«Gerechtigkeit» als Budgetposten

Gerechtigkeit ist dank mangelhaften ECM-Strategien zunehmend eine Sache für Reiche. Die Kosten für die Datensuche hat schon so manchen ruiniert.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2009/25

     

Der Speicher- und Content-Management-Spezialist EMC hat Blogger und Journalisten aus der ganzen Welt zum «Content Management and Archiving Writer’s Summit» nach New York ge­laden um - jeweils nach einer kurzen Einleitung durch Spezialisten - gemeinsam verschiedene Themen rund ums Thema Enterprise Content Management (ECM) zu diskutieren. Besonders ins Auge stach dabei der Vortrag des Juristen und E-Discovery-Spezialisten Ralph Losey, der aufzeigte, wie sehr mangelhafte ECM-Strategien dem amerikanischen, aber auch dem europäischen Rechtssystem zusetzen.

Gerechtigkeit nur für Microsoft

«Ohne Wahrheit keine Gerechtigkeit», lautet sein Credo, doch wie soll die Wahrheit ans Licht kommen, wenn gerade im Falle der E-Mail-Korrespondenz mit der Methode der Keyword-Suche gerade mal 22 Prozent des relevanten Inhaltes gefunden werden kann? Gerade in diesem Bereich liegt in Sachen ECM noch vieles im Argen, so Losey.

Die Folge liegt auf der Hand: Die Gerichte beurteilen Fälle auf Grundlage unvollständiger Fakten, die Gerechtigkeit bleibt auf der Strecke - es sei denn, man kann sie sich leisten. «Microsoft zum Beispiel, wendet pro Rechtsfall rund zehn Millionen Dollar für die Suche nach relevanten Daten auf», sagt Losey. Gerechtigkeit wird damit eine Frage der dicken Brieftasche.


Problem: Eine rein maschinelle Suche reicht nicht aus. Oft braucht es das menschliche Urteilsvermögen, um die Relevanz und die Zusammen­hänge von Daten und Korrespondenzen richtig einschätzen zu können. «In Indien sind hunderte von Menschen damit beschäftigt, E-Mails zu lesen und zu klassieren», so Losey.

Bis zu zehn Dollar je File

Eine solche Recherche braucht viel Manpower und Geld. Wie Losey sagt, können die Kosten je File mit drei bis zehn Dollar zu Buche schlagen. Für eine E-Mail mit einem Attachement müssen also bis zu 20 Dollar hingeblättert werden. Da ist schnell mal eine Million weg, ohne dass auch nur einen Franken an Anwaltskosten bezahlt worden ist. Der verstaatlichte Hypothekenriese Fannie Mae musste gar sechs Millionen ausgeben.


«So manch einer Firma hat eine mangelhafte ECM-Strategie das Leben gekostet», sagt Losey zu IT Reseller. Dabei wiege die Ungerechtigkeit in Amerika schwerer als hierzulande, da dort, im Gegensatz zu hier, die jeweiligen Parteien und nicht der Staat für die Beweisaufnahme zuständig sind. (Markus Gross, New York)


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