Sales Manager als Auslaufmodell

Soziale Anerkennung, Prestige und ein gutes Salär. Davon träumen viele ambitionierte Verkäufer, die eine Karriere als Sales Manager anstreben. Immer häufiger werden sie jedoch als Kostenfaktoren gesehen, deren Leistung nicht messbar ist. Statt der erhofften Karriere manövriert sich so mancher in eine Sackgasse.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2006/09

     

Daniele P., 36 Jahre alt, war ein mässig erfolgreicher Key Account Manager bei einem namhaften Hardwarehersteller, ausgestattet mit einem gesunden Selbstvertrauen, das manche auch als Arroganz bezeichnen würden. Er war überzeugt, dass es für ihn nun beruflich steil nach oben geht: Vor zwei Tagen hatte er nämlich per Post sein langersehntes MBA-Diplom erhalten und für seine Diplomarbeit mit dem Titel «The challenge of Leadership in difficult Times» wurde er sogar mit der Höchstnote ausgezeichnet. Daniele P. war felsenfest überzeugt, dass er sich mit den soeben erhaltenen MBA-Weihen endgültig die Legimitation erworben hatte, um in den Management-Olymp aufsteigen zu können.
Fassungslos und stinksauer hat er darum auf die Äusserungen seines Chefs reagiert, als dieser ihm tags dar­auf schonend beizubringen versuchte, dass auf Grund der immer flacher werdenden Hierarchien sämtliche Sales-Management-Positionen gerade in den unteren Chargen massiv unter Druck stünden und er ihn so oder so nicht unbedingt in einer Führungsfunktion sehe. MBA hin oder her.

Kostenfaktor und Sackgasse

Was Daniele P. passierte, ist ein allgemeiner Trend: Zwar lässt sich seit Anfang 2006 in reinen Verkaufspositionen eine deutliche Entspannung im Arbeitsmarkt feststellen, und Firmen sind wieder vermehrt bereit, neue Mitarbeiter einzustellen. Diese Entspannung lässt sich aber für reine Führungsfunktionen im Verkaufsumfeld nach wie vor nicht feststellen. Die Gründe dafür sind:
¦ Gerade internationale Unternehmen und Grosskonzerne streichen ganze «Managementlayers» aus ihren Organigrammen, um damit noch flachere ­Hierarchien zu schaffen, mit entsprechend kürzeren und schnelleren Entscheidungswegen.
¦ Anders als bei reinen Verkaufsmitarbeitern lässt sich die Position des Sales Managers viel weniger in Franken und Rappen bemessen und wird immer mehr als «Kostenstelle» wahrgenommen, so falsch diese Sichtweise auch sein mag.


Spricht man mit Sales Managern auf den unteren und mittleren Führungs­etagen, so geben viele in vertraulichen Gesprächen offen zu, dass sie mit ihrer momentanen Situation alles andere als glücklich sind. Der immer grösser werdende Umsatzdruck, die zunehmende Verbürokratisierung ihres Jobs sowie der Mangel an direkten Kundenkontakten machen vielen zu schaffen. Manch einer ist denn auch der Meinung, dass er sich beruflich in eine Sackgasse manövriert hat:
Eine Position in der Geschäftsleitung bleibt ihnen aus verschiedenen Gründen verwehrt, und einen Wechsel zu einem anderen Unternehmen scheut die Mehrzahl auf Grund der nicht kalkulierbaren Risiken, ganz abgesehen davon, dass sich für viele ein Wechsel auch finanziell nicht lohnen würde. Denn auch in mittleren und unteren Managementpositionen stagnieren die Saläre oder sind sogar rückläufig.

