Die Cebit schrumpft, und mit ihr die Präsenz von Schweizer Anbietern. Seit dem Jahr 2006 verringert sich die Zahl der helvetischen Haupt- und Mitaussteller kontinuierlich: Jedes Jahr waren es 15 weniger. 2006 meldeten sich 90 Aussteller an, 2007 waren es noch 75, 2008 noch 60 und dieses Jahr noch 45, wobei man laut Toni Blum von der Novafair AG, der offiziellen Schweizer Repräsentanz des Messeplatzes Hannover, weiterhin auf vereinzelte Anmeldungen hofft.
Jedes Jahr 15 Hersteller weniger, wenn das so weitergeht, ist in drei Jahren kein Schweizer Stand mehr an der Cebit. So weit wird es wohl nicht kommen. Dennoch: Der Schwund ist immens, wird er doch prozentual immer grösser. Wir erleben die schwächste Schweizer Ausstellerpräsenz seit Jahren, wenn nicht sogar in der Geschichte der Cebit überhaupt. Toni Blum von der Schweizer Repräsentanz kennt zum Teil die Gründe dafür, dass langjährige Schweizer Aussteller nicht mehr kommen: «Buic Systems aus Chiasso, die im Bankingsektor tätig sind und Digital Logic aus Luterbach, die auf Embedded Computing spezialisiert sind, nehmen aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise nicht mehr teil.» Weitere Aussteller mit eher kleineren Flächen bleiben der Messe ebenfalls wegen der Finanzkrise fern.
Andere Aussteller wandern an andere internationale Messen ab: Zum Beispiel die in Genf stationierte Alibaba.com Hong Kong, die diesmal einen Stand an der Cebit Bilisim in Istanbul bevorzugt. Doch es gibt auch neue Schweizer Hauptaussteller, also Firmen mit eigener Ausstellungsfläche, die noch nie in diesem Ausmass an der Messe vertreten waren. Dies sind die Bieler Brain Store AG (Halle 6), Media Connect Distribution aus Schönenwerd, (Halle 19) sowie die Pixcir AG aus Zürich, (Halle 25).
Auch Gemeinschaftsstand abgesagt
Ein für die Präsenz schmerzhafter Abgang sei auch der Gemeinschaftsstand für Business-Software, der in den vergangenen Jahren vom OSEC Business Network Switzerland organisiert wurde. Dieser war eigentlich auch für dieses Jahr wieder geplant, musste aber wegen mangelndem Interesse abgesagt werden. Blum dazu: «Dieser Gemeinschaftsstand hat jeweils etliche kleine Schweizer Software-Firmen beherbergt. Sie kommen nun nicht mehr, weil ihnen die Plattform «Swiss Pavilion» fehlt.»
Wie konnte das passieren? Das erste mal seit Jahren wurde der Stand nicht von der OSEC selbst organisiert. Stattdessen hat diese Mario Imhof, den langjährigen verantwortlichen Messeleiter des Telekommunikationskonzerns
Ascom, dafür engagiert. Er sieht verschiedene Gründe für das Scheitern des diesjährigen «Swiss Pavilion»: «Einerseits ist der Schweizer Auftritt streng durch das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco reglementiert. Eigentlich müssen mindestens sechs Aussteller zusagen, sonst wird das Ganze abgeblasen.» Diese Anzahl habe man heuer nicht zusammengebracht. Dass man den Pavilion letztes Jahr auch mit nur vier Ausstellern durchführte, sei eine Ausnahmeregelung aus Not gewesen. Imhof spricht deshalb von einem «eher unglücklichen Erbe», das er mit der Organisation des Standes angetreten habe. Auch gäbe es immer weniger Schweizer Softwarehersteller, und nicht wenige seien kaum mehr als eine Einmannfirma.
IT-Verbände sind wenig aktiv
Imhof bedauert den Wegfall des Software-Gemeinschaftsstandes für dieses Jahr. Doch den schwarzen Peter, den ihm das OSEC deshalb gerne zuschieben würde, will er nicht nur aus den bereits angesprochenen Gründen nicht akzeptieren: «Eigentlich würde man ja denken, dass die Schweizer Softwareverbände an einem Auftritt im Ausland interessiert sind. Das ist aber offenbar nicht so.» So habe beispielsweise die Swiss Interactive Media and Software Association (Simsa) erst gar nicht auf seine Anfragen und Angebote reagiert. Imhof sieht aber zumindest einen positiven Aspekt am Ganzen: Das Swiss Import Promotion Programme (SIPPO), das seit 1999 im Auftrag des Seco die Importe aus den Entwicklungs- und Transitionsländern sowie den Ländern Südosteuropas in die Schweiz und die Europäische Union fördert, ist jetzt nicht mehr direkt neben den Schweizer Anbietern platziert. Imhof dazu: «Da haben sich teilweise von der Schweiz subventionierte Hersteller aus Usbekistan mit Schweizer Herstellern konkurrenziert. Das hat manchmal auch zu Gehässigkeiten geführt.» Zumindest dieses Problem hat sich nun wie von selbst gelöst.
Rettung des Netzwerkstandes
Immerhin existiert der ebenfalls von Imhof organisierte Schweizer Stand in Halle 13 noch, wo sich vor allem Firmen aus dem Netzwerkbereich einnisten. Zwar musste auch dieser um mehr als die Hälfte schrumpfen. Doch Imhof ist zuversichtlich, dass dies der Ausnahmefall bleibt: «Der grösste Teilnehmer, Aastra, hat kurzfristig, also erst im Dezember, abgesagt, das hat uns hart getroffen.» Für nächstes Jahr will Imhof deshalb schon heuer an der Messe bei Schweizer Ausstellern nachfragen, ob sie nicht wieder an einem Gemeinschaftsstand interessiert seien: «Ich könnte mir vorstellen, dass die Translumina-Aussteller nächstes Jahr wieder zu uns wechseln.» Auch mit Bison will er Gespräche führen.
Derweil sorgt eine Schweizer Firma im Vorfeld der Cebit für Wirbel. Die Rapperswiler Compass Security startet laut eigenen Angaben einen Live-Hackerangriff auf die Messe, um die Besucher auf Sicherheitsthemen zu sensibilisieren. Interessierte sollen ausserdem bei Vorträgen mehr über «Die Kunst von Web-Attacken» und «Hintertüren-Kung-Fu» erfahren. Auch Vasco, ein weiterer Security-Spezialist mit Hauptsitz in der Schweiz, scheint die Finanzkrise eher als Chance zu sehen: «In Deutschland haben Man-in-the-Middle-Attacken in letzter Zeit stark zugenommen. Insbesondere im Onlinebanking besteht in Deutschland noch grosser Nachholbedarf», sagt Jan Valcke, COO von Vasco. (Claudio De Boni)