Simultan-Gruppe spaltet sich auf

VAR-Konsolidierung rückwärts? Der seit Mitte 99 rasch zusammengebaute IT-Konzern unter dem Simultan-Dach wird wieder aufgebrochen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2001/02

     

In rascher Folge wurde ab Mitte 1999 ein grosser Schweizer Informatik-Generalunternehmer zusammengebaut. Im September 99 schlossen sich WKP (Wickert, Kleeb & Partner) und Simultan zur neuen Simultan Group zusammen.
Die früher übernommenen Axeed, Locion und ETB wurden in die Simultan-Gruppe integriert. Im Januar 2000 folgte Pebe Datentechnik, im Februar schloss sich Simultan P&I (Portfolio und Investment Engineering) mit Softronic zusammen. Man rechnete sich damals eine Marktlücke im Segment der mittelgrossen Unternehmen aus, die durch den Rückzug von NCR und Siemens-Nixdorf entstanden sei. Der neuentstandene IT-Konzern wollte sich als Generalunternehmer profilieren und vom «Reseller» zum Lösungsanbieter werden.

Aus eins mach drei: 1. Redit

Nun wird der Konzern in drei Teile aufgeteilt. Den Löwenanteil wird die zukünftige «RedIT» mit 320 Mitarbeitenden ausmachen. RedIT wird sich als Systemintegrator für IT-Infrastruktur und -Services in horizontalen Märkten und mit Branchenlösungen in vertikalen Märkten bewegen. Andreas Kleeb, der die Gesamtleitung von Redit übernehmen wird, will seine Firma als Systemintegrator weiterhin auf Cluster-Lösungen, ASP und Storage fokussieren. Kleeb: «Wir glauben an die eingeschlagene Strategie.»
Zu den Branchenlösungen gehören die Produkte der ehemaligen Pebe (Lösungen für Heime, Treuhand und Steuern), Logicon (Logiware – Grosshandel) und EBS (Finanz). Redit wird sich auf mittlere und grössere Firmen als Kunden konzentrieren. Mit den über 300 Mitarbeitenden werden etwa 120 Mio. Franken umgesetzt.

2. Simultan

Unter dem Namen Simultan wird die «alte» Simultan-Altishofen mit ihrer gut etablierten Lösung SBS segeln. Unter der Leitung von Peter Pfister wird sich Simultan auf die Weiterentwicklung von SBS im Markt für kleinere und mittlere Unternehmen konzentrieren. Das Angebotsportfeuille soll gezielt um Lösungen für E-Business im SBS-Umfeld ausgebaut werden.
Die «neu-alte» Simultan will das Geschäft mit Lösungs- und Wiederverkaufspartnern verstärken. Peter Pfister denkt da vermehrt auch an Branchenlösungen, die Simultan in ihre eigene Lösung miteinbauen und vermarkten will. Christophe Hubmann wird Simultan auf Ende Februar verlassen. Das Tagesgeschäft wird Roland Renggli leiten, Peter Pfister will sich um Strategie und den Aufbau des Partnergeschäfts kümmern.

3. Allocare

Unter der Leitung von Rainer-Jörg Riepl, dem ehemaligen Leiter von Simultan P&I, entsteht ein auf Asset-Management spezialisiertes Softwareunternehmen. Allocare beschäftigt heute ca. 70 Personen in Altishofen und Neuheim, wo sich der Sitz der ehemaligen Softronic befindet.

«Kein Streit – zuwenig Synergien»

Ein – wenn auch nie öffentlich eingestandenes – Fernziel der Zusammenschlüsse war wohl der Gedanke, die kritische Masse für einen IPO zu gewinnen. Diese Pläne haben sich mit dem Untergang von Complet-e und Miracle wohl für längere Zeit zerschlagen. Ausserdem zeigte sich, dass die Synergien zwischen den verschiedenen Firmenteilen viel kleiner als erwartet ausfielen, so Peter Pfister.
Unterschätzt hat man beim Zusammenschluss, dass die verschiedenen unter dem Holding-Dach zusammengefassten Firmen sowohl teils unterschiedlichen Märkte (Vertikal/Horizontal, KMU/Finanz) angehen, wie auch unterschiedliche Geschäftsmodelle haben. So ist die «alte-neue» Simultan mit SBS klar auf Partner und indirekte Verkäufe angewiesen, während ein Systemintegrator wie RedIT ein indirektes Modell nicht kennt. Ausserdem peilen die nun bei Redit angesiedelten Lösungen vertikale Märkte an.
Übereinstimmend sagen sowohl Pfister wie Kleeb, dass es in der alten Simultan-Gruppe zwar Auseinandersetzungen, aber keinen «Streit» gegeben hat. Pfister: «Wir waren zwar nicht immer gleicher Meinung, aber die Differenzen waren nicht grösser als in anderen Firmen auch. Wir kommen privat weiterhin gut aus.» Und Andreas Kleeb meint: «Wir sind nicht zerstritten. Klar hatten wir Auseinandersetzungen, aber der jetzige Schritt war nur möglich, weil wir am gleichen Strick gezogen haben. Simultan und Redit werden weiterhin zusammenarbeiten.»

Schaden gering

Es stellt sich die Frage, wieviel die Ver- und Entflechtungsübung gekostet hat. Mit Kosten sind dabei nicht nur Frankenbeträge für die Reorganisation sondern auch Abgänge bei den Mitarbeitenden, Kundenvertrauen und Managementkapazitäten gemeint. In diesem Punkt scheinen die beteiligten Firmen mit einem blauen Auge davon gekommen zu sein. Denn die einzelnen Firmen sind zwar in die Simultan-Holding eingebracht worden, wurden aber führungsmässig nicht verschmolzen. Peter Pfister: «Weil wir die Führungsstrukturen nicht zusammengelegt haben, können wir jetzt einfach wieder auseinander gehen.»
Zurück bleibt die Frage, ob IT-Mischkonzerne, die sich an verschiedenste Märkte über verschiedenste Kanäle richten, eine Zukunft haben. Geht der Trend nun in Richtung De-Konsolidierung? Man wird sich diese Frage wohl auch in Sursee stellen. (hc)


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