Fachkarriere als Alternative

Trotz dieser eher nüchternen Betrachtungsweise stelle ich immer wieder fest, dass gerade viele jüngere Verkaufsmitarbeiter nach wie vor eine Position als Sales Manager für ihre berufliche Karriere als erstrebenswert halten.
Dabei weiss man aus der Praxis, dass ein guter Verkäufer nicht unbedingt auch ein guter Sales Manager ist, da für eine solche Position nebst Fachkompetenz, Ausbildungshintergrund und den verkäuferischen Qualifikationen vor allem die Sozialkompetenz gefragt ist.
Diese Aussage wird unter anderem auch von der folgenden Studie gestützt, welche Erhard Flato und Silke Reinbold-Scheible, die Autoren des Buches «Personalentwicklung», in Auftrag gegeben haben:
Die mit Abstand wichtigste Präferenz, welche sich Unternehmen nämlich von ihren Mitarbeitern wünschen, ist mit 42,9% die Sozialkompetenz. Die unternehmerischen Kompetenzen kommen mit 29,7% erst an zweiter Stelle.
Oder wie Axel Claus Heitmann, Vorstandsvorsitzender des Chemie-Konzerns Lanxess, es einmal im «Manager Magazin» treffend formulierte: «Der Chef braucht Sensoren für das, was die Mitarbeiter denken. Delegieren kann man das nicht. Ich selbst muss es fühlen.» Viele namhafte national und international tätige IT-Unternehmen bieten darum heute Verkaufsmitarbeitern den Weg einer sogenannten Fachkarriere im Verkauf an.

Erst der Anfang

Wollen Key Account Manager solcher Firmen strategisch wichtigere Kunden oder eine grössere Umsatzverantwortung übernehmen, müssen sie von ihrem Vorgesetzten für den nächst­höheren Sales Level vorgeschlagen werden und sich dann anschliessend einer strengen internen Prüfungsprozedur unterziehen. Am Ende entscheidet zumeist das Senior Management der Firma über die Eignung des Kandidaten.
Bei einem positiven Entscheid wird der Kandidat intern befördert, erhält eine seiner Position adäquate neue Funktionsbezeichnung und kommt in aller Regel in ein höheres Lohnband. Da Kosten- und Margendruck in der IT-Branche anhalten werden, ist damit zu rechnen, dass Firmen auch in Zukunft gezwungen sein werden, ihre Kosten zu senken und die Hierarchien darum noch flacher werden.
Damit wird der Druck auf die unteren und mittleren Managementpositionen weiterhin aufrechterhalten bleiben, woran sich auch in absehbarer Zeit so schnell nichts ändern wird. Sales Manager, die einen Grossteil ihrer Zeit mit dem Administrieren und Managen von Forecast- und Reportingtools verbringen bzw. verbringen müssen, werden es in Zukunft immer schwerer haben, ihre Position innerhalb einer Organisation rechtfertigen zu können.
Um so wichtiger wird es darum für Unternehmen sein, ihre besten Verkäufer mit alternativen Entwicklungsperspektiven langfristig an die Firma zu binden. Diese Fachkarrieren müssen dabei einer Managementkarriere sowohl in finanzieller Hinsicht als auch vom Prestige her, das sie innerhalb des Unternehmens geniessen, absolut ebenbürtig sein.

Erfolgreich bewerben

Nächste Folge: Bewerben ist Werben.In der nächsten Ausgabe erfahren Sie, worauf es ankommt, wenn Sie sich für eine neue Verkaufsposition bewerben, worauf Unternehmen bei der Einstellung ihrer neuen Sales-Mitarbeiter besonders Wert legen und wie Sie sich optimal auf ein Vorstellungsgespräch vorbereiten können.

Der Autor

Markus Schefer (Bild, 38) verfügt über langjährige Vertriebserfahrung im In- und Ausland und war bei namhaften Unternehmen wie IBM oder Reuters im Verkauf tätig. Heute ist er selbständiger Personal- und Unternehmensberater und Dozent an der Fachhochschule beider Basel für das Fach Key ­Account Management. www.scheferpersonal.ch / markus@scheferpersonal.ch


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