BSA übt sich in Zahlenmystik

Die BSA hat eine Studie vorgestellt, wonach das Wachstum der Schweizer IT-Branche zwischen 2004 und 2009 31 Prozent statt 23 Prozent betragen könnte – wenn die Softwarepiraterie-Rate um zehn Prozent gesenkt würde.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2006/01

     

Es gibt Leute in der IT-Branche, die um ihren Job wirklich nicht zu beneiden sind. Dazu zählt Georg Herrn­leben, der Regional Manager der Business Software Alliance (BSA) für Zentraleuropa. Als Verband von grossen Softwareherstellern wie Microsoft, Adobe oder Symantec kämpft die BSA seit Jahren gegen die Software­piraterie.
Jedes Jahr tritt Herrnleben vor die versammelte Schweizer Presse, um dieser die neuesten Zahlen der von IDC im Auftrag der BSA durchgeführten Erhebung zur Softwarepiraterie zu präsentieren. Als ob ihm dieser Medientermin nicht reichen würde, trat Herrnleben vorvergangene
Woche erneut vor die kritische
Journaille, um eine bereits im letzten Dezember veröffentlichte Erhebung von IDC über die wirtschaftlichen Potentiale der Pirateriebekämpfung in der Schweiz vorzustellen.

Branche generiert mehr Steuern, als sie Umsatz macht

Dieses Werk, mit dem die BSA aufzeigen will, welchen wirtschaftlichen Nutzen die Schweiz aus der Bekämpfung von Softwarepiraterie ziehen kann, enthält einige besonders bemerkenswerte Tatsachen. Demnach könnten in der Schweizer IT-Wirtschaft bis in das Jahr 2009 rund 22’000 neue Arbeitsplätze entstehen, wenn es gelänge, den Anteil illegaler Software von derzeit 28 Prozent auf 18 Prozent zu senken.
Diese spektakuläre Aussage wird aber drastisch relativiert, wenn man einen näheren Blick in das übrige Zahlenmaterial wagt. Laut der Studie generierte die Schweizer IT-Branche im Jahr 2004 einen Gesamtumsatz von 11,6 Milliarden Dollar. Zum IT-Umsatz gehören Hardware, Software und Dienstleistungen. Gleichzeitig soll die IT-Industrie dem Schweizer Staat im Jahr 2004 Steuereinnahmen in der Höhe von 11,8 Milliarden Dollar beschert haben.
An der Medienkonferenz vermochte Herrnleben denn auch nicht zu erklären, wie eine Branche mehr Steuereinnahmen für den Staat generieren kann, als sie Umsätze macht. Selbst wenn — wie von Herrnleben ausgeführt — die Einkommenssteuern aller IT-Mitarbeitenden in die Berechnung eingeflossen sind, ist es doch schlicht und ergreifend unmöglich, dass die Angestellten einer Branche mehr Steuern zahlen, als sie verdient haben. Mit Sicherheit zahlt eine Branche weniger Löhne aus, als sie umsetzt, und die Empfänger dieser Löhne bezahlen auch wiederum nur einen Teil ihrer Löhne als Steuern dem Staat.
Auch die von Herrnleben flugs für die Schweiz zusätzlich eingeführte deutsche «Gewerbesteuer» vermochte nicht zu kaschieren, dass sich der Branchenverband der Softwarehersteller offenbar einmal mehr in seinem Lieblingsfach übt — der Zahlenmystik nämlich

Einsicht ist der Weg zur Besserung

Herrnleben schickte aber auch einige positive Signale: So meinte er, dass die Software-Industrie, der es ja weltweit sehr gut gehe, zugegebenermassen auf einem «sehr hohen Niveau» jammere. Auch habe die BSA dazugelernt, was den Stil und die Methode angehe: «Durch reine Strafverfolgung oder das ständige Auf-die-Füsse-Treten können wir nachhaltig nichts verändern», meinte Herrnleben.
Erneut musste er überdies zugeben, dass die korrekte Lizenzierung den Unternehmen in vielen Fälle noch zu schwer gemacht wird, da sie sehr aufwendig ist. Mit dem Online-Werkzeug «Fragen Sie Sam» (abrufbar unter www.fragen-sie-sam.ch) will sich die BSA deshalb weiterhin gezielt an die IT-Verantwortlichen von kleinen und mittelgrossen Unternehmen richten und sie beim Prozess der korrekten Softwarelizenzierung unterstützen.


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