Das Ende der Pionierzeit


Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2008/21

     

Erfindergeist und Pioniertaten sind längst kein Garant für kommerziellen Erfolg. In der Geschichte gibt es viele Beispiele von Ingenieuren und Erfindern, die mit ihren Ideen zwar die Welt veränderten, selbst aber nicht davon profitieren konnten und von findigen Marketingtalenten rechts überholt wurden. Ein tragisches Beispiel ist Tim Paterson. Der Programmierer verkaufte die Rechte am Betriebssystem Q-Dos für 50'000 Dollar an Bill Gates, der das Programm in MS-Dos umbenannte und damit Milliarden verdiente. Erwähnen liesse sich in diesem Zusammenhang auch Doug Engelbart, seines Zeichens der Erfinder der Computermaus. Er war mit seiner Erfindung der Zeit weit voraus, sodass der Patentschutz längst abgelaufen war, als sie populär wurde. Schliesslich kassierten andere ab und wurden mit Engelbarts Erfindung reich.

Das aktuellste Beispiel eines Pioniers, der als Manager scheiterte, ist der abtretende Yahoo-Chef Jerry Yang. Zwar wurde er dank seiner Suchmaschine reich, doch als die Konkurrenz erstarkte zeigte sich, dass Yang eher technisch denn kaufmännisch begabt ist. Nach verzweifelten Rettungsversuchen ist der Wert Yahoos förmlich zusammengebrochen.


Vor diesem Hintergrund kann man die Entscheide zum Wechsel der Führungsspitze bei der Networking-Plattform Xing und beim Virtualisierungsmarktführer Vmware verstehen: Bei Xing trat der Gründer Lars Hinrich zugunsten des bei Ebay kampferprobten Managers Stefan Gross-Selbeck ab. Er überlässt dem erfahrenen Manager die Federführung bei der geplanten internationalen Expansion und tut wohl gut daran, denn hier trifft er auf starke und etablierte Gegner wie beispielsweise Linkedin.

Auch VMware hat im Laufe dieses Jahres die Gründerin Diane Greene durch den ehemaligen Microsoft-Manager Paul Maritz erstetzt. Green ist zwar eine geniale Ingenieurin, doch der Führung eines innert kürzester Zeit zum Konzern herangewachsenen Unternehmens sei sie nicht gewachsen gewesen. Der Entscheid könnte sich als goldrichtig erweisen, denn mit Microsoft steigt zwar ein technisch Unterlegener, aber im Produktmarketing versierter Gegner in den Ring. Jetzt muss VMware lernen, wie man den Gegner im Nahkampf um Marktanteile auf Distanz hält.

Markus Gross
Redaktor


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