermuten. Dies werde meist erst bemerkt, wenn das Vorhaben konkret werde.
«Das Problem ist, dass wir zwar eine Menge Kontakte und eine ganze Reihe von Interessenten haben. Doch den meisten fehlt als einzelnem Unternehmen die kritische Masse, mit der ein BPO erst interessant wird.» Die Lösung sucht GMS nun in einer Art Clustering, bei dem einzelne, kleinere Kunden in einem Bundle vereinigt werden können.
Doch es bleibt die Tatsache bestehen, dass sich Privatbanken offensichtlich nicht so rasch und unkompliziert für einen BPO entscheiden. «In anderen, aber banknahen Bereichen machen wir teilweise bessere Erfahrungen. Das hat auch mit den Entscheidungswegen zu tun», meint Arn. Aber er gibt heute zu, dass die Zurückhaltung, wie sie in der IMG-Studie zum Ausdruck kam, die Situation wohl doch präziser getroffen hat, als die eigenen Erwartungen. (fis)