Hickhack um die Microsoft-Berufung

13. Juni 2000

     

Zuerst hatte es von Clinton-Regierung ganz versöhnlich getönt, nachdem am 7.6. der erstinstanzliche Richter Jackson den Softwareriesen zur Aufspaltung in zwei Firmen verurteilt hatte: Der Leiter der Antitrust-Abteilung im amerikanischen Justizministerium, Joel Klein, hatte am Tag danach seine Bereitschaft für Einigungsgespräche bekundet, um eine langwierige Prozesslawine zu vermeiden.

Kurz darauf aber gab sich Klein aber wieder ganz als Hardliner und drängte nun darauf, dass der Fall direkt vor das oberste US-Gericht kommt. Unter anderem im Interesse der verunsicherten IT-Branche sei ein schnelles abschliessendes Urteil nötig.


Microsoft hingegen will zuerst vor dem Washingtoner Appellationsgericht weiterverhandeln, denn hier hat die Firma schon im Browser-Monopolfall von 1988 Recht bekommen, und schon damals war Microsoft in erster Instanz von Jackson verurteilt worden.

Genau das will die US-Regierung jetzt verhindern und stützt sich dabei auf den "Expediting Act", der ein Überspringen des Berufungsgerichtes in wesentlichen Antitrustprozessen erlaubt, falls der Verfahrensrichter zustimmt. Microsoft wolle durch den Gang nach Washington das Verfahren lediglich hinauszögern, wie die Anklage in einem 17seitigen Papier meint.

Microsoft hat schon bei der Urteilsverkündung damit gerechnet, dass die Regierung eine Stufe überspringen will. Man sei aber zuversichtlich, dass dies abgelehnt werde.

Sobald Microsoft die Berufung offiziell einreicht, kann Richter Jackson die Beschleunigungsforderung der Regierung beurteilen. Die Berufung hätte automatisch aufschiebende Wirkung für die Microsoft auferlegten Massnahmen, die 90 Tage nach dem Ersturteil in Kraft treten. Die seitenlangen Argumente der Regierung sollen nun aber offensichtlich erst einmal wieder zu wochenlagen Verhandlungen führen, während die Uhr gegen Microsoft tickt.

Experten äusserten bereits Unverständnis über diese Manöver und warnten, dass Microsoft durch solche Verzögerungen unfair gestraft werde.

Sollte Microsoft direkt vors Bundesgericht müssen, könnte der Fall vom Supreme Court in einem Jahr abgeschlossen werden. Andernfalls dürfte es zwei oder mehr Jahre bis zu einem endgültigen Urteil dauern.

Der Konzern fühlt sich jedenfalls immer noch unschuldig. Bill Gates meinte gegenüber dem amerikanischen TV-Sender CBS, Richter Jackson sei voreingenommen. Er habe sich seine Meinung schon vor dem Prozess gebildet. Gates ist weiterhin optimistisch, den Fall vor dem Berufungsgericht zu gewinnen. (mvb/hc)


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