Die A-Brands legen zu. Gemäss
Microsoft konnten sie 99 ihren Marktanteil in Europa um zwei bis drei Prozent steigern, dieses Jahr soll sich der Marktanteil der grossen PC-Hersteller um weitere drei Prozent auf 60 Prozent erhöhen. Beim diesjährigen «Integrator Forum» trafen sich in Monte Carlo 185 europäische Assemblierer und 69 Hersteller und Distributoren. Der Newsletter IT Europa fasst die interessantesten Debatten zusammen. Sorgen haben die PC-Bauer in Europa zur Genüge.
Komponenten-Troubles
Intel hinkt mit den Lieferungen von CPU’s hinterher und bevorzugt die A-Brands sowie Direct Accounts und Langzeitkunden. Die andern lässt man zappeln.
Intel behauptet zwar, bis Ende Juni mit den Lieferungen aufzuholen, aber viele Assemblierer sind skeptisch und tippen eher auf September oder sogar Weihnachten. Auch andere Komponenten sind knapp. Massimo Di Liddo von Elettrodata, Mailand: «Sogar taiwanesische Mäuse haben eine Lieferfrist von sechs Wochen. Und die billigsten Komponenten sind immer am wenigsten erhältlich.» In dieser Situation lohnt es sich für die bevorzugt belieferten
HP,
IBM, Compaq und Co., überschüssige Komponenten auf dem Graumarkt weiterzuverkaufen, wo sie 10% oder mehr Gewinn machen können. Niemand weiss genau, wie gross dieses Geschäft ist, aber eine Schätzung beläuft sich auf 20 bis 30% ihrer gesamten Einkäufe.
Grund zur Kritik an Intel liefert auch die unübersichtliche Produktepolitik. Ältere Produkte werden nicht mehr wie früher vom Markt genommen. Heute hat man statt vier oder fünf CPUs 25 bis 30 unterschiedliche Kombinationen von CPU und Gehäuse. Man braucht nicht nur die richtige CPU, sondern auch den richtigen Slot dazu, das richtige Motherboard usw. Umso ärgerlicher, wenn man dann nicht nur zu wenig, sondern auch noch die falschen CPUs geliefert bekommt.
Der starke Dollar
Schwierigkeiten für kleinere Unternehmen machen auch die grossen Preisveränderungen im DRAM-Markt. Aber der wirkliche Knackpunkt ist der starke Dollar, unter dem die Margen und auch die Nachfrage leiden. Gunter Kalina von CTT, Deutschland: «Die Leute warten darauf, dass sich der Wechselkurs ändert, darum ersetzen sie im Moment nur die defekten Geräte.» Auch in England, das relativ lange kaum betroffen war, ist das Pfund kürzlich gefallen, und hat die Bruttomargen gleich um 8% gedrückt, wie einige Assemblierer sagen.
Fokussier oder stirb!
Wie versuchen nun die Assemblierer in ganz Europa diesen widrigen Umständen zu begegnen? Wie beim ITR-Roundtable (Assemblierer-Spezial, ITR 8/2000) fällt auch in Monte Carlo das Stichwort Fokussierung. Durch Flexibilität können die kleineren Unternehmen die Bedürfnisse ihrer Firmenkunden besser abdecken und so die A-Brands ausmanövrieren. Rafi Razzak von Centreprise, England, sagt, man habe einen 1,5 Mio.-Pfund-Server-Auftrag gegen
Dell und
HP gewonnen, ohne deren Preise unterbieten zu müssen, allein aufgrund der besseren Dienstleistungen. Aber es gibt auch gegenteilige Stimmen. Gerard Darmon von Carri, Frankreich: «Jahrelang haben wir uns dadurch abgehoben, dass wir Dienstleistungen wie Installation gratis anboten. Aber bei den heutigen Margen können wir diese Praxis nicht fortsetzen. Stattdessen versuchen wir, eine Reputation für unsere hervorragende Technik zu gewinnen.»
Andere versuchen, ihr Business-Modell zu ändern. Dabei werden ganz verschiedene Neuausrichtungen in Betracht gezogen. ASP (DGC, Schweden), Aufbau von Datenzentren, Direktvertrieb über das Web (DABS Direct, GB), oder Verknüpfung von PC-Verkauf und Internet-Anschluss (Vestel, Türkei) lauten die Stichworte.
Wo liegt die kritische Grösse?
Die grössten Probleme scheinen mittelgrosse Firmen zu haben. Die Kleinen, die weniger als 5000 PCs pro Jahr zusammenbauen, sind oft in einer komfortablen Position mit einer starken regionalen Kundenbasis. Ab 20’000 produzierten Einheiten beginnt man von besseren Herstellerpreisen zu profitieren. Wer dazwischen liegt muss entweder wachsen oder sich überlegen, ob man weiterhin selber assemblieren will. Aber die meisten der in Monte Carlo vertretenen Assemblierer äusserten Kritik an Kontrakt-Assemblierern. Die Qualität der Produkte und die Zuverlässigkeit der Lieferung liessen zu wünschen übrig. So kann die Reputation der eigenen Marke ganz schnell zerstört werden.
Rat von Oben
Der Euopa-Boss von
Intel erzählte den versammelten Assemblierern, sie sollten sich in «E-Solutions Companies» verwandeln, etwa so, als ob man einem Fernseh-Hersteller rät, er solle von nun an ein TV-Programm machen. Danach musste er ganz schnell weg, um sein Flugzeug zu erwischen.
Sehr viel vorsichtiger war
Microsoft. Thomas Bauer warnte davor, sich Hals über Kopf ins Internet zu stürzen: «Es wird Fehlschläge unter den E-Commerce Firmen geben. Es gibt viele andere Optionen.» Welches diese Optionen genau sind, wollte Bauer seinen Kunden auch nicht verraten. (hjm)
Tabelle: siehe Heft.