Sieg nach Punkten für den E-Shop

Bereits über die Hälfte aller Bestellungen trifft im Schnitt bei den grossen Schweizer Distributoren via Web im E-Shop ein. Dies führt vor allem zu einer besseren Bestellungsqualität und dadurch zu weniger kostspieligen Fehlern.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2006/20

     

Für die Schweizer Distributoren ist das Internet schon lange von strategischer Bedeutung. Ein E-Shop für Fachhändler ist ein absolutes Muss im Mix der Bestellkanäle. IT Reseller hat sich bei grösseren Distis umgehört und gefragt, wie sich der E-Kanal in den letzten Jahren entwickelt hat.
Seit dem Jahr 1997 betreibt der Littauer Broadline-Distributor Actebis einen Onlineshop für Reseller. Dieser wurde erst im April dieses Jahres aufwendig generalüberholt. «Das grösste Augenmerk haben wir dabei auf eine intuitive Bedienung, gute Suchkriterien, Übersichtlichkeit sowie Zusatzfunktionen wie Produktvergleich, Produkt-Abbildungen und ein druckbares Datenblatt gelegt», sagt Actebis-Sprecherin Barbara Kretz. Heute erhält der Disti eine deutliche Mehrheit der Bestellungen über den E-Shop. Das Ziel sei es, 60 Prozent des Gesamt­umsatzes übers Internet zu generieren. So liessen sich für Distributor und Reseller auch erhebliche Einsparungen realisieren. Genaue Angaben zur Anzahl der täglichen Bestellungen will Kretz nicht machen, doch sei die Entwicklung aufgrund des Stückpreiszerfalls in der IT insgesamt stark steigend.

Fast die Hälfte bestellt im Internet

Etwas präziser wird Thomas Maurer, Sprecher des Bassersdorfer Elektronik-, Netzwerk- und Komponentendistis Rotronic: «Heute kommen rund 80 bis 90 Bestellungen pro Tag über den E-Shop herein, die Tendenz ist aber stark steigend.» Gesamthaft entspreche dies 45 Prozent aller Bestellungen. Etwas über die Hälfte erreicht den Disti Also nach wie vor über die traditionellen Kanäle Email, Fax und Telefon. Der Anteil der Shop-Bestellungen am Gesamtumsatz beträgt 25 Prozent: «Mittelfristig sollten wir hier 35 bis 45 Prozent erreichen können», sagt Maurer. Rotronic hat seinen E-Shop erst im Dezember des letzten Jahres grundlegend erneuert und erweitert. 20‘000 Artikel stehen jetzt dort zur Auswahl. Beim Design hat man neben einer guten Benutzbarkeit («Usability») und ausgefeilten Suchfunktionen vor allem die registrierten Benutzer im Auge gehabt: «Die Fachhändler können somit nach dem Einloggen direkt ihre Einkaufspreise sehen», sagt Maurer. Um mehr Fachhändler für die Bestellung im E-Shop zu begeistern, werden auch immer wieder spezielle Aktionen durchgeführt: So gewährt Rotronic aktuell den Händlern ab einer Bestellmenge von 500 Franken zusätzliche 2 Prozent Sonderrabatt und erlässt ihnen auch die Paketportokosten, wenn sie im Internet bestellen. Die steigende Popularität des E-Bestellwegs hat natürlich auch intern zu Veränderungen geführt: «Früher hatten wir 5 Personen in der telefonischen Bestellungs-Annahme beschäftig, heute sind es noch 4 Personen», so Maurer. Allerdings würden auch wesentlich mehr Bestellungen als früher via Email statt per Telefon eintreffen: «Auch diese müssen natürlich manuell abgearbeitet werden.»

E-Shop als Beratungsplattform

Den seit Anfang 2000 betriebenen E-Shop versteht der Value Added Distributor Studerus Telecom nicht primär als Mittel zur Steigerung der internen Effizienz, sondern als Dienstleistung für den Kunden: «Bei uns stehen der Service und die Beratung des Fachhandels im Vordergrund. Der Fokus beim E-Shop liegt deshalb auch auf dem Service rund um die Bestellung», sagt Marketingleiterin Gabriela Müller. Auch bei Studerus sieht der Fachhändler jederzeit seine kundenspezifischen Preise. Zudem hat er immer den Überblick über alle seine Aufträge. Erhältlich sind aber auch Materialien für die Verkaufsförderung wie Präsentationen. Rund 50 Prozent aller Bestellungen erreichen Studerus heute über den E-Shop, was etwa 35 Prozent des Gesamt­umsatzes entspricht. Über die erzielten Einsparungen im Vergleich mit anderen Bestellkanälen führt Studerus keine offizielle Erhebung, Müller schätzt sie allerdings auf rund 30 Prozent. «Die Einführung des E-Shops war aber nie aus dem Ziel heraus entstanden, Personalkosten zu sparen. Wir haben kein klassisches Bestellbüro, sondern die Bestellungen sind bei uns oftmals Teil eines Beratungsgesprächs. Wenn auch theoretisch durch den Erfolg des E-Shops eine Person eingespart werden könnte, haben wir die Ressourcen nie abgebaut, sondern das Beratungsteam im Verkauf von 5 auf 6 Personen erhöht», erklärt Müller.

