Immer wieder herrscht in der Branche Uneinigkeit, ob die Erhebungsmethoden des Telekom-Ratings der Wirtschaftszeitschrift «Bilanz» optimal sind. Mehrere Carrier haben gegenüber IT Reseller ihre Skepsis geäussert, was brisant ist: Ist das Rating doch die publikumswirksamste Rangliste der Schweizer Telco-Branche. Allein die detaillierten, nur für Teilnehmer zugänglichen Studienresultate seien bis jetzt 6500 mal heruntergeladen worden, sagt Studienautor Jörg Halter von Ocha Consulting. Die zusammengefassten Ergebnisse werden im Wirtschaftsmagazin «Bilanz» publiziert, das 220'000 Leser erreicht. Zusätzlich berichten zahlreiche Publikums- und Fachmedien darüber. Klar, dass einige Telcos das nicht gerne sehen.
Auf Anfrage äussern mehrere dezidierte Kritik. So zeigt sich zum Beispiel Peter Moebius, Vice President der France-Telecom-Tochter
Orange Business Services (OBS), wenig erfreut: «Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen. Wir machen etwas ganz anderes als die Siegerunternehmen.» Schon vor Jahren habe er die Bilanz deshalb schriftlich gebeten, nicht einbezogen zu werden. «Denn in den Studien, die wir als relevant erachten, werden wir als international führend eingestuft», so Moebius. Von wie vielen Unternehmen OBS bewertet wurde, weiss nicht einmal die «Bilanz» selber. Marc Kowalsky, Stellvertretender Chefredaktor, sagt dazu: «Wir veröffentlichen immer wieder Ranglisten, die nicht von allen goutiert werden. Auch die reichsten Schweizer wollen nicht alle erwähnt werden.» Green-Chef Franz Grüter spart ebenfalls nicht mit Kritik.
Green belegt in den Kategorien ISP und Corporate Networks hintere Plätze. Grüter sieht sich als Opfer der Befragungsmethode: Denn wer aktiv am Rating teilnehmen wolle, müsse dafür 2500 Franken bezahlen. Im Gegenzug dürfen die Teilnehmer maximal je 2000 Fragebogen an ihre grössten Kunden versenden. «Wir haben nicht bezahlt und können somit nicht auswählen, wer uns bewertet», so Grüter. Dabei steige das Risiko eines schlechten Ergebnisses. Die von Green übernommene TIC habe jeweils am Rating teilgenommen und dabei auch schon den zweiten Platz im Bereich Corporate Networks belegt. Mit dem gleichen Corporate Network würde man nun den letzten Platz belegen. «Dadurch kommen wir in Zugzwang und werden nächstes Jahr die Teilnahmegebühr wieder bezahlen müssen.»
Jeder darf mitmachen
Laut Studienautor Halter schnitt
Green in den Jahren der Teilnahme aber nicht besser ab als jetzt. Die Bewertung in der Kategorie Corporate Networks sei vermutlich wegen der Fusion negativ ausgefallen. Ausserdem könne ein Carrier seine Kunden selber zur Online-Stimmabgabe motivieren, ohne dafür bezahlen zu müssen. Es könne zudem niemand alle seine Bewerter auswählen. Auch an der Asut-Tagung würden Fragebogen verteilt; selbst Bundesrat Leuenberger habe einen erhalten.
Ein weiterer Verlierer hat dieses Jahr nicht am Rating teilgenommen. Sunrise belegt in allen Kategorien die hinteren Plätze. Zwar musste der dänische Konzern Probleme bei den Geschäftskunden eingestehen und hat darauf Besserung versprochen. Gleichzeitig will man nächstes Jahr aber auch wieder offiziell am Rating teilnehmen - trotz Nachfrage bei
Sunrise, ohne Nennung von Gründen. Kowalsky sagt, Sunrise hätte wegen der Umstrukturierung keine Zeit gehabt und bezeichnet CEO Christoph Brand als «Fan des Ratings».
Die Kritikpunkte sind bekannt
Halter würde die Methode mit Teilnahmegebühr gerne aufheben: «Wir wären echt froh, nicht nur wegen des Aufwandes, sondern auch wegen der aufwendigen Kommunikation, die notwendig ist. Dazu bräuchten wir einen Sponsor, den haben wir jedoch noch nicht gefunden». Für die Kritik hat er aber ohnehin wenig Verständnis: «Es ist nicht nachvollziehbar, dass Firmen mit zweistelligen Millionenumsätzen nicht 2500 Franken für eine umfassende Marktbetrachtung zahlen wollen». Kein Problem damit hat auch Marco Quinter, Vice President Business Markets bei
Cablecom. Sein Unternehmen nimmt seit Jahren am Rating teil und hat 2005, 2006 und 2008 den ersten Platz in der Kategorie Corporate Networks belegt. Dazu sagt er: «Nachdem wir 2007 unseren ersten Platz nicht verteidigen konnten, haben wir unsere Schwächen mithilfe des Telekom-Ratings analysiert und danach in Support und Qualität investiert. Nur deshalb haben wir dieses Jahr wieder gewonnen. Bezahlt haben wir schon immer». Das Rating sei eines der professionellsten und für ihn ein wichtiges Feedback-Instrument. (Claudio De Boni)