«Ihre Sicherheit ist unsere Verantwortung!» So lautete die Schlagzeile eines Inserates, das vor ein paar Monaten in diversen Zeitungen geschaltet wurde. Der Leser wird darauf hingewiesen, dass gewisse Akku-Typen des Herstellers fehlerhaft seien und man bereit ist, diese Batterien zurückzunehmen, um die Sicherheit des Benutzers auch künftig zu gewährleisten. Der Hersteller schreibt im Inserat weiter: «Die Zufriedenheit und Sicherheit der Kunden ist unser vorrangiges Ziel. Unsere Priorität ist es, die hohen Erwartungen zu erfüllen, die unsere Kunden hinsichtlich Produktsicherheit, Produktqualität und Kundensupport an unser Unternehmen stellen.»
Überlebensstrategie Kundenbindung
Wer bereit ist, in einer Zeit des immer härter werdenden Kosten- und Margendruckes einen Fehler einzugestehen und damit in Kauf nimmt, dass ihm dadurch womöglich sogar Umsätze verlorengehen, verdient meinen vollen Respekt. Denn: Kunden wollen in ihren Anliegen ernst genommen werden und erwarten Transparenz, Seriosität und Ehrlichkeit.
Die Realität sieht zu oft leider ganz anders aus: Unflexibilität bei der Rückgabe von fehlerhafter oder mangelhafter Ware, gemachte Versprechungen, die dann nach erfolgter Vertragsunterzeichnung doch nicht eingehalten werden, komplizierte interne Prozesse und Abläufe, die den Kunden abschrecken und eine gute Kundenbindung erschweren. Exemplarisch für einen schlechten Kundenservice ist folgendes Erlebnis, das mir neulich passiert ist, als mein PC wegen eines Defekts den Geist aufgegeben hatte. Nach fast zehnminütigem Warten am Telefon des technischen Supportcenters erbarmte sich endlich ein netter Herr meines Anliegens, um mir, nachdem ich das Problem geschildert hatte, jubelnd mitzuteilen, dass es sich nicht um ein Hardware-, sondern ein Softwareproblem handle. «Dafür sind wir leider nicht zuständig. Bitte wenden Sie sich direkt an den Softwarehersteller», forderte er mich freundlich auf. Was der Herr in dem Moment nicht ahnen konnte: Er hatte soeben einen langjährigen Kunden verloren.
Was Kunden wollen
Gemäss einer im Buch «Mund zu Mund Marketing» von Jerry Wilson veröffentlichten Studie geben nur 9% der Kunden an, dass sie sich auf Grund des Preises für einen neuen Anbieter entschieden haben. Die überwiegende Mehrheit (68%) der Befragten wechseln den Anbieter wegen schlechter Kundenbetreuung und unzureichenden Dienstleistungen. Wer also Kunden langfristig an sein Unternehmen binden möchte, sollte sich ernsthaft darüber Gedanken machen, wie Service- und Betreuungsqualität erhöht werden können. Hier einige konkrete Vorschläge:
¦ Probleme sind Chancen
Im Laufe einer Kundenbeziehung ergeben sich zwangsläufig immer wieder kritische Situationen. Oft sind es aber genau die heiklen Momente, in denen Sie als Vertriebsmitarbeiter ihr Können unter Beweis stellen und eine langfristige Bindung zum Kunden aufbauen können. Wenn Sie es in dem Moment fertigbringen, das Problem im Sinne des Kunden zu lösen, zeigen Sie ihm damit auf eindrückliche Art und Weise, dass er sich jederzeit auf Sie verlassen kann. Das wird nicht vergessen.
¦ Fokussierung
Jeder Vertriebsmitarbeiter kennt die Situation, dass es Kunden gibt, mit denen man nicht «warm» wird. Die Gründe können sehr vielschichtig sein. Sei es, dass der Kunde eine negative Erfahrung mit Verkäufern im allgemeinen oder der Firma im speziellen gemacht hat. Oder ihm passt ganz einfach ihre «Nase» nicht.
Sollte es ihnen trotz ernsthaften Versuchen nicht gelingen, eine persönliche Beziehung aufzubauen, empfehle ich, ihre Zeit gewinnbringend in den Aufbau und die Pflege von bestehenden oder neuen Kundenbeziehungen zu investieren.
¦ Bürokratische Hürden abbauen
Viele Grossunternehmen kranken daran, dass sie administrativ «Fett» ansetzen und durch interne Richtlinien, Strukturen und Prozesse sich selbst lähmen. Der Blick ist weniger nach aussen, aber um so mehr nach innen gerichtet. Das bedeutet mittelfristig eine tickende Zeitbombe. Häufig ist es für den Aussendienst sehr frustrierend, wenn auf Grund komplizierter interner Prozesse und Abläufe ein möglicher Abschluss verlorenzugehen droht oder eine langjährige Kundenbeziehung wegen bürokratischer Hürden aufs Spiel gesetzt wird.
Klare interne Strukturen und Prozesse sind wichtig und gut. Wenn diese allerdings zum Selbstzweck mutieren und einer intensiven und langfristigen Kundenbindung im Wege stehen, laufen Unternehmen Gefahr, ihre Kunden an die Konkurrenz zu verlieren.
¦ Der Kunde im Zentrum
Durch die zunehmende Technologisierung gleichen sich Produkte und Dienstleistungen immer mehr aneinander an. In einem solchen Umfeld kann darum nur bestehen, wer durch herausragenden Service und seriöse Betreuung Kunden langfristig an das Unternehmen binden kann. Dabei spielt der Aussendienstmitarbeiter eine zentrale Rolle. Doch nicht nur er: Alle – angefangen bei der Receptionistin bis zum Geschäftsführer –, die in irgendeiner Form in direktem oder indirektem Kundenkontakt stehen, müssen dazu beitrage, die Beziehung zu Kunden weiter zu festigen.
Oder wie es Peter Meierhofer und Roger Eric Gisi in ihrem Buch «Die Kunst des Überlebens» treffend formuliert haben: In den Köpfen und Herzen sämtlicher Führungskräfte und Mitarbeiter muss die Mentalität des Dienstleistens bewusst oder noch besser unbewusst verankert sein.
Wenn es also mal wieder Tage dauern sollte, bis die Administration sich dazu durchringt, eine Offerte für einen potentiellen oder bestehenden Kunden zu erstellen, stellen Sie mal die Frage in den Raum, wer denn eigentlich deren Löhne zahlt. Die Firma, für die sie arbeiten? Die Buchhaltungsabteilung? Falsch, der Kunde natürlich. (Markus Schefer)
Der Autor
Markus Schefer (38) verfügt über langjährige Vertriebserfahrung im In- und Ausland und war bei namhaften Unternehmen wie
IBM oder Reuters im Verkauf tätig. Heute ist er selbständiger Personal- und Unternehmensberater und Dozent an der Fachhochschule beider Basel für das Fach Key Account Management. www.scheferpersonal.ch markus@scheferpersonal.ch