Geringere Fehlerquote

Umfassende Neuerungen im Bereich Internet stehen bei Brack/Alltron an. Seit 1998 betreibt der Komponentendisti Brack eine Shoplösung. Bereits 1999 lag der Umsatzanteil des E-Shops bei 20 Prozent: «Seither verzeichnen wir ein stetiges Wachstum und eine jährliche Zunahme des im Internet generierten Umsatzes in der Grössenordnung von 20 Prozent», verrät Geschäftsführer Roland Brack. Der Anteil der im rund 10‘000 Artikel umfassenden E-Shop aufgegebenen Bestellungen an der Gesamtzahl der Bestellungen liegt bei 60 Prozent oder 400 Bestellungen pro Tag. Doch die Grenze scheint noch nicht erreicht zu sein: «Wir sehen ein Steigerungspotential von weiteren 10 bis 20 Prozent», so Brack.
Wenn ein Fachhändler im E-Shop bestellt statt per Telefon, dann hat ­dies natürlich Konsequenzen auf der Kostenseite: «Die Transaktionskosten für eine E-Bestellung dürften um mindestens 50 Prozent tiefer sein als bei Bestellungen über andere Medien», sagt Brack. Jedoch sei dies nicht der zentrale Punkt. Entscheidend sei nicht Einsparung beim Erfassen, sondern die Einsparungen, die sich durch weniger Fehler und weniger Probleme bei der anschliessenden Bestellungsabwicklung realisieren lassen: «Eine Falschlieferung nach einer Falschbestellung kostet den Kunden und den Disti viel Geld», so Brack. Und hier liege der Vorteil des E-Shops: «Durch durchgängige IT-Systeme, wo Bestellungen vollautomatisch ins ERP-System gelangen, erreichen wir eine bedeutend kleinere Fehlerquote als bei telefonischen Bestellungen. Die Reduktion von Handarbeit durch Automatisierung führt zu einer höheren Qualität und weniger Fehlern insgesamt», sagt Brack.

Reseller-Shop vor der Einführung

Nach der COS-Übernahme macht Brack jetzt noch mehr Dampf im Internet: Ab dem 1. Dezember dieses Jahres stellt der Disti seinen Kunden einen Reseller-Shop zur Verfügung. «Dabei handelt es sich um die bewährte Technologie von Brack Electronics, die durch die Zusammenlegung mit der Logistik neu auch für Alltron-Kunden verfügbar wird», so Brack. Der Reseller-Shop richte sich an die Endkunden der Händler. Dar­in sei das gesamte Sortiment enthalten, der Händler könne aber auch eigene Artikel hinzufügen. «Die in diesem Shop generierten Bestellungen kann der Händler per Knopfdruck an Alltron weiterleiten oder aus seinem eigenen Lager ausliefern. Auf den Lieferpapieren finden sich aber auch dann Adresse und Logo des Händlers, wenn Alltron die Bestellung direkt zum Endkunden liefert», erklärt Brack. Um die Indivi­dualität zu gewährleisten, kann der Fachhändler die Farben und das Design «seines» E-Shops in wenigen Schritten an seine bestehende Homepage anpassen. Für jeden Artikel kann er die gewünschte Marge hinterlegen. Die Preisberechnung erfolgt dann automatisch.
Was die Reseller besonders freuen dürfe: Für den Shop will Alltron keine monatlichen Gebühren verlangen. «Wir haben ja angekündigt, bei Alltron mehr Service und Dienstleistungen bringen zu wollen. Allenfalls wird es eine einmalige Aufschaltgebühr geben, das steht aber noch nicht definitiv fest», so Brack.

E-Offensive in Emmen

Konsequent auf das Internet setzt auch der Branchenprimus Also aus Emmen: «Im Internet sind wir seit dem dritten Quartal 1998 präsent. Inzwischen umfasst das Angebot drei Säulen: Den Online-Shop I-VIS, die A-to-A-Anbindungen von ERP zu ERP für Grosskunden mittels individuellen Schnittstellen sowie die vor kurzem vorgestellte Lösung Also Connect mit einer Standard-Schnittstelle, die dem Reseller erlaubt, Bestellungen direkt aus seinem ERP-System heraus zu tätigen», präzisiert Geschäftsführer Marc Schnyder. Das Ziel sei es denn auch, Medienbrüche künftig so gut wie möglich zu eliminieren. Dazu ist Also auf dem besten Weg: Rund 70 Prozent der Gesamtbestellungen treffen heute auf dem elektronischen Weg beim Distributor ein, 6 Prozent via Email, 15 Prozent via Fax und nur noch 9 Prozent per Telefon. «Der Anteil der E-Bestellungen hat sich in den letzten 5 Jahren von 40 auf 70 Prozent erhöht», so Schnyder. Im Bereich der Telefon-Bestellungserfassung seien deshalb sinkende Auslastungen durch natürliche Fluktuation kompensiert worden. Bezüglich der Einsparungen bläst Schnyder ins gleiche Horn wie Brack: «A-to-A und Also Connect dienen in erster Linie dazu, die Qualität der Bestellungen auf Kunden- sowie auf Also-Seite zu verbessern», so Schnyder. Der Anteil der Bestellungserfassung gemessen an den ganzen Aufwendungen für eine Bestellung betrage weniger als 5 Prozent: «Der Kostentreiber ist die Logistik, nicht die Bestellungsabwicklung. Eine gute Fax-Bestellung kann in wenigen Minuten manuell erfasst werden», sagt Schnyder. Entscheidend seien vielmehr die geringere Fehlerquote und die dadurch eingesparten Kosten.
In Sachen Internet will Also auch künftig innovativ sein: Schnyder plant ein ähnliches Angebot für seine Kunden, wie es Alltron im Dezember mit dem Reseller-Shop lanciert: «Wir werden die Bedürfnisse unserer Kunden in den nächsten Monaten genau eruieren und dann entscheiden, wohin die Reise geht», so Schnyder. (bor)